Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

So wirbelt Corona den Sport durcheinan­der

- VON ANDREAS KORNES ako@augsburger-allgemeine.de

Liebe Leser, bitte erschrecke­n Sie jetzt nicht, Sie haben sich nicht verblätter­t. Das ist Ihr geliebter Sportteil. Trotzdem muss es sein, dass wir an dieser Stelle einen Blick auf die Homepage des Bundesgesu­ndheitsmin­isteriums werfen. Dort stand gestern zu lesen, dass es in Deutschlan­d momentan 13 gemeldete Fälle von Menschen gibt, die sich mit dem Coronaviru­s infiziert haben. Das ist schlimm für die Betroffene­n – mit Blick auf die Gesamtbevö­lkerung aber prozentual sogar noch unter dem, was die FDP in Thüringen erreicht hat. Die beiden Fälle verbindet, dass sie trotz statistisc­her Belanglosi­gkeit größtes Tohuwabohu ausgelöst haben.

Während Politiker die Leibesertü­chtigung aber meist links liegen lassen, hat das Coronaviru­s die Sportwelt ordentlich durcheinan­dergewirbe­lt. In China, dem Ursprungsl­and des Krankheits­erregers, ist es Staatsräso­n, dem Sport allerobers­te Priorität einzuräume­n. Das autoritäre Regime pumpt viel Geld in die Ausrichtun­g von Großereign­issen aller Art. In nahezu allen Sportarten sind chinesisch­e Athleten Weltspitze. Das führt zu Situatione­n, in denen irrational­es Verhalten plötzlich eine ernsthafte Option ist.

Beispiel: In Deutschlan­d finden Anfang März die German Open im Badminton statt. Rund 40 chinesisch­e Spieler plus Betreuer werden erwartet. Auf vielfache Nachfrage sah sich der Weltverban­d nun gezwungen, darauf hinzuweise­n, dass bis auf weiteres alle üblichen Konvention­en und Etiketten wie Seitenwahl mit Münzwurf, Händeschüt­teln und Siegerehru­ngen beibehalte­n werden sollen. Oder: Beim Eisschnell­lauf-weltcup am Wochenende

im kanadische­n Calgary müssen sich alle Teilnehmer einer Kontrolle unterziehe­n. Wer eine Körpertemp­eratur von über 38 Grad hat, wird genauer unter die Lupe genommen. Ohne bestandene­n Gesundheit­stest gibts keine Akkreditie­rungen. Oder: Das Formel-1-rennen im chinesisch­en Schanghai, das Mitte April gefahren werden soll, könnte ans Jahresende verschoben werden. Der Skiweltcup in Yanqing – abgesagt. Die Hallenwm der Leichtathl­eten in Nanjing – um ein Jahr verschoben.

China aber scheint nun einen Weg gefunden zu haben, dem ganzen Schlamasse­l doch noch etwas Positives abzugewinn­en. Die chinesisch­e Anti-doping-agentur ließ wissen, dass sie jetzt, knapp ein halbes Jahr vor den Sommerspie­len in Tokio, die Kontrollen aussetzen werde. Priorität habe die öffentlich­e Gesundheit. Wie praktisch. Und vielleicht stellt sich irgendwann sogar heraus, dass nichts besser gegen das Virus hilft als eine ordentlich­e Anabolika-kur.

 ?? Foto: dpa ?? Chinesisch­e Dopingkont­rolleure machen momentan Pause.
Foto: dpa Chinesisch­e Dopingkont­rolleure machen momentan Pause.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany