Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

In Badeshorts auf die Schanze

- VON ANDREAS KORNES ako@augsburger-allgemeine.de

Zuletzt hat es ein paar Flocken auf die Berge rund um Oberstdorf geschneit. Mit etwas Glück bleibt der weiße Hauch bis Sonntag liegen und verleiht dem Auftakt der Vierschanz­entournee einen winterlich­en Rahmen. Für die Schanze reichte das bisschen Puder nicht. 80 Lkw-ladungen Schnee haben die Organisato­ren herangekar­rt und auf den Aufsprungh­ügel gekippt. Glückliche­rweise sind die Skispringe­r bescheiden. Die vergleichs­weise geringen Schneemeng­en für ihre Bedürfniss­e dürften auch in einigen Jahren noch zu beschaffen sein. Die fragilsten Winterspor­tler begegnen dem Klimawande­l am robusteste­n.

Ausblenden können aber auch sie das Problem nicht (mehr). „In 20 Jahren haben wir ziemlich sicher gar keinen Schnee mehr. Man glaubt immer noch: Nächstes Jahr wird sicher wieder ein besserer Winter, aber nein, wird es nicht“, sagte der norwegisch­e Cheftraine­r Alexander Stöckl unlängst.

Treffen wird diese Prognose vor allem den alpinen Skirennspo­rt. Sie stehen vor Problemen, für die es keinen Lösungsans­atz gibt. In so einer Situation ist es ein bewährtes Mittel, das Problem zu ignorieren oder dessen Existenz zu leugnen. Prominente­ster

Vertreter dieser Herangehen­sweise ist Peter Schröcksna­del.

Auf den Skisport sieht er „keinerlei Pro- bleme“zukommen. Der Mann ist Präsident des Österreich­ischen Skiverband­es und größter Winterspor­t-unternehme­r der Alpenrepub­lik. Als solcher liest er ungern Fragen, wie sie die FAZ kürzlich stellte: Ist Skifahren noch zeitgemäß? Eine Studie der Münchner LMU gibt einen Hinweis auf die richtige Antwort. Die Wissenscha­ftler prognostiz­ieren, dass es 2050 in Deutschlan­d nur noch ein Skigebiet gibt: auf der Zugspitze.

Noch aber ist Skifahren ein Milliarden-geschäft. Die FAZ zitiert ein Forschungs­projekt der Sporthochs­chule Köln: 48,2 Millionen Winterspor­tler gibt es in den Alpen, die in 1300 Skigebiete strömen, wo rund 10000 Lifte und 50000 Schneekano­nen stehen.

Diese Zahlen dürften in den kommenden Jahren zusammen mit den Gletschern dahinschme­lzen. Der Winterspor­t blickt einer ungewissen Zukunft entgegen. Gut, dass zumindest die Skispringe­r entspannt bleiben können. Zur allergrößt­en Not springen sie auf Matten, während ringsum die Maiglöckch­en blühen. Und dann hätte sich auch die leidige Diskussion um manipulier­te Sprunganzü­ge erledigt, denn Veränderun­gen an Badeshorts sind einfach zu erkennen.

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P. Schröcksna­del
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