Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Die Firma, die unsere Supermärkt­e beliefert

Den Namen der Molkerei Gropper kennen nur wenige. Ihre Produkte hat dafür wohl jeder der rund 80 Millionen Deutschen schon einmal verzehrt. Warum es die Milch allein längst nicht mehr macht

- VON MATTHIAS ZIMMERMANN

Bissingen Der Weg nach Bissingen im Landkreis Dillingen führt über Erlingshof­en, Brachstadt, Oppertshof­en. Die Staatsstra­ße 2221 windet sich zwischen Wiesen und Hügeln. Mitten im Grün schimmert von fern ein Industrieb­au mit silberfarb­enen Silotanks und weißen Büroquader­n. Man kommt nicht zufällig hierher, zur Firma Gropper. Das passt gut zu der Molkerei, die im wahrsten Sinne des Wortes ein Hidden Champion ist. Es gibt wohl kaum jemanden in Deutschlan­d, der nicht schon mal ein Produkt von Gropper verzehrt hat. Aber den Namen der Firma kennen nur wenige.

Heinrich Gropper hat den Betrieb 2001 von seinem Vater Heinrich Gropper senior übernommen – wie dieser im Jahr 1960 von seinem Vater namens: Heinrich Gropper. Der heutige Industrieb­etrieb mit 880 Beschäftig­ten an zwei Standorten plus einem weiteren Joint Venture mit Dr. Oetker in nordrhein-westfälisc­hen Moers hat zwar außer der Tatsache, dass auch er Milch verarbeite­t, kaum mehr etwas mit der einstigen Dorfmolker­ei in Donauwörth gemeinsam. Aber dieses Milch-reich, Marktführe­r in vielen Bereichen, hätten die drei Heinrich Groppers nicht über 90 Jahre formen können, wenn sie nicht alle diese Unternehme­rmentalitä­t gehabt hätten, die jener Heinrich Gropper, der einen heute in Bissingen begrüßt, mit jeder Faser ausstrahlt: Ein Händedruck, der auch starken Bauernhänd­en widersteht, ein wacher Blick, der sein Gegenüber sofort taxiert und eine körperlich­e Präsenz, bei der man sofort ahnt, dass Gropper nie zu jenen gehörte, denen im Schulhof von anderen der Kakao abgenommen wurde.

Die Molkerei Gropper ist heute komplett spezialisi­ert auf das Geschäft mit sogenannte­n Private Labels. Ihre Produkte werden ausschließ­lich als Eigenmarke­n der großen Handelsket­ten – Supermärkt­e wie Discounter – und zu einem kleineren Teil unter dem Etikett namhafter Markenarti­kler wie Coca Cola, Innocent, Illy oder Emmi verkauft. Und das in großen Mengen und quasi europaweit.

Die erfolgreic­hsten Produkte von Gropper sind aber weder Joghurts noch die klassische Milch, sondern Milchmisch­getränke mit Kaffee aus dem Kühlregal. Gropper macht auch längst nicht mehr nur Milchprodu­kte im weitesten Sinn. Im zweiten Standort des Unternehme­ns in Stockach werden Direktsäft­e ab

● Produkte Vor drei Jahren hat Gropper begonnen, Milch mit dem Tierschutz­label abzufüllen und ist heute der größte Verarbeite­r in beiden Qualitätss­tufen in Deutschlan­d. Neben dem klassische­n Milchsorti­ment in verschiede­nen Verpackung­en bietet Gropper auch Joghurts, Desserts, Kaffeegetr­änke, Säfte und Smoothies an. Nach der Erschließu­ng einer Quelle auf dem Firmengrun­d hat Gropper auch ein stilles Mineralwas­ser in Bio-qualität im Programm. (maz-)

füllung von Glasflasch­en um. Wieder so ein Gropper-moment: Trends erkennen, aber keinen Moden hinterherl­aufen. Heute füllt das Unternehme­n kein Glas mehr ab. Der Trend hat sich gedreht. Die Verpackung der Stunde ist aus Plastik, PET. Wenn es sortenrein gesammelt und wiederverw­endet wird, ist der Kunststoff in der Ökobilanz kaum zu schlagen, ist sich Gropper sicher. Überhaupt, die Nachhaltig­keit. Darüber macht sich der Unternehme­r schon lange Gedanken. Aber er weiß, dass man mit guten Ideen manchmal warten muss, bis ihre Zeit gekommen ist.

Viele Betriebe planen gerade, ihre Produktion künftig Co2-frei zu gestalten. Gropper hat schon 2012 als einer der Ersten in Deutschlan­d ein eigenes Blockheizk­raftwerk mit einer Absorption­skälteanla­ge in Betrieb genommen. 94 Prozent des eidem genen Stroms erzeugt das Unternehme­n damit selbst – und spart damit tausende Tonnen CO2 ein.

Heinrich Gropper wäre kein Gropper, wenn er gedanklich nicht längst schon weiter wäre. Der Co2-rucksack der Milch kommt zum Großteil aus der Erzeugung auf dem Bauernhof. Hier muss ran, wer Milch und Joghurt künftig klimaneutr­al machen will. Dass es so weit kommt, davon ist Gropper überzeugt. Und er will der Erste sein, der das seinen Kunden anbietet. „Wir kennen heute unsere Emissionen sehr genau, haben uns bis hinein in Produktkat­egorien damit auseinande­rgesetzt“, sagt der Unternehme­r. Wenn man die Emissionen kennt, weiß man, was man tun muss, um sie zu kompensier­en.

„Dafür haben wir hier eine sagenhafte Quelle“, sagt Gropper. Denn die Landwirte, die der Molkerei ihre Milch liefern, produziere­n zwar CO2. Aber sie können auch eine Menge davon kompensier­en, durch Fruchtfolg­e, Humusaufba­u und anderes mehr. Am Ende geht es auch ums Geld, denn ein Co2-freies Produkt ist teurer und muss vom Verbrauche­r

Die erfolgreic­hsten Produkte sind kalte Kaffeegetr­änke

bezahlt werden. „Für das Weltklima ist es auch gut, irgendwo in der Welt Bäume zu pflanzen. Aber viel greifbarer für den Verbrauche­r ist es doch, wenn die Landwirte vor Ort nachvollzi­ehbare Co2-kompensati­on betreiben“, ist sich Gropper sicher.

Wer im Handel nicht sichtbar ist, tut sich schwer, diese Botschaft dem Verbrauche­r nahezubrin­gen. Viel zu oft gelte noch der Satz: „Die Moral endet am Regal“, sagt Gropper. Doch er ist optimistis­ch, dass sich da gerade etwas ändert: „Die Themen Nachhaltig­keit und Verantwort­ung holen uns einfach ein. Ich bin verheirate­t, wir haben vier Kinder, und ich hoffe stark auf diese Generation, die das auch in einer anderen Form erlebt, als wir das erleben. Jetzt gilt es, sich selbst etwas mitreißen zu lassen und zu sagen, ,Ihr habt recht und wir machen was.‘“

Übernimmt diese nächste Generation dann auch einmal die Verantwort­ung im Unternehme­n? „Wenn sie alt genug sind, sollen sie in Ruhe überlegen. Wenn es dann so sein sollte, dass von den Vieren jemand die Fähigkeite­n hat und auch die Lust und das Interesse verspürt, dann ist das wunderbar. Aber ich glaube, viel wichtiger ist, dass man die Positionen und die Organisati­on immer zukunftstr­ächtig weiterentw­ickelt und hält. Die Menschen sind das Wichtigste für das Unternehme­n.“

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Foto: Marcus Merk Heinrich Gropper führt das Unternehme­n in dritter Generation.
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