Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Gericht verurteilt Dschihadisten aus Augsburg
Ein 33-Jähriger will für eine islamistische Terrororganisation in Syrien in den bewaffneten Kampf ziehen. Seine Reise nach Nahost endet allerdings in einem türkischen Gefängnis. Nun ist er in München verurteilt worden
Es kommt regelmäßig vor, dass Menschen von Deutschland aus in die Türkei abgeschoben werden. Sogenannte islamistische Gefährder etwa. Sehr viel seltener ist der umgekehrte Weg. Im Januar 2019 passierte allerdings genau das. Ein Flugzeug, das aus der Türkei gekommen war, landete am Flughafen in Stuttgart; die Polizei nahm einen der Passagiere umgehend fest. Der Festgenommene war ein 33-jähriger Mann aus Augsburg, ein Deutscher, der seinen früheren Vornamen längst abgelegt hat und sich seit einigen Jahren auf Facebook wie im echten Leben „Muhamed“nennt.
Ein Mann, der sich „nach seiner Konversion zum Islam im Jahre 2010“radikalisiert habe und „seit geraumer Zeit einer salafistisch-jihadistischen Ideologie“angehöre, wie es in der Anklageschrift der Generalstaatsanwaltschaft in München hieß.
In Augsburg war er schon länger nicht mehr. Im Juni 2017 wurde er in der Türkei festgenommen, unmittelbar vor der syrischen Grenze. Seither sitzt er ohne Unterbrechung in verschiedenen Gefängnissen.
Dabei bleibt es nun, zumindest vorerst. Wie das Oberlandesgericht München auf Anfrage mitteilt, hat der 8. Strafsenat den Angeklagten Ende Januar zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt – unter anderem wegen „der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat“, wie es vom Gericht heißt. Den Haftbefehl gegen den Mann hat der Senat aufrechterhalten.
steht folgende Geschichte: Der Mann aus Augsburg war nicht in die Türkei gereist, um dort Urlaub zu machen, sondern, um nach Syrien weiterzuziehen und dort die Terrororganisation „Hayat Tahrir al-scham“, kurz HTS, zu unterstützen. Und für sie in den Kampf zu ziehen. Nach Erkenntnissen der Ermittler war er mit zwei weiteren Männern unterwegs, die wohl ebenfalls in den islamistischen Kampf nach Syrien ziehen wollten, ein Afghane und ein Mann, der in der Region Augsburg aufgewachsen ist und die türkische Staatsangehörigkeit besitzt. Auch die beiden wurden im Juni 2017 in der Türkei festgenommen, was aus ihnen wurde, ist seither unklar. Was aus dem 33-jährigen Augsburger wurde, lässt sich hingegen besser nachvolldahinter ziehen. Bevor er nach Deutschland ausgeliefert wurde, saß er fast eineinhalb Jahre in türkischen Gefängnissen, davon fast ein Jahr lang in Abschiebehaft.
Im Prozess, der seit Oktober lief, machte er vor dem Strafsenat umfangreiche Angaben, was dazu beigetragen haben dürfte, dass die Strafe nicht noch höher ausfiel. Der Fall ist ungewöhnlich. Es gibt nur wenige Menschen, die nach Erkenntnissen der Behörden aus der Region Augsburg nach Syrien oder in den Irak ausreisen wollen. Die Augsburger Polizei sprach in der Vergangenheit stets von einer „einstelligen Zahl“, der das gelungen sei. Die Zahl der Islamisten, die in der Region leben und denen die Polizei eine Gewalttat zutraut, liege ebenfalls im einstelligen Bereich, hieß es von der Polizei zuletzt. Ins Licht der Öffentlichkeit rückte das Ermittlungsverfahren gegen den nun verurteilten Mann im November 2017. Damals durchsuchten die Ermittler diverse Häuser in der Region, um das Umfeld des 32-Jährigen sowie der zwei Männer aus dem Raum Augsburg zu durchleuchten, die mit dem 32-Jährigen wohl ebenfalls in den islamistischen Kampf nach Syrien hatten ziehen wollen.