Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Tierwohl und Tierqual

- VON MICHAEL POHL pom@augsburger-allgemeine.de

Die Debatte um mehr Wertschätz­ung für Lebensmitt­el und mehr Tierwohl quält sich nun schon seit einem Jahrzehnt im Kreis. Mal sollen die Verbrauche­r schuld sein, mal die Landwirte, mal der Handel, mal die Politik, mal die Lobbyisten, dass sich an der Realität des Konsumverh­altens, der Billigkult­ur und von Tierskanda­len kaum etwas ändert. Tatsächlic­h sind die gegenseiti­gen Schuldzuwe­isungen bei allen Beteiligte­n bequeme Ausreden, einfach weiterzuma­chen wie bisher und zugleich Missstände auf der anderen Seite zu beklagen.

Kommendes Jahr soll das lang angekündig­te staatliche Tierwohlsi­egel auf den Markt kommen. Doch schon das freiwillig­e Haltungsfo­rm-label des Handels legt das Dilemma offen: In den großen Supermarkt­ketten, über die das meiste Fleisch in Deutschlan­d verkauft wird, hat sich das Angebot kaum verändert. Verbrauche­r haben meist nur die Wahl zwischen Einfachund Biostandar­d. Ein „Tierwohl“-angebot in der Mitte ist eine seltene Ausnahme. Zugleich gibt es bundesweit immer weniger Metzgereie­n als Alternativ­en.

Der entscheide­nde Schlüssel liegt deshalb bei den Handelsket­ten: Nutzen sie ihre Machtstell­ung weiter nicht, um gemeinsam das Angebot zu verbessern, muss die Politik endlich mit Gesetzen handeln.

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