Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Abflug zu den Sternen

Wie wandlungsf­ähig und höchst innovativ David Bowie war, zeigt eindrückli­ch eine neue Graphic Novel

- VON CHRISTA SIGG

„So einen gibt’s nie wieder“– als David Bowie im Januar 2016 mit 69 Jahren dem Krebstod erlag, verloren selbst die Zyniker unter den Rock-exegeten für einen ausgedehnt­en Moment die Contenance. Von der abgebroche­nen Speerspitz­e war die Rede, vom exzentrisc­h-genialen Star natürlich und vom Dandy des Weltraumgl­am. Vor allem sei er wandlungsf­ähig wie ein Chamäleon gewesen. Aber ist es nicht so, dass ein Chamäleon nur die Umgebung

imitiert? Das Gegenteil war der Fall, Bowie schoss aus seinem Umfeld nur so heraus. Wie eine schillernd­e Diskokugel oder wenigstens wie eine Leuchtdiod­e im Ozean. Freilich ließ er sich auch inspiriere­n, saugte Ideen auf, um daraus Knüller zu formen, und schließlic­h war er offen für völlig unbekannte Galaxien.

Das vermittelt die neue Graphic Novel von Michael Allred, Steve Horton und der Zeichnerin Laura Allred, die die Verwandlun­gen Bowies – er selbst sprach nicht ganz ohne Eitelkeit von einer Evolution – in ausdruckss­tarke Bilder übersetzt hat. Dabei entschied sich das Autoren-trio für einen relativ kurzen Zeitraum: nämlich die Phase, in der David Robert Jones erst zu David Bowie und im entscheide­nden Schritt zu Ziggy Stardust wurde bis hin zum letzten Konzert mit den Spiders am 3. Juli 1973 in London.

Das ist so exorbitant und rasant geraten wie diese ganze frühe Karriere. Unfassbar viele Weggefährt­en zischen durch die Szenen, für Insider mag das ein ständiges „Ach schau, der auch“sein. Doch manchmal wirbelt einfach zu viel durcheinan­der, dann droht der an sich aufregende Hauptplot im Gerangel der Details auszufrans­en. Stattdesse­n würde man sich gerne etwas länger bei Andy Warhol und Velvet Undergroun­d aufhalten, bei Jeff Beck, dem Gitarren-überfliege­r, und beim morbiden Alice Cooper, ja selbst bei Bowies Idol Elvis und dem legendären Madison-square-garden-auftritt im Juni 1972.

Alles wird ja irgendwie verwurstet und ins Kultfähige transformi­ert.

Dass Bowie alias Ziggy für jeden Tipp dankbar ist, offenbart die sukzessive optische Veränderun­g, die Laura Allred in farbrausch­enden Bildern vorführt. Erst werden die blonden Haare kürzer, dann orange

Dieses Buch ist ein Comic-ereignis

und das Outfit spaciger, die Stiefel heben ab, Schminktöp­fe explodiere­n, Kansai Yamamoto entwirft zwischendu­rch Kostüme wie den ballonhaft ausladende­n „Tokyo Pop“-bodysuit, und endlich landet der rot-blaue Starkstrom­blitz überm Auge. Dieses Buch ist ein Comic-ereignis.

Dass die fade deutsche Übersetzun­g da nicht mithalten kann, ist der eigentlich­e Wermutstro­pfen an diesem sehr ambitionie­rten Projekt. Wobei die Lösung auch wieder ganz naheliegt: Man genießt die Bilder und hört Bowies Musik.

» Michael Allred,

Steve Horton, Laura Allred: Bowie.

Sternensta­ub, Strahlenka­nonen und Tagträume. Cross

Cult, 160 Seiten, 36

Euro.

 ?? Fotos: Cult Verlag, Picture Alliance ?? In der neuen Graphic Novel „Bowie“ist die Verwandlun­g des Superstars David Bowie in ausdruckss­tarken, ja farbrausch­enden Bildern zu sehen. Außerdem wurden unfassbar viele Weggefährt­en in Szene gesetzt.
Fotos: Cult Verlag, Picture Alliance In der neuen Graphic Novel „Bowie“ist die Verwandlun­g des Superstars David Bowie in ausdruckss­tarken, ja farbrausch­enden Bildern zu sehen. Außerdem wurden unfassbar viele Weggefährt­en in Szene gesetzt.
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany