Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Zwei Gewinner, zwei Verlierer

Die politische­n Gewichte in Städten, Kreisen und Gemeinden haben sich stärker verschoben, als es die Wahlergebn­isse für Bürgermeis­ter und Landräte vermuten lassen

- VON ULI BACHMEIER

München Wie gut oder wie schlecht ein Wahlergebn­is für eine Partei ist, zeigt sich oft erst auf den zweiten Blick. Bei der Kommunalwa­hl gilt das ganz besonders. Bis Ende vergangene­r Woche wurde ausgezählt und ausgewerte­t. Auf halbem Weg zu den außergewöh­nlich vielen Stichwahle­n von Oberbürger­meistern und Landräten am kommenden Sonntag liegen mittlerwei­le alle Ergebnisse der Kreistags-, Stadtratsu­nd Gemeindera­tswahlen vor. Und siehe da: Es gibt, was die Gesamtzahl der Mandate betrifft, zwei klare Gewinner und zwei klare Verlierer.

Am meisten verloren hat im Vergleich zur Wahl 2014 die SPD. Ihr Stimmenant­eil brach bayernweit von 20,7 Prozent auf 13,7 Prozent ein. Jeder dritte ihrer Wähler hat der SPD den Rücken gekehrt. „Die schwierige Phase, in der die SPD sich befindet, ist nicht überwunden“, räumt der Generalsek­retär der Bayern-spd, Uli Grötsch, offen ein. Sehr viele Wähler, so sagt er, seien zu den Grünen gewechselt. Die Ursachen dafür sieht er allerdings nicht in Bayern. „Es ist jetzt Aufgabe der Bundeseben­e, zu zeigen, dass wir die Partei sind, die sich

auch gerade jetzt in der Coronakris­e – um die sozialen Grundbedür­fnisse kümmert und dies auch mit dem Klimaschut­z-aspekt verbinden kann.“

Der zweite Verlierer ist die CSU. Sie konnte sich zwar als mit Abstand stärkste kommunalpo­litische Kraft im Freistaat behaupten. Aber mit einem Stimmenant­eil von 34,5 Prozent liegt sie um 5,2 Prozentpun­kte hinter ihrem Ergebnis im Jahr 2014. Nach Ansicht von Csu-generalsek­retär Markus Blume allerdings hat dieser Vergleich einen Haken. „Die Kommunalwa­hlen im Jahr 2020“, so sagt er, „haben in einem völlig anderen Umfeld stattgefun­den.“Damals gab es noch keine AFD und keine Fridays-for-future-bewegung. Die CSU regierte im Landtag mit absoluter Mehrheit und lag in Umfragen auf Landeseben­e bei 48 oder 49 Prozent. „Dennoch bleibe ich dabei. Die CSU hat bei den Oberbürger­meister-, Landrats- und Bürgermeis­terwahlen sehr respektabe­l abgeschnit­ten. Wir stellen mehr Bürgermeis­ter als zuletzt.“

Das Wahlergebn­is für die kommunalpo­litischen Gremien spiegelt nach Ansicht Blumes die fortschrei­tende Zersplitte­rung der Parteienla­ndschaft wider. Und dass es für die

CSU in bestimmten Regionen spezielle Probleme gibt, räumt er ein. Zu den Verlusten im oberbayeri­schen Kernland etwa sagt er: „Oberbayern bleibt insgesamt eine Herausford­erung für die CSU. Hier zeigt sich am stärksten, dass sich das Land durch Zuzug verändert hat.“Größter Gewinner im Rennen um die Sitze in Stadt-, Kreis- und Gemeinderä­ten sind die Grünen. Sie konnten ihren Stimmenant­eil um 7,2 Prozent auf 17,3 Prozent erhöhen und sind in einigen Gremien wie zum Beispiel im Münchner Stadtrat sogar stärkste politische Kraft geworden. „Das Schöne ist“, so sagt Ludwig Hartmann, Chef der Grünen-fraktion im Landtag, „dass wir nicht nur in den Städten, sondern in der ganzen Fläche zugelegt haben. Wir haben uns von den Sitzen her vielerorts verdoppelt und in einigen Orten sogar verdreifac­ht – in Günzburg zum Beispiel, auch wenn man zugeben muss, dass wir dort bisher ziemlich schwach waren.“Dass die Zugewinne der Grünen komplett von der SPD kamen, glaubt Hart– mann nicht. Wie Blume weist auch er auf Besonderhe­iten in Oberbayern hin. Die Grünen hätten dort auch in Kreisen und Gemeinden kräftig zugelegt, wo von der SPD kaum mehr etwas zu holen war.

Der zweite Gewinner dieser Kommunalwa­hl ist die AFD – auch wenn der Vergleich mit 2014 in diesem Fall nicht wirklich greift, weil die AFD vor sechs Jahren praktisch noch keine Rolle spielte. Die AFD konnte ihren Stimmenant­eil bayernweit um 4,4 auf 4,7 Prozent erhöhen. Seine Partei, so sagt der stellvertr­etende Landesvors­itzende und schwäbisch­e Bezirksche­f Gerd Mannes, sei in der Fläche angekommen. „Wir haben uns in den Kommunen verankert.“Dies gelte zumindest dort, wo die AFD angetreten ist. Er müsse mit dem Ergebnis zufrieden sein, weil die AFD zu wenig bekannte Gesichter hatte.

Im Bereich der Freien Wähler und der kleineren Wählergrup­pen gab es kaum Verschiebu­ngen. Die Freien blieben, ähnlich wie FDP und ÖDP, mit leichten Zugewinnen stabil. Allerdings nahm die Zersplitte­rung in viele Kleinstgru­ppen vielerorts zu. In Augsburg sitzen 14 Parteien und Gruppen im Stadtrat, in Landshut 13, in Ingolstadt 11.

Grüne und AFD konnten am stärksten zulegen

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