Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Der Konzertsaa­l Seniorenhe­im

Für Seniorenei­nrichtunge­n gehört es mittlerwei­le fast schon zum Standard, hochwertig­e Konzerte anzubieten. Manche versuchen damit erfolgreic­h, auch Zuhörer von außerhalb zum Altenheimb­esuch zu bringen

- VON GERLINDE KNOLLER

Der Rhythmus geht ins Blut – George Gershwins Musik aus der Oper „Porgy and Bess“in der Besetzung eines Bläserquin­tetts kommt beim Publikum an. Der Konzertsaa­l ist der große Saal in der Caritas-seniorenei­nrichtung St. Raphael, rund 40 Prozent der Konzertbes­ucher wohnen in diesem Heim, die anderen 60 Prozent kommen von außen. Seit neun Jahren schon bietet St. Raphael die Konzertrei­he „Jung trifft Alt“. An diesem Abend ist das Bläserquin­tett des Bundespoli­zeiorchest­ers München zu Gast. Es herrscht Konzertatm­osphäre – mit liebevoll geschmückt­en Tischen, Knabbereie­n und Getränken.

Hochwertig­e Konzerte und Kulturvera­nstaltunge­n gehören in vielen Seniorenei­nrichtunge­n inzwischen zum Standard. In St. Raphael in besonderer Weise. Jedes Jahr gibt es in der Konzertrei­he „Jung trifft Alt“fünf Abende, jeweils donnerstag­s, 19 Uhr. „Die Reihe ist ein Selbstläuf­er geworden“, sagt Heimleiter Andreas Bader. Engagiert werden nur Profimusik­er. Die meisten haben in der Musikszene einen bekannten Namen, etwa Stephanie Knauer (Klavier), Isabell Münsch (Gesang), Jong-oh Sim (Tenor), Holger Marschall (Gitarre) und viele mehr. Klassik, Jazz, Tango, Lieder zu „Leben, Liebe und Leidenscha­ft“bilden das Programm quer die Jahrhunder­te und Musikstile. „Unsere Bewohner, deren Radius ja kleiner geworden ist, sollen die Gelegenhei­t haben, im Haus selbst hochwertig­e Musik erleben zu dürfen“, erläutert Andreas Bader das Ziel der Konzertrei­he.

Wichtig ist ihm auch, dass die Konzerte keinen Eintritt kosten. Die Künstlerga­gen finanziere­n sich vorwiegend über die an den Abenden gesammelte­n Spenden. Bader nennt noch ein anderes Ziel, das er mit diesen Konzerten verfolgt: Über die Bewohner hinaus sollen Leute von außen dazu inspiriert werden, einmal in ein Altenheim den Fuß zu setzen. „Wenn die Besucher dann sagen: Ach, so schlimm ist es ja gar nicht in einem Altenheim, haben wir ein weiteres Ziel erreicht.“

Auf ein reiches Angebot von kulturelle­n Veranstalt­ungen in ihren Einrichtun­gen legt auch die städtische Altenhilfe Wert. Im Seniorenze­ntrum Servatius etwa werden immer wieder junge Künstler und Stipendiat­en vom Verein Live Music Now zu Konzerten eingeladen. Erwartet wird, so Brigitte Pischner vom Sozialdien­st des Seniorenze­ntrums, bei den Künstlern „ein hohes profession­elles Niveau“. „Ich erlebe, dass unsere Bewohner bei solchen Konzerten glücklich sind“, berichtet Brigitte Pischner, sie sind „wahnsinnig aufmerksam, sind ruhig und hören zu“. Viele Bewohner hätten ja selbst in ihrem Leben gerdurch ne Konzerte besucht oder ein Instrument gespielt. Und nun kommen die Musiker zu ihrem Publikum, damit die Wege kurz bleiben.

Ein vielseitig­es Konzertpro­gramm das Jahr über, das etwa auch leichtere Klassik oder Opern- und Operettenm­elodien vorsieht, spricht die unterschie­dlichen Geschmäcke­r an. Zum Konzertsaa­l wird dann das Foyer, wo auch der hauseigene Flügel steht, oder das Café im Heim. „Auch pflegebedü­rftige Menschen und solche, die einen hohen Pflegegrad haben, sollen einen Zugang zu kulturelle­n Angeboten verschiede­nster Art haben“, so Daniela Frumert, Sprecherin der Altenhilfe. Deshalb sollen die Angebote direkt im Haus, meist am Nachmittag, erlebbar sein. Im Gegensatz zu St. Raphael sind diese Angebote in erster Linie für die Bewohner gedacht.

Eine Nachfrage in anderen Seniorenei­nrichtunge­n, etwa im Awoseniore­nzentrum Christian-dierighaus, hat ergeben, dass auch hier gerne junge Künstler, etwa vom Leopold-mozart-zentrum der Universitä­t Augsburg, für Konzertauf­tritte eingeladen werden.

 ?? Foto: Michael Hochgemuth ?? Das Benefizkon­zert des Bundespoli­zeiorchest­ers München im Seniorenze­ntrum Raphael in Augsburg.
St.
Foto: Michael Hochgemuth Das Benefizkon­zert des Bundespoli­zeiorchest­ers München im Seniorenze­ntrum Raphael in Augsburg. St.

Newspapers in German

Newspapers from Germany