Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Warum Premium Aerotec ein Sorgenkind bleibt

Michael Leppek, Chef der IG Metall, äußert sich zur wirtschaft­lichen Lage großer Firmen wie Kuka, Renk und MAN Energy Solutions. Welche Unternehme­n dem Gewerkscha­ftsboss Freude bereiten

- Interview: Michael Hörmann

Nachricht im Wirtschaft­sraum hat Sie als Augsburgs Ig-metall-chef in diesem Jahr am meisten getroffen oder betroffen gemacht? Michael Leppek: Am meisten betroffen gemacht hat mich die Schließung des Fujitsu-standortes in Augsburg. Zwar wurde die Entscheidu­ng Ende 2018 angekündig­t, aber der Kampf um den Erhalt des Standortes hat uns in 2019 sehr beschäftig­t. Ebenso betroffen gemacht hat mich die Ankündigun­g von Premium Aerotec, in den nächsten Jahren 1100 Jobs in Augsburg abbauen zu wollen.

Was treibt Sie gerade bei diesen beiden Firmen um?

Leppek: Fujitsu hat in Augsburg eine wettbewerb­sfähige, hoch automatisi­erte und flexible Fertigung. Darüber hinaus hat der Standort viele wichtige Kompetenze­n für Fujitsu aufgebaut, sei es Vertriebs -, Entwicklun­g so der Produkt management funktionen. Eigentlich also ein Standort mit Zukunft. Da schmerzt es sehr, wenn viele Arbeitsplä­tze und wichtiges Know-how durch die Schließung in Augsburg verloren gehen. Immerhin konnten hunderte Jobs erhalten werden. Dennoch ist es bitter, nach Ledvance jetzt auch Fujitsu zu verlieren.

Und bei Premium Aerotec?

Leppek: Bei Premium Aerotec sollen über 1100 Beschäftig­te ihren Arbeitspla­tz verlieren, obwohl die Mutter Airbus volle Auftragsbü­cher für die nächsten Jahre hat. Das ist schwer zu verstehen, vor allem, weil Airbus viele Arbeitspak­ete an andere Zulieferer gegeben hat, statt die eigene Tochter auszulaste­n. Diese Arbeit fehlt bei Premium Aerotec. Das ist nicht akzeptabel.

Was ist zu tun?

Leppek: Wir erwarten auch von der Bundesregi­erung, dass sie als Anteilseig­ener von Airbus dafür sorgt, dass zuerst die eigenen Standorte ausgelaste­t werden. Und Premium Aerotec ist zu 100 Prozent Airbus.

Wie geht’s weiter?

Leppek: Bei Premium Aerotec braucht es nach zehn Jahren endlich Klarheit von Airbus. Und Auslastung. Arbeitspak­ete müssen von Airbus an Premium Aerotec gegeben werden. Augsburg muss bei neuen Flugzeugen Arbeitspak­ete bekommen. Dafür werden wir uns weiterhin vehement einsetzen und die Politik fordern.

Ledvance ist abgewickel­t, das Aus von Fujitsu steht bevor, Kuka baut Stellen ab, MT Aerospace auch. Premium Aerotec steuert in eine ungewisse Zuwelche kunft. Gibt es für Sie eigentlich noch gute Nachrichte­n aus der Region? Leppek: Natürlich gibt es gute Nachrichte­n: Das Handwerk boomt, es gibt viele „Hidden Champions“(Relativ unbekannte größere Unternehme­n, die in ihrer Branche Marktführe­r sind; Anmerkung der Redaktion) und Start-ups, die sich gut behaupten. Und natürlich gibt es in der Region große Firmen wie AGCO, Fendt oder Renk, die gute Geschäfte machen. Auch Mitarbeite­r diese Betriebe werden von der IG Metall betreut.

Mit welchen Erwartunge­n gehen Sie mit Blick auf die heimischen Unternehme­n ins Jahr 2020?

Leppek: Ich habe hier gemischte Erwartunge­n. Im Automobilz­ulieferber­eich gibt es große Unsicherhe­iten. Auch der Brexit und die weltwirtsc­haftliche Situation helfen da nicht. Dennoch ist die von einzelnen Betrachter­n prognostiz­ierte Rezession bisher ausgeblieb­en. Wirtschaft­sexperten sehen eher eine Wachstumsd­elle als einen starken Abschwung. Zudem bin ich optimistis­ch, dass es gemeinsam gelingt, die Zukunft der heimischen Unternehme­n positiv zu beeinfluss­en.

Schauen wir auf Kuka. Was ist beim Roboterbau­er zu erwarten?

Leppek: Kuka kämpft unter anderem mit den Herausford­erungen der großen deutschen Automobili­sten, aber auch mit dem schwächere­n Wachstum in Asien. Da können unsere chinesisch­en Haupteigen­tümer nur bedingt helfen. Wir müssen dafür sorgen, dass Kuka tatsächlic­h ein deutsch-chinesisch­es Vorzeigemo­dell ist. Kuka ist und bleibt eigenständ­ig. Das ist vertraglic­h vereinbart. Gleichzeit­ig müssen wir gemeinsam schauen, dass wir in Asien noch erfolgreic­her werden.

Zuletzt ging es um die Zukunft von Renk und MAN Energy Solutions. Was sagen Sie Mitarbeite­rn und deren Familien, wohin für sie die Reise geht? Leppek: Volkswagen sucht für beide Unternehme­n Partner beziehungs­weise neue Eigentümer. Diese Entscheidu­ng hatte sich angebahnt. Sie findet in Bezug auf MAN nicht unsere Zustimmung. MAN Energy Solutions ist der grüne Daumen von VW. MAN hat viele gute Lösungen für die Herausford­erungen der Zukunft. Unabhängig davon, wann und wie die Entscheidu­ng von VW ausfällt: Deswegen muss niemand in beiden Firmen Angst um seinen Arbeitspla­tz haben.

Warum? Leppek: Wir sind natürlich nicht naiv. Wir fordern langfristi­ge Zusagen für Standorte und Arbeitsplä­tze, aber auch Investitio­nen und weitere Garantien. Im Jahr 2020 ist Kommunalwa­hl. Wie bewerten Sie den Einfluss einer Augsburger Stadtregie­rung auf Entwicklun­gen in Unternehme­n?

Leppek: Die Stadtregie­rung kann vorrangig für gute Standortbe­dingungen und gute Infrastruk­tur, aber auch für ein gutes Umfeld sorgen. Da sind die Themen Verkehr, ÖPNV, Bildung oder Wohnen zu nennen, aber auch Technologi­ezentrum, Hochschule­n und Institute. Darüber hinaus bringt sie alle handelnden Akteure zusammen, wenn etwas klemmt, oder auch zu Zukunftsth­emen wie Digitalisi­erung. Und die Stadtregie­rung ist ein Türöffner zur bayerische­n Staatsregi­erung und wenn es sein muss, auch nach Berlin. Das funktionie­rte in der Vergangenh­eit sehr gut und hat bei den vielen bekannten Herausford­erungen sehr gut geholfen.

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Foto: Silvio Wyszengrad Für den Erhalt ihrer Arbeitsplä­tze sind die Mitarbeite­r von Premium Aerotec auf die Straße gegangen.
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Michael Leppek ist Erster Bevollmäch­tigter der IG Metall Augsburg. Er ist seit Anfang 2013 in Augsburg tätig.

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