Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Tierwohl und Tierqual
Die Debatte um mehr Wertschätzung für Lebensmittel und mehr Tierwohl quält sich nun schon seit einem Jahrzehnt im Kreis. Mal sollen die Verbraucher schuld sein, mal die Landwirte, mal der Handel, mal die Politik, mal die Lobbyisten, dass sich an der Realität des Konsumverhaltens, der Billigkultur und von Tierskandalen kaum etwas ändert. Tatsächlich sind die gegenseitigen Schuldzuweisungen bei allen Beteiligten bequeme Ausreden, einfach weiterzumachen wie bisher und zugleich Missstände auf der anderen Seite zu beklagen.
Kommendes Jahr soll das lang angekündigte staatliche Tierwohlsiegel auf den Markt kommen. Doch schon das freiwillige Haltungsform-label des Handels legt das Dilemma offen: In den großen Supermarktketten, über die das meiste Fleisch in Deutschland verkauft wird, hat sich das Angebot kaum verändert. Verbraucher haben meist nur die Wahl zwischen Einfachund Biostandard. Ein „Tierwohl“-angebot in der Mitte ist eine seltene Ausnahme. Zugleich gibt es bundesweit immer weniger Metzgereien als Alternativen.
Der entscheidende Schlüssel liegt deshalb bei den Handelsketten: Nutzen sie ihre Machtstellung weiter nicht, um gemeinsam das Angebot zu verbessern, muss die Politik endlich mit Gesetzen handeln.