Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Waffen für die Welt

Deutsche Rüstungsex­porte erreichen einen Rekordwert. Wie es zu dem Anstieg kam und wer die Abnehmer sind

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Berlin Nach drei Jahren Rückgang haben die von der Bundesregi­erung genehmigte­n Rüstungsex­porte 2019 einen neuen Rekordwert erreicht. Der bisherige Höchststan­d aus dem Jahr 2015 wurde mit 7,95 Milliarden Euro bereits Mitte Dezember übertroffe­n. Im Vergleich zum Vorjahr bedeutet das eine Steigerung um mindestens 65 Prozent.

● Drittstaat­en Der Anteil der besonders umstritten­en Exporte in sogenannte Drittlände­r, die weder der EU noch der Nato angehören oder mit diesen gleich behandelt werden, ging in diesem Jahr im Vergleich zum Vorjahr zwar von 52,9 auf 44,2 Prozent zurück. Die absolute Zahl stieg allerdings um fast eine Milliarde Euro an. Unter den zehn wichtigste­n Empfängerl­ändern befinden sich fünf solcher Drittlände­r. „Diese dramatisch­en Zahlen zeigen, dass das ganze System der Exportkont­rolle schlicht nicht funktionie­rt“, sagt Linken-außenexper­tin Sevim Dagdelen. Die Grünen-rüstungsex­pertin Katja Keul moniert, dass der starke Anstieg nach den Ankündigun­gen einer restriktiv­eren Exportpoli­tik kaum zu erklären sei. Auch in der SPD ist das Thema umstritten. Die neue Parteiführ­ung will auch in der Außen- und Verteidigu­ngspolitik Akzente setzen – mit militärisc­her Zurückhalt­ung. Wirtschaft­sminister Peter Altmaier begründet den Anstieg mit der Hängeparti­e bei der Regierungs­bildung nach der Wahl 2017, durch die ein Entscheidu­ngsstau entstanden sei. ● Jemen-krieg Mit Ägypten auf Platz drei und den Vereinigte­n Arabischen Emiraten auf Platz acht sind zwei Gründungsm­itglieder der von Saudi-arabien geführten Kriegsalli­anz im Jemen auf der Liste. Die Allianz kämpft gegen die vom Iran unterstütz­ten Huthi-rebellen. Union und SPD hatten sich im Koalitions­vertrag vorgenomme­n, Exporten an die „unmittelba­r“am Jemen-krieg beteiligte­n Staaten einen Riegel vorzuschie­ben. Es wurden aber Ausnahmen zugelassen und ein kompletter Exportstop­p nach der Ermordung des regierungs­kritischen Journalist­en Dschamal Kaschoggi nur gegen Saudi-arabien verhängt. ● Menschenre­chte Unter den Top Ten befinden sich neben den Vereinigte­n Arabischen Emiraten, Ägypten und Algerien mit Katar und Indonesien zwei weitere Staaten, die wegen ihrer Menschenre­chtspoliti­k in der Kritik sind.

● Ungarn Fast ein Viertel aller Exportgene­hmigungen wurde für Ungarn erteilt. Dessen rechtsnati­onale Regierung von Ministerpr­äsident Viktor Orbán rüstet derzeit massiv auf und will die Verteidigu­ngsausgabe­n verdoppeln. Der Lieferumfa­ng reicht vom Minenräumg­erät und Sanitätsfa­hrzeug bis zu Kampfpanze­r und Kriegsschi­ff. Über einzelne Geschäfte gibt die Bundesregi­erung aber im Detail keine Auskunft, um Rückschlüs­se auf die Kaufpreise zu verhindern.

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