Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Justiz soll digitaler werden
Richter beklagen große Schwächen in der Corona-krise
Berlin Die deutschen Richter fordern nach massiven Einschränkungen der Arbeit der Gerichte während der Coronavirus-krise eine stärkere Digitalisierung der Justiz. „Die Ausnahmesituation der Pandemie hat viele Lücken in der It-ausstattung der Gerichte offengelegt“, sagte der Bundesgeschäftsführer des Deutschen Richterbunds, Sven Rebehn, unserer Redaktion. Er forderte einen Investitionsschub in Gerichten und Staatsanwaltschaften. „Es braucht mehr Tempo bei der Digitalisierung der Justiz.“
Zum Beispiel lasse das Gesetz seit Jahren bereits Online-verhandlungen in Zivilprozessen zu, „sie sind aber bis heute die Ausnahme, weil es in vielen Gerichtssälen an Konferenztechnik fehlt“, kritisierte der Richterbund-geschäftsführer. Die Entwicklung bei der Digitalisierung sei in den Ländern zudem sehr unterschiedlich. Viele Bundesländer seien nun dabei, die Justiz technisch aufzurüsten, sagte Rebehn.
Laut einer Umfrage der Deutschen Richterzeitung bei den Justizverwaltungen der Länder verfügt Bayern über rund 50 Videokonferenzanlagen und will die Gerichte möglichst rasch flächendeckend damit ausstatten. Niedersachsen hat derzeit rund 80 mobile Videoanlagen, auf die Gerichte bei Bedarf zugreifen könnten, weitere seien geplant. Dagegen verfüge Sachsen-anhalt bisher nur über drei Videokonferenzanlagen, die zudem wegen fehlender Netzkapazitäten nicht einsetzbar seien. In manchen Bundesländern habe nur jeder zehnte Richter derzeit einen mobilen Dienstrechner.