Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Kö-attacke: Alle müssen wieder in Haft
Erst am Montag hatte das Augsburger Landgericht sechs Beschuldigte freigelassen, nur der mutmaßliche Haupttäter blieb eingesperrt. Nun wurden offenbar alle erneut verhaftet
Augsburg Im Fall der tödlichen Attacke auf einen 49-jährigen Mann am Augsburger Königsplatz müssen nach Informationen unserer Redaktion alle Beschuldigten wieder in die Untersuchungshaft. Das Oberlandesgericht hat offenbar entschieden, dass die erst vor wenigen Tagen aufgehobenen Haftbefehle gegen sechs Tatverdächtige wieder zu vollstrecken sind. Die sechs Jugendlichen und jungen Männer waren am Montag auf Anordnung des Augsburger Landgerichts freigekommen. Die Jugendkammer hatte die Ansicht vertreten, dass die U-haft nicht angemessen sei, weil man den sechs Beschuldigten keine Beihilfe zum Totschlag vorwerfen könne – die Kammer sah die Sache damit ganz anders als die Staatsanwaltschaft. Über Weihnachten war deshalb nur der 17-jährige mutmaßliche Haupttäter im Gefängnis geblieben.
Wie das Oberlandesgericht (OLG) seine Entscheidung begründet, ist bislang unklar. Einiges spricht zwar dafür, dass die Staatsanwaltschaft Beschwerde gegen die Entscheidung der Augsburger Richter eingereicht hat – und das OLG dieser Beschwerde nun stattgegeben hat. Unsere Redaktion konnte dazu aber am Abend vom Gericht keine Stellungnahme mehr erhalten. Auch mehrere Anwälte, welche die sechs betroffenen Beschuldigten vertreten, hatten dazu zunächst keine Informationen. Sie bestätigten aber die erneuten Verhaftungen gegenüber unserer Redaktion. Anwalt Werner Ruisinger sagte, er sei angesichts der Entscheidung „sehr überrascht“und werde jetzt die Begründung abwarten. Klaus Rödl sagte, er könne die erneuten Verhaftungen „nicht nachvollziehen“. Er sei überzeugt, dass die Jugendkammer des Landgerichts rechtlich korrekt entschieden habe, als sie die Haftbefehle aufgehoben habe. Anwalt Felix Dimpfl sagte, er werde jetzt erst die Begründung des Oberlandesgerichts abwarten und dann prüfen, ob eine Verfassungsbeschwerde Aussicht auf Erfolg hat. Mehrere Verteidiger berichteten, die Polizei habe ihre Mandanten am Freitagabend aufgesucht und in den Arrest gebracht. Andere, wie etwa ein von Anwalt Helmut Linck vertretener 18-Jähriger, stellten sich mit ihren Verteidiger umgehend selbst.
Die Augsburger Staatsanwaltschaft vertritt die Ansicht, dass sich der 17-jährige mutmaßliche Haupttäter des Totschlags schuldig gemacht hat, als er den 49-jährigen
Mann am Nikolausabend mit der Faust geschlagen und getötet haben soll. Den sechs anderen aus der Gruppe, die mit dem 17-Jährigen gemeinsam unterwegs waren, wurde von der Staatsanwaltschaft Beihilfe zum Totschlag vorgeworfen. Außerdem wurde ihnen auch gefährliche Körperverletzung vorgeworfen, weil sie einen Freund des 49-Jährigen mit Schlägen und Tritten angegriffen und verletzt haben sollen – der Mann erlitt unter anderem einen Jochbeinbruch und eine Platzwunde am Kopf und musste im Krankenhaus operiert werden. Eine Ermittlungsrichterin hatte kurz nach der Tat für alle sieben aus der Gruppe die U-haft angeordnet.
Die Jugendkammer des Landgerichts hatte die Haftbefehle gegen sechs Beschuldigte dann aber kurz vor Weihnachten aufgehoben. Die Richter der Jugendkammer hatten argumentiert, sie könnten bei keinem der sechs Beschuldigten eine Beihilfe zu dem tödlichen Schlag erkennen. Sie hatten kein „Umzingeln“des Opfers erkannt. Die Richter waren auch davon ausgegangen, dass von den sechs Freigelassenen nur zwei in die Attacke auf den Freund des 49-Jährigen verwickelt gewesen seien. Wegen dieser Körperverletzung war nach Ansicht der Richter aber bei diesen Beschuldigten keine Haft erforderlich – sie sahen keine Flucht- oder Verdunkelungsgefahr. Das OLG kommt aber derzeit offensichtlich zu einem anderen Ergebnis.