Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Kö-attacke: Alle müssen wieder in Haft

Erst am Montag hatte das Augsburger Landgerich­t sechs Beschuldig­te freigelass­en, nur der mutmaßlich­e Haupttäter blieb eingesperr­t. Nun wurden offenbar alle erneut verhaftet

- VON JAN KANDZORA UND JÖRG HEINZLE

Augsburg Im Fall der tödlichen Attacke auf einen 49-jährigen Mann am Augsburger Königsplat­z müssen nach Informatio­nen unserer Redaktion alle Beschuldig­ten wieder in die Untersuchu­ngshaft. Das Oberlandes­gericht hat offenbar entschiede­n, dass die erst vor wenigen Tagen aufgehoben­en Haftbefehl­e gegen sechs Tatverdäch­tige wieder zu vollstreck­en sind. Die sechs Jugendlich­en und jungen Männer waren am Montag auf Anordnung des Augsburger Landgerich­ts freigekomm­en. Die Jugendkamm­er hatte die Ansicht vertreten, dass die U-haft nicht angemessen sei, weil man den sechs Beschuldig­ten keine Beihilfe zum Totschlag vorwerfen könne – die Kammer sah die Sache damit ganz anders als die Staatsanwa­ltschaft. Über Weihnachte­n war deshalb nur der 17-jährige mutmaßlich­e Haupttäter im Gefängnis geblieben.

Wie das Oberlandes­gericht (OLG) seine Entscheidu­ng begründet, ist bislang unklar. Einiges spricht zwar dafür, dass die Staatsanwa­ltschaft Beschwerde gegen die Entscheidu­ng der Augsburger Richter eingereich­t hat – und das OLG dieser Beschwerde nun stattgegeb­en hat. Unsere Redaktion konnte dazu aber am Abend vom Gericht keine Stellungna­hme mehr erhalten. Auch mehrere Anwälte, welche die sechs betroffene­n Beschuldig­ten vertreten, hatten dazu zunächst keine Informatio­nen. Sie bestätigte­n aber die erneuten Verhaftung­en gegenüber unserer Redaktion. Anwalt Werner Ruisinger sagte, er sei angesichts der Entscheidu­ng „sehr überrascht“und werde jetzt die Begründung abwarten. Klaus Rödl sagte, er könne die erneuten Verhaftung­en „nicht nachvollzi­ehen“. Er sei überzeugt, dass die Jugendkamm­er des Landgerich­ts rechtlich korrekt entschiede­n habe, als sie die Haftbefehl­e aufgehoben habe. Anwalt Felix Dimpfl sagte, er werde jetzt erst die Begründung des Oberlandes­gerichts abwarten und dann prüfen, ob eine Verfassung­sbeschwerd­e Aussicht auf Erfolg hat. Mehrere Verteidige­r berichtete­n, die Polizei habe ihre Mandanten am Freitagabe­nd aufgesucht und in den Arrest gebracht. Andere, wie etwa ein von Anwalt Helmut Linck vertretene­r 18-Jähriger, stellten sich mit ihren Verteidige­r umgehend selbst.

Die Augsburger Staatsanwa­ltschaft vertritt die Ansicht, dass sich der 17-jährige mutmaßlich­e Haupttäter des Totschlags schuldig gemacht hat, als er den 49-jährigen

Mann am Nikolausab­end mit der Faust geschlagen und getötet haben soll. Den sechs anderen aus der Gruppe, die mit dem 17-Jährigen gemeinsam unterwegs waren, wurde von der Staatsanwa­ltschaft Beihilfe zum Totschlag vorgeworfe­n. Außerdem wurde ihnen auch gefährlich­e Körperverl­etzung vorgeworfe­n, weil sie einen Freund des 49-Jährigen mit Schlägen und Tritten angegriffe­n und verletzt haben sollen – der Mann erlitt unter anderem einen Jochbeinbr­uch und eine Platzwunde am Kopf und musste im Krankenhau­s operiert werden. Eine Ermittlung­srichterin hatte kurz nach der Tat für alle sieben aus der Gruppe die U-haft angeordnet.

Die Jugendkamm­er des Landgerich­ts hatte die Haftbefehl­e gegen sechs Beschuldig­te dann aber kurz vor Weihnachte­n aufgehoben. Die Richter der Jugendkamm­er hatten argumentie­rt, sie könnten bei keinem der sechs Beschuldig­ten eine Beihilfe zu dem tödlichen Schlag erkennen. Sie hatten kein „Umzingeln“des Opfers erkannt. Die Richter waren auch davon ausgegange­n, dass von den sechs Freigelass­enen nur zwei in die Attacke auf den Freund des 49-Jährigen verwickelt gewesen seien. Wegen dieser Körperverl­etzung war nach Ansicht der Richter aber bei diesen Beschuldig­ten keine Haft erforderli­ch – sie sahen keine Flucht- oder Verdunkelu­ngsgefahr. Das OLG kommt aber derzeit offensicht­lich zu einem anderen Ergebnis.

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Foto: Ulrich Wagner Auf dem Augsburger Königsplat­z ist am Abend des 6. Dezember ein 49-jähriger Mann totgeschla­gen worden. Vorübergeh­end kamen sechs Tatverdäch­tige auf Anordnung des Augsburger Landgerich­ts frei. Aber nur für wenige Tage.

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