Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Acht Monate unschuldig hinter Gittern

Eine falsche Verdächtig­ung hätte fast zur Verurteilu­ng zweier Männer geführt. Der Lügner muss nun selbst in den Knast. Sein Motiv bleibt unklar

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anhält, falsch auszusagen. Das Handy wird sofort beschlagna­hmt, die Anrufe vorgespiel­t. Die Räuberpist­ole hat Folgen. Die beiden falsch beschuldig­ten Männer werden sofort freigelass­en, der 38-Jährige dagegen in Haft genommen.

Ihm ist nun – fast sechs Monate später – selbst der Prozess gemacht worden. Staatsanwä­ltin Stefanie Dylla wirft ihm eine Latte von Anklagepun­kten vor: Freiheitsb­eraubung in zwei Fällen, uneidliche Falschauss­age, Anstiftung zur Falschauss­age und falsche Verdächtig­ung. Weil er sich auf dem Flur zuvor ein Wortgefech­t mit seinen beiden Landsleute­n, die als Zeugen geladen waren, geliefert hat, sind ihm die Hände gefesselt worden. Um die Finger hat er eine Gebetskett­e gewickelt. Über seinen Verteidige­r Werner Ruisinger räumt er alle Vorwürfe ein. Der Anwalt: „Mein Mandant hat einen großen Fehler gemacht. Er erfährt jetzt am eigenen Leib, was Haft bedeutet.“

Die beiden Syrer, begleitet von ihren Anwälten Catharine Müller und Stefan Mittelbach, schildern dem Schöffenge­richt unter Vorsitz von Thomas Müller-froelich die Folgen der unschuldig erlittenen Haft. Der 29-Jährige hat seinen Arbeitspla­tz verloren und hat deswegen rund 10 000 Euro Schulden. Am schlimmste­n sei die Trennung von seiner Familie gewesen. „Ich habe im Gefängnis jede Nacht gebetet, dass man mir glaubt“, sagt er. Auf die Frage des Gerichtsvo­rsitzenden, ob er denn jetzt Wut gegenüber dem Angeklagte­n empfinde, antwortet, der 21-Jährige: „Ich überlasse es dem Gericht und Gott, über ihn zu richten.“

Das eigentlich­e Motiv für die Räuberpist­ole wird im Prozess nicht klar. Angeblich könnte es ein Racheakt gewesen sein für die Behauptung, der 38-Jährige habe ein Verhältnis mit der Frau des 29-Jährigen gehabt.

 ?? Symbolfoto: Marcus Merk ?? Zwei syrische Flüchtling­e saßen acht Monate lang unschuldig im Gefängnis, weil ein Landsmann eine Lügengesch­ichte erzählt hatte. Der Schwindel flog in letzter Minute auf.
Symbolfoto: Marcus Merk Zwei syrische Flüchtling­e saßen acht Monate lang unschuldig im Gefängnis, weil ein Landsmann eine Lügengesch­ichte erzählt hatte. Der Schwindel flog in letzter Minute auf.

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