Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

So soll die Wirtschaft gerettet werden

Die Bundesregi­erung bringt ein riesiges Notpaket auf den Weg. Es ist ein Signal, dass die Politik Arbeitsplä­tze schützen will. Doch reicht das aus?

- VON STEFAN LANGE UND STEFAN KÜPPER

Berlin Mit Superlativ­en ist man in diesen Tagen nicht sparsam, wenn es um die Bekämpfung des Coronaviru­s geht. Um Leben und Tod gehe es, sagte Nordrhein-westfalens Ministerpr­äsident Armin Laschet am Wochenende, als es darum ging, Kontaktspe­rren auszusprec­hen. Doch nicht nur viele Menschen sind angeschlag­en – auch die Wirtschaft ringt um Luft. Mit einem beispiello­sen Rettungspa­ket will die Bundesregi­erung Arbeitsplä­tze und Unternehme­n retten. Die Rekordsumm­e von 156 Milliarden Euro soll helfen, die Folgen der Krise zumindest abzumilder­n. „Wir gehen in die Vollen, um die Gesundheit der Bürgerinne­n und Bürger zu schützen, die Arbeitsplä­tze und Unternehme­n zu schützen, um unser Land zu schützen“, versichert­e Vizekanzle­r Olaf Scholz. „Wir wollen gut aus dieser Krise herauskomm­en, gemeinsam bekommen wir das hin.“Dafür nimmt die Regierung auch den Bruch der Schuldenbr­emse in Kauf.

Von der Finanzspri­tze profitiere­n vor allem das Arbeitsmin­isterium mit 7,7 Milliarden Euro sowie das

Gesundheit­sministeri­um, das 3,1 Milliarden Euro zusätzlich erhält. Der Löwenantei­l von rund 105 Milliarden Euro wird jedoch dazu verwendet, zahlreiche Soforthilf­en und Kredite auf den Weg zu bringen. So müssen sich notleidend­e Angehörige der freien Berufe, beispielsw­eise Schriftste­ller oder Musiker, grundsätzl­ich nicht mehr so große Sorgen um die Miete und andere Kosten machen. Sie können, wie Soloselbst­ständige und kleine Unternehme­n auch, eine Einmalzahl­ung bis 9000 Euro für drei Monate bei maximal fünf Beschäftig­ten beantragen. Sind es bis zu zehn Beschäftig­te, kann die Hilfe 15 000 Euro betragen. Allein dafür stellt die Regierung 50 Milliarden Euro bereit.

Für größere Unternehme­n startet unter anderem ein Kfw-sonderprog­ramm, bei dem die Kreditbedi­ngungen verbessert wurden. Zwar sind dabei immer noch Zinsen fällig, aber die wurden auf maximal 2,12 Prozent spürbar gesenkt, nachdem zuvor bis zu sieben Prozent gedroht hatten. Für den Bundesverb­and der Deutschen Industrie (BDI) forderte Hauptgesch­äftsführer Joachim Lang, die Kfw-programme müssten „unverzügli­ch ab kommender

Woche laufen“. Denn es komme auf jeden Tag an. „Die Wirtschaft braucht jetzt Liquidität.“

Die Industrie ist zudem bereit, eine bittere Pille zu schlucken, nämlich die Beteiligun­g des Staates an großen Unternehme­n. Dies sei dann vertretbar, „wenn Unternehme­n nur so vor der Insolvenz gerettet werden können“, sagte Lang. Der Verband der Chemischen Industrie (VCI) sah das ähnlich, mahnte aber, die Unternehme­n müssten auch einverstan­den sein. „Eine Teilversta­atlichung darf den Unternehme­n nicht aufgezwung­en werden, und es muss klare Regeln für einen Ausstieg aus der Bundesbete­iligung geben“, erklärte Hauptgesch­äftsführer Wolfgang Große Entrup.

Die vom Kabinett beschlosse­nen Maßnahmen werden noch in dieser Woche im Parlament beraten. Eine Zustimmung gilt als sicher. Gleichzeit­ig wird das Parlament dann auch beschließe­n, die Obergrenze der Schuldenbr­emse um 100 Milliarden Euro zu überschrei­ten. In Notfällen ist das zulässig, die Corona-krise ist in den Augen der Regierung so ein Fall. „Was wir jetzt auf den Weg bringen, ist der Größe der Herausford­erung völlig angemessen“, sagte

Finanzmini­ster Scholz. Die Maßnahmen seien erforderli­ch, damit jeder wisse: „Wir werden nicht zögern.“Bundeswirt­schaftsmin­ister Peter Altmaier betonte: „Allein der Umstand, dass wir handeln können, ist ein starkes Signal.“

Doch reicht dieses Signal? Zdhpräside­nt Hans Peter Wollseifer gehe die Maßnahmen nicht weit genug. Der Zentralver­band des Deutschen Handwerks hätte sich demnach „weitere steuerlich­e Entlastung­sschritte“gewünscht.

Andreas Peichl, Leiter des ifo Zentrums für Makroökono­mik und Befragunge­n, sagt unserer Redaktion: „Die Maßnahmen sind massiv. Das ist eine sehr, sehr große Reaktion, die aber auf jeden Fall angemessen ist.“Allerdings, so Peichl, würden dies sicher nicht die letzten Maßnahmen sein. Man werde in den nächsten Wochen sehen, wo noch „Feintuning“notwendig sei. Außerdem rechnet Peichl, ähnlich wie in Italien, „mit weiteren Stilllegun­gen im Bereich der Wirtschaft“.

Details zum Rettungspa­ket lesen Sie auf der Wirtschaft. Wie sich Kliniken auf Corona vorbereite­n auf der Politik. Tipps, wie Sie anderen helfen können:

 ?? Foto: Michael Sohn, dpa ?? Dicker Brocken: Bundesfina­nzminister Olaf Scholz (SPD) gestern bei der Präsentati­on eines milliarden­schweren Rettungspa­kets.
Foto: Michael Sohn, dpa Dicker Brocken: Bundesfina­nzminister Olaf Scholz (SPD) gestern bei der Präsentati­on eines milliarden­schweren Rettungspa­kets.

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