Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Wie funktioniert die Besichtigung per Video?
Wohnungsbesichtigungen sind in Bayern aktuell nur in ganz wenigen Ausnahmefällen erlaubt. Doch die Not macht erfinderisch: Viele Vermieter setzen jetzt auf Rundgänge mit der Kamera. Was es zu beachten gilt und welche Regeln in Sachen Umzug neu sind
Augsburg Menschen, die auf der Suche nach einer Wohnung sind, sehen sich aktuell nicht nur mit hohen Mietpreisen und enormer Konkurrenz konfrontiert. Das Coronavirus macht vor dem Immobilienmarkt nicht Halt und stellt Wohnungssuchende und Vermieter vor weitere Probleme. Trotz erster Lockerung der Ausgangsbeschränkungen bleiben die Möglichkeiten der Wohnungsbesichtigung eingeschränkt.
Wohnungsbesichtigungen sind grundsätzlich nicht erlaubt, so steht es in der Verordnung des Freistaats. Nur in Ausnahmefällen dürfen Wohnungen persönlich besichtigt werden, informiert das Innenministerium auf seiner Webseite. Und die lauten wie folgt: Zum einen wenn dem Mieter sonst Wohnungslosigkeit droht. Und zum anderen wenn die Wohnung sonst leer stehen würde und der Vermieter mit großem finanziellen Schaden rechnen müsste. Auch in diesen Ausnahmefällen seien aber nur Einzelbesichtigungen erlaubt. Dabei gelte ganz besonders: „Jeder trägt Verantwortung dafür, die Infektionsrisiken möglichst zu minimieren. Halten Sie deshalb unbedingt die Hygiene- und Abstandsregeln ein.“
die Ausnahmefälle sind jedoch kein Freibrief, weiß Monika Schmid-balzert, Geschäftsführerin beim bayerischen Landesverband im Deutschen Mieterbund (DMB): „Grundsätzlich muss zwischen dem Eigentumsrecht des Vermieters und dem Recht des Mieters auf Privatsphäre abgewogen werden, um zu entscheiden, ob der Vermieter oder von ihm Beauftragte die Wohnung betreten dürfen.“In Zeiten des Coronavirus komme bei der Abwägung das Recht des Mieters auf körperliche Unversehrtheit hinzu, berichtet die Anwältin: „Und das dürfte im Zweifel deutlich schwerer wiegen als die Rechte des Vermieters.“
Konkret bedeutet das: Der Vermieter oder der von ihm Beauftragte braucht einen wichtigen Grund, um die Wohnung zu besichtigen. „Grundsätzlich dürfte als wichtiger Grund gelten, was nicht verschoben werden kann und notwendig ist, um Schaden – auch wirtschaftlichen – abzuwenden“, sagt die Anwältin. In diese Kategorie falle etwa eine Notreparatur. Der Vermieter müsse bei einer persönlichen Besichtigung Maßnahmen ergreifen oder akzeptieren, die dem Schutz der Mieter dienen. „Die Gesundheit geht vor“, betont Schmid-balzert. „Wenn der Mieter ein erhöhtes Risiko hat, an
Corona zu erkranken, und ein schwerer Verlauf droht, muss er niemanden in die Wohnung lassen.“
Persönliche Wohnungsbesichtigungen finden derzeit also nur statt, wenn es gar nicht anders geht. Konkrete Zahlen, wie viele Besichtigungen tatsächlich stattfinden, gibt es Schmid-balzert zufolge zwar nicht. Doch die Not macht bekanntlich erfinderisch. So setzen immer mehr Vermieter auf Besichtigungen, die online per Video übertragen werauch den. „Eine Besichtigung kann mit jedem Meeting-tool erfolgen“, sagt die Anwältin. Eine Empfehlung wolle der DMB nicht aussprechen. Schmid-balzert hat jedoch ein paar ganz konkrete Tipps parat.
So gelten die gleichen Regeln wie bei einer persönlichen Besichtigung. Etwa dürfen und sollen Mängel gezeigt und angesprochen werden. Zu Beginn sei zu klären, ob die Videobesichtigung gespeichert werden soll. „Klargestellt werden muss, dass das Video nicht veröffentlicht werden darf – außer der Mieter ist damit einverstanden“, so die Expertin. Mieter sollten darauf achten, dass persönliche Dokumente und Wertsachen nicht gefilmt werden. „Dies hat aber der Mieter in der Hand, weil er ja die Kamera führt.“
Eine Online-besichtigung kann eine persönliche Besichtigung nicht ersetzen. Falls die passende Wohnung dennoch gefunden wird, gelten spezielle Regeln. Konnte der
Mieter die Wohnung nur online besichtigen und schließt er per Mail, Brief oder telefonisch einen Mietvertrag ab, steht ihm ein Widerrufsrecht zu, sollte die Wohnung nicht dem entsprechen, was sich der Mieter aufgrund der Online-besichtigung vorstellen durfte. Zwar schließt die Besichtigung der Wohnung vor Vertragsabschluss ein Widerrufsrecht des Mieters aus, allerdings ist der DMB der Auffassung, dass dies nicht für reine Online-besichtigungen gilt.
Und auch in Sachen Umzug gibt es Neuigkeiten bezüglich der Ausgangsbeschränkungen. Grundsätzlich ist zwar nach wie vor jeder „angehalten, die Kontakte zu anderen Menschen außerhalb der Angehörigen des eigenen Hausstands auf ein absolutes Minimum zu reduzieren“, schreibt das Ministerium. Nun dürfen notfalls aber auch Personen beim Umzug helfen, die nicht im selben Haushalt leben oder für ein Umzugsunternehmen arbeiten. „Sollten Sie kein Unternehmen beauftragen können, können Sie den Umzug auch mit Angehörigen des eigenen Hausstands durchführen. Sollte auch dies nicht möglich sein, raten wir dringend, die Zahl derer, die bei Ihrem Umzug helfen, deutlich klein zu halten“, so die Vorgabe.