Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Ein Wollfaden für jeden Knoten im Leben
In den katholischen Kirchen in Oberhausen und im Bärenkeller gibt es jetzt „Knotensäulen“
Gerade im Monat Mai bringen Katholiken ihre Sorgen und Nöte gerne vor das Bild „Maria Knotenlöserin“in St. Peter am Perlach. Inzwischen weltweit bekannt geworden, vor allem weil es Papst Franziskus so sehr schätzt, wird es seit über 300 Jahren verehrt. Das Bild zeigt Maria, die Mutter Gottes, wie sie an einem Band, das man ihr reicht, Knoten löst.
Normalerweise findet man vor diesem Bild in St. Peter am Perlach den ganzen Tag über Menschen. In diesen Zeiten jedoch ist nichts normal: Ein Schild am Eingangsportal von St. Peter weist darauf hin, dass die Kirche vorübergehend geschlossen bleibt. Martin Ziegelmayr, Vorsitzender des
Bürgervereins St. Peter am Perlach, begründet die Schließung, die voraussichtlich bis Ende Mai gelten soll, damit, dass sie die Richtlinien zu den Hygienemaßnahmen in der zu kleinen Kirche nicht hätten einhalten können.
Unabhängig davon entstand in der Pfarreiengemeinschaft Oberhausenbärenkeller die Idee, den Menschen Orte zu schaffen, wo sie den Mai hindurch ihre ganz eigenen „Knoten“im Leben sinnenfällig vor die Muttergottes, die „Knotenlöserin“, bringen können. Die Initiative ging von Pfarrer Bernd Weidner aus, der sich wiederum von einem Kollegen in München hat inspirieren lassen.
Und so sehen diese „Orte“aus: Jeweils vor den Marienfiguren in den Oberhauser Kirchen St. Konrad, St.
Peter und Paul, St. Josef und in St. Martin wurden Stelen aus Bauzaungittern aufgestellt und in Form gebracht. Daneben steht ein Körbchen mit bunten Wollfäden. Die Gläubigen, die tagsüber in die Kirchen kommen, sind eingeladen, sinnbildlich für ihre „Knoten“im Leben einen Wollfaden an das Gestell zu binden. Ein Besuch vor Ort, etwa in St. Konrad im Bärenkeller, zeigt eine „Knotensäule“, an der bereits ungezählte Fäden hängen – Wollfäden, Bänder, Freundschaftsbändchen. „Ich staune gerade, wie viele Menschen tagsüber hierher in die geöffneten Kirchen kommen“, so Pfarrer Bernd Weidner. Er weiß, dass die Menschen einen Ort brauchen, an den sie hingehen können „mit den Verwicklungen und Verwirrungen
in ihrem Leben.“Das können, so Weidner, „Ängste sein, die uns binden, innere Zwänge, die uns gefangen halten, Sorgen, die sich wie ein Knoten auf unsere Stimme legen und uns den Magen zusammenziehen“.
Wohin nun mit allem? Bilder, Symbole, Zeichen, so der Pfarrer, können trösten. Mit den „Knotensäulen“hätten sie in den vier Kirchen der Pfarreiengemeinschaft solche Orte bereitet, die Gläubige aufsuchen können. Sie bringen einen Wollfaden oder ein Bändchen an, zünden vielleicht eine Kerze vor der Marienfigur an und verweilen im Gebet. Geöffnet sind diese Kirchen täglich von 9 Uhr bis 18 Uhr. Für die Gottesdienste gelten noch immer strenge Zugangsbedingungen und Hygienemaßnahmen.