Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Die Schatzkiste der Sportredaktion
In der Sportredaktion steht ein Pappkarton mit Fußbällen. Traurige Kugeln, die vor sich hinschrumpeln, weil niemand mit ihnen spielt.
In seltenen Fällen benötigt sie ein Fotograf als Accessoire. Oder zwei Redakteure erhoffen sich beim Kurzpassspiel Inspiration.
Geht ja heute nicht mehr. Corona verlangt für den Kurzpass mindestens 1,50 m Abstand, zwei Meter sind besser. Wie soll sich da Ballgefühl entwickeln. Wenn die Redaktionsbälle jetzt noch einen Zweck erfüllen, dann für den weiträumigen Diagonalpass, der in unserer Redaktion über Bande gespielt werden muss, oder zum einsamen Jonglieren.
Die Kugel von einem Fuß auf den anderen bugsieren, sie über Oberschenkel, Stirn und Schultereckgelenk balancieren, ehe sie sanft im Spann zur Ruhe kommt. Dabei langsam an den leeren Schreibtischen der Homeoffice-kollegen vorbeiziehen, die man so sehr vermisst, weil keiner da ist, mit dem sich für ein paar Augenblicke der Ball gepflegt in der Luft halten lässt.
Also erinnert man sich an Armin Veh, damals Trainer des FC Augsburg, der im Ärger über Journalisten gegrantelt hat, er wolle nur noch mit Medienvertretern über Fußball reden, die wenigstens 20 Mal einen Ball jonglieren können. Veh konnte das – und wir können es auch bald wieder.
Darüber hinaus ist das Dasein des Sportredakteurs in diesen Tagen nicht nur einsam, sondern auch trübselig. Keiner will mehr von uns wissen, wer Meister wird. Die vielfach nachgefragten Expertisen zum nächsten Bundesliga-spieltag, die einem manchmal auf den Nerv gingen – schließlich ist doch bekannt, dass nicht der Sportredakteur, sondern die Sekretärin die großen Tippspiele gewinnt – jetzt wäre man gerne mal wieder gefragt. Aber die Leute interessiert es nicht einmal mehr, ob die Olympischen Spiele stattfinden. Sie haben andere Probleme. Kinderaufbewahrung, Kurzarbeit, Klopapier.
Umso erfreulicher, dass sie noch Zeit finden, sich um unseren Berufsstand zu sorgen. „Habds ihr überhaupt nowas zum schreibn wenn des mit dem Corona so weitergeht?“lautet die aktuelle Begrüßungsformel für Sportjournalisten.
Keine Sorge, wir machen, was wir in solchen Fällen immer tun: „Wir lassen uns etwas einfallen.“Wenn gar nichts mehr geht, jonglieren wir einen Ball.