Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Bundestag soll kleiner werden
Idee der Union empört die Opposition
Berlin Im Streit um eine Reform des Wahlrechts für einen kleineren Bundestag werben Unionspolitiker erneut für einen Vorschlag, den andere Fraktionen schon im April als unfair abgelehnt hatten. Demnach würden in den 299 Wahlkreisen weiterhin per Erststimme Abgeordnete direkt ins Parlament gewählt. Weitere 299 Abgeordnete würden über die Zweitstimme nach Verhältniswahlrecht ermittelt. Erst- und Zweitstimme würden damit gleich gewichtet, und die vorgesehene Größe des Bundestags von 598 Abgeordneten werde erreicht. Gerade kleinere Parteien fühlen sich davon allerdings benachteiligt.
Derzeit bestimmt grundsätzlich die Zweitstimme die Zusammensetzung des Bundestags. Wer in einem der 299 Wahlkreise direkt gewählt wird, hat einen Sitz aber auf jeden Fall sicher. Das führt zu vielen sogenannten Überhang- und Ausgleichsmandaten. Sie sollen sicherstellen, dass die Sitzverteilung im Parlament widerspiegelt, welchen Anteil der Zweitstimmen die Parteien bekommen haben. Der Bundestag ist dadurch auf die Rekordgröße von 709 Abgeordneten angewachsen. CDU und CSU holen besonders viele Direktmandate – 2017 hatten sie in den 299 Wahlkreisen 231 Direktmandate gewonnen. Sie würden deshalb von dem Vorschlag der Unionsabgeordneten klar profitieren. Dementsprechend hart fiel die Kritik der Opposition aus. Fdp-fraktionschef Christian Lindner sagte der Bild: „Die Union will die Reform des Wahlrechts nutzen, um sich einseitig Vorteile zu verschaffen.“Verärgert zeigte sich auch die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen, Britta Haßelmann. „Erst blockiert die Union monatelang jeden Vorschlag zur Wahlrechtsreform, und dann wird ein alter Hut als neuer Vorschlag präsentiert“, sagte sie. Wahlen gewinne man durch Vertrauen und nicht dadurch, dass man sich ein neues Wahlrecht zum eigenen Vorteil zimmere.
FDP, Linke und Grüne hatten im November gemeinsam einen eigenen Vorschlag vorgelegt. Sie wollen unter anderem die Zahl der Wahlkreise von 299 auf 250 reduzieren. Gleichzeitig wollen sie die Normzahl der Parlamentssitze von 598 auf 630 erhöhen. Das soll die Wahrscheinlichkeit von Überhangmandaten reduzieren. Union und SPD hatten sich aber dagegen ausgesprochen.