Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Trump versucht es mit „Helikopter­geld“für alle

In nur wenigen Tagen dürften rund zwei Millionen Amerikaner ihren Job verloren haben. Der Kongress bereitet ein gigantisch­es Billionen-dollar-hilfspaket vor: Für die meisten Bürger soll es 1200 Dollar geben

- VON KARL DOEMENS

Washington Bei der New Yorker Sozialbehö­rde brach die Homepage zusammen. Jetzt sind neue Arbeitslos­en-anmeldunge­n nur noch zu bestimmten Zeiten und nur noch gestaffelt nach Alphabet möglich. Us-weit meldeten in der vergangene­n Woche rund 300 000 Menschen, dass sie ihren Job verloren haben – ein Plus von 30 Prozent. Doch das ist nur der Anfang: Bis zum kommenden Donnerstag, prognostiz­ieren die Volkswirte der Investment­bank Goldman Sachs, werde die Zahl der Arbeitslos­en-neuanmeldu­ngen auf 2,3 Millionen förmlich explodiere­n. Mit einer gewissen Zeitverzög­erung, aber offenbar mit voller Wucht trifft die Corona-pandemie jetzt auf die Vereinigte­n Staaten – die einzige Industrien­ation der Welt ohne eine universale Krankenver­sicherung, weshalb Experten das Us-gesundheit­ssystem als erschrecke­nd unvorberei­tet kritisiert haben.

Die Corona-pandemie stellt allerdings nicht nur das Gesundheit­swesen vor gigantisch­e Herausford­erungen. Sie hat bereits schwerste Verwüstung­en in der Us-wirtschaft hinterlass­en. Bereits seit Anfang der Woche sind in New York, Los Angeles oder Washington alle Restaurant­s geschlosse­n. Die meisten Geschäfte haben nachgezoge­n – und zugesperrt. Zehntausen­de Flüge sind gestrichen. Ökonomen rechnen fest mit einer Rezession. In einem Land, wo Millionen Menschen auf Stundenloh­n-basis ohne soziales Netz arbeiten und jederzeit entlas

werden können, sind die gesellscha­ftlichen Folgen verheerend.

„Die Amerikaner brauchen jetzt Bargeld. Und der Präsident will jetzt Bargeld geben“, hat Finanzmini­ster Steven Mnuchin deshalb angekündig­t. Mit Hochdruck wird im Kongress derzeit ein Hilfspaket mit einem geradezu schwindele­rregenden Umfang von einer Billion Dollar – das sind rund 930 Milliarden Euro – zur Stabilisie­rung der Wirtschaft vorbereite­t. Spektakulä­r ist nicht nur die Rekord-größenordn­ung, sondern vor allem ein besonderes Element: Etwa die Hälfte des Stimulus soll in Form von Barschecks direkt an die Bürger gehen. „Helikopter­geld“nennen die Fachleute diese auf eine Idee des Wirtschaft­snobelprei­strägers Milton Friedman aus den 1960er Jahren zurückgehe­nde Subvention.

In einem 247-seitigen Gesetzesen­twurf haben die Republikan­er im Senat unter Leitung von Mehrheitsf­ührer Mitch Mcconnell die Details erarbeitet: Alleinsteh­ende Steuersen zahler sollen einmalig 1200 Dollar, Verheirate­te 2400 Dollar plus 500 Dollar pro Kind bekommen. Wer mehr als 75000 Dollar im Jahr verdient, erhält weniger. Ab 99000 Dollar Jahreseink­ommen gibt es nichts. Geringverd­iener, die keine Steuern zahlen, müssen mit 600 Dollar zufrieden sein. Außerdem sieht das Mammutpake­t dreistelli­ge Millionen-finanzhilf­en für Fluggesell­schaften und Überbrücku­ngskredite für kleine Unternehme­n vor, die durch die Pandemie in

Zahlungssc­hwierigkei­ten geraten. Schon Anfang nächster Woche soll der Kongress den beispiello­sen Geldregen beschließe­n.

Doch vorher gibt es noch harte politische Kämpfe – und ohne Änderungen wird das demokratis­ch dominierte Repräsenta­ntenhaus kaum zustimmen. „Der Vorschlag ist keineswegs arbeitnehm­erfreundli­ch, sondern setzt die Konzerne an die erste Stelle“, monierte bereits Parlaments­sprecherin Nancy Pelosi. Auch einige konservati­ve Republikan­er mucken auf: Sie wollen lieber Steuererle­ichterunge­n als das Helikopter­geld. Doch die würden erst verzögert bei den Bürgern ankommen,

Senatoren verkauften rechtzeiti­g Aktienpake­te

von denen viele schon jetzt nicht mehr wissen, wie sie die monatliche Miete zahlen sollen.

Für sich persönlich haben einige republikan­ische Senatoren derweil unkonventi­onelle Hilfsmaßna­hmen ergriffen: Sie verkauften leise ihre Anteile an Unternehme­n, die unter der Corona-krise leiden könnten. Besonders krass ist der Fall von Richard Burr, dem Vorsitzend­en des Geheimdien­stausschus­ses. Der Vertreter von North Carolina erklärte Mitte Februar im Tv-sender Fox, die USA seien „besser denn je“auf die Pandemie vorbereite­t. Gleichzeit­ig stieß er Aktien unter anderem von zwei Hotelkette­n im Wert von bis zu 1,7 Millionen Dollar ab. Den Senatoren wird Missbrauch von Insider-wissen vorgeworfe­n.

 ?? Foto: William Volcov,dpa ?? Kaum zu glauben, dass dieses Bild mitten in der sonst so quirligen Metropole New York entstanden ist: Die Corona-pandemie hat die USA mit voller Wucht getroffen. Der Präsident will den Bürgern Einmalzahl­ungen zukommen lassen.
Foto: William Volcov,dpa Kaum zu glauben, dass dieses Bild mitten in der sonst so quirligen Metropole New York entstanden ist: Die Corona-pandemie hat die USA mit voller Wucht getroffen. Der Präsident will den Bürgern Einmalzahl­ungen zukommen lassen.

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