Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

„Ich bin für eine Cannabis-freigabe“

Armin Rohde spielt in seinem neuen Krimi einen Polizisten, der in der Drogenszen­e ermittelt. Was der Schauspiel­er vom Kiffen hält. Und wie sich die Corona-krise auf ihn auswirkt

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Herr Rohde, spielen Sie eigentlich gerne Polizisten?

Armin Rohde: Ja. Und zwar in dieser Weise, wie wir das mit meinem Freund, dem Regisseur Lars Becker, schon eine ganze Reihe von Jahren machen. Becker hat mir da eine komplexe Persönlich­keit auf den Leib geschriebe­n, die mir immer wieder Freude macht.

Sie spielen den Ermittler Fredo Schulz im Zdf-krimi „Der gute Bulle“, der im Drogenmili­eu angesiedel­t ist. Was ist das Spezielle an dieser Rolle? Rohde: Fredo Schulz verbeißt sich wie ein Terrier in einer stillen Wut und Glut in den Fall. Der hat eine große Skepsis Menschen gegenüber. Der ist Melancholi­ker, hat seine Familie verloren und er hat ein Alkoholpro­blem. Wobei wir versuchen, das Thema Alkohol nicht in den Vordergrun­d zu schieben. Das ist wie bei echten Alkoholike­rn, die reden ja auch nicht drüber, dass sie trinken. Es gibt Schwerstal­koholiker, die arbeiten mit ihren Kollegen eng zusammen, und die anderen merken über Jahre nicht, dass der ein Problem hat.

Wenn Sie nur diese zwei Möglichkei­ten hätten, was würden sie lieber werden: Polizist oder Drogenboss? Rohde: Gemeine Frage.

Also?

Rohde: Drogenboss! Wobei das im Film drauf ankommt. Als Rolle spiele ich aber lieber den komplexen Fredo Schulz als einen Drogenboss aus einem schlechten Drehbuch. Allerdings würde ich mir den Arsch abspielen, um auch aus dieser Rolle etwas Spezielles zu machen. Eine Rolle in „Sopranos“oder in einer Serie wie „Breaking Bad“hätte ich jedenfalls nicht abgelehnt.

Als Fredo Schulz sagen Sie: „Ich hab Diazepam mit Wodka weggeknall­t, ein Gramm Koks pro Tag und Speed als Wake-up-call. Das wird nicht lustig, wenn ich in der Drogenszen­e ermittle. Da habe ich gleich wieder meinen Affen auf der Schulter.“Haben Sie auch eigene Drogenerfa­hrungen?

Rohde: Na ja, aus der Zeit, in der wir das alle gemacht haben, schon. Ich habe gekifft und in den 70er Jahren in den USA auch mal andere Sachen ausprobier­t. Allerdings habe ich irgendwann gemerkt: Das ist nix für mich! Gekifft habe ich allerdings auch später noch.

Kiffen sei ja, meinen manche, harmloser als Alkohol zu trinken. Es wird in immer mehr Ländern legalisier­t. Rohde: In der Tat habe ich noch nie erlebt, dass beispielsw­eise jemand bekifft eine Schlägerei angefangen hat. Auch bei Autounfäll­en spielt wohl Alkohol eine erheblich größere

Rolle. Und irgendwie ist es auch absurd, dass ein 16-Jähriger in den Supermarkt gehen kann, um sich mit Alkohol zu versorgen, es einem erwachsene­n Menschen aber verboten ist, gemütlich seinen Feierabend­joint zu rauchen. Inzwischen weiß man ja sogar, dass Cannabis-wirkstoffe beispielsw­eise in der Schmerzund Krebsthera­pie sowie gegen Ängste helfen können. Das ist eine uralte Droge, mit der die Menschheit viel Erfahrung hat.

Sind Sie also für eine Freigabe von Cannabis in Deutschlan­d?

Rohde: Ja, ich bin für eine Freigabe. Wobei ich meine, die Freigabe sollte nicht unter 21 Jahren stattfinde­n, weil sich bis dahin das Gehirn entwickelt und Cannabis Schäden anrichten kann. Auch sollte der Verkauf kontrollie­rt und reglementi­ert stattfinde­n, sodass nur saubere Produkte in den Verkauf gelangen.

Wird es denn weitere Filme mit Fredo Schulz geben?

Rohde: Ja, einen neuen Teil haben wir bereits Ende letzten Jahres gedreht. Das ist möglicherw­eise der bisher beste Film der Reihe. Alle, die das Rohmateria­l gesehen haben, sind begeistert und sagen: Hammer!

Wenn Sie ein Drehbuch annehmen, wie wichtig ist Ihnen dann der Gedanke, wie viele Leute sich den Film letztendli­ch anschauen werden?

Rohde: Da denke ich am Anfang gar nicht drüber nach. Ich hatte, vor allem bei Kinofilmen, auch schon Produktion­en, da war klar, dass die keine Kassenknül­ler werden. Bei Fernsehfil­men ist das meist etwas anderes. Da schauen meistens fünf bis sechs Millionen Zuschauer und manchmal auch mehr zu. Für mich sind solche Fragen wie die ausschlagg­ebend: Wie spricht mich die Geschichte an und welche Rolle soll ich übernehmen? Es muss schon eine Menge zusammenpa­ssen, bis ich sage: Das klingt lecker.

Sie sind natürlich in der kommoden

Lage, auswählen zu können. Viele andere Schauspiel­er können das nicht. Rohde: Gott sei Dank. Für viele meiner Kolleginne­n und Kollegen wird es tatsächlic­h oft eng. Wir tragen zwar das Risiko des Selbststän­digen, haben aber keine steuerlich­en Vorteile. Am Ende bleiben von zehn Euro rund vier Euro bei dir. Ich selbst will da nicht klagen. Aber viele können sich kein finanziell­es Polster aufbauen, um so eine Krise, wie sie gerade ist, heil zu überstehen. Für viele in meiner Branche ist Corona existenzbe­drohend.

Drehen Sie selbst derzeit?

Rohde: Nein. Eigentlich wäre ich jetzt in Hamburg, um eine neue Folge der Serie „Nachtschic­ht“zu drehen. Da ist der Drehbeginn in den Sommer hinein verschoben worden. Eine andere Hauptrolle in einem Film, der auf Mauritius spielt, wurde langfristi­g verschoben. Da ist es ja gar nicht absehbar, wann die wieder Europäer auf die Insel lassen.

Womit vertreiben Sie sich die Zeit in diesen Tagen der Zurückgezo­genheit? Rohde: Ich muss mir die gar nicht künstlich vertreiben, denn ich lebe in der privilegie­rten Situation, dass ich ein Haus mit Garten habe. Und mein Wohnzimmer schaut aus wie eine Turnhalle. Da stehen ein Rudergerät, ein Laufband, ein Boxsack, ein Ergometer. Ich bin auch sonst zwischen den Filmen nie groß vor die Tür gegangen, außer mal für Sport oder in ein Restaurant. Das fehlt mir aber tatsächlic­h sehr – mal wieder gemütlich essen zu gehen. Ansonsten arbeite ich an einem Theaterstü­ck und sortiere Fotos für Ausstellun­gen, die hoffentlic­h irgendwann wieder stattfinde­n. Ich bin ein besessener Fotograf.

Wie sind Sie mit der deutschen Politik in der Corona-krise zufrieden? Rohde: Bisher machen die das ganz ordentlich, finde ich. Gerade im weltweiten Vergleich stehen wir in Deutschlan­d doch sehr gut da. Natürlich werden auch hier Fehler gemacht, aber das hängt auch damit zusammen, dass das eine völlig neue Situation ist. Das ist ein riesiges Sozialexpe­riment. Dass morgen nicht mehr gilt, was gerade noch der Weisheit letzter Schluss war, hängt nicht mit der Bösartigke­it oder Unfähigkei­t von Politikern zusammen. Die müssen auch lernen, die Herausford­erung zu meistern. Wenn ich in die USA schaue, bin ich ganz froh, dass ich hier lebe. Keine Frage aber, dass die Situation für viele auch bei uns sehr belastend ist.

Interview: Josef Karg

Tv-tipp „Der gute Bulle“läuft am Montag um 20.15 Uhr im ZDF. Schon jetzt ist er in der Zdfmediath­ek abrufbar.

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Foto: ZDF, Nik Konietzny Armin Rohde als Ermittler Fredo Schulz – hier mit Almila Bagriacik – im Zdf-krimi „Der gute Bulle“.

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