Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Wenn sogar im Seniorengolf wenig los ist
Der Berichterstatter aus der westschwäbischen Provinz tut sich normalerweise eher schwer, wenn er den Kollegen in Augsburg einen Bericht über Basketball aufschwatzen will, damit halt auch die Leserschaft am Lech und in Landsberg auf dem Laufenden ist. Andere Sachen sind eben wichtiger und interessanter. Der kultige FCA sowieso und die Eishockey-panther auch. Vereinzelt treiben sich dort ja auch noch Augsburger – also aktuelle und somit vollwertige Augsburger – oder wenigstens gebürtige Augsburger rum. Zweitere stehen in der Hierarchie eine Stufe tiefer, ihnen haftet so etwas wie ein unausgesprochener Judas-makel an. Denn warum bitte ist der gebürtige Augsburger kein Vollwertaugsburger? Weil er irgendwann diese Stadt vorübergehend oder für immer verlassen hat. Bernd Schuster ist so einer. Was wollte der eigentlich bei Real Madrid? Er hätte Trainer beim FCA werden können oder wenigstens Zeugwart. Fahrlässig vergeben, diese Chance.
Der deutsche Basketball insgesamt und Ratiopharm Ulm im Besonderen leiden jedenfalls unter einem eklatanten Mangel an Vollwert-augsburgern und sogar an gebürtigen Augsburgern. Vielleicht tut sich der Berichterstatter aus der Provinz auch deswegen so schwer in den Verhandlungen mit den Kollegen aus Augsburg über Textlängen. Meist stehen seine Basketballer in direkter Konkurrenz zu Kanufahrern und einem Seniorengolfer aus Anhausen. Mal geht es so aus und mal so.
Jedenfalls früher. Corona hat alles verändert, der Berichterstatter aus der Provinz wird plötzlich überhäuft mit Anfragen aus Augsburg. Der FCA spielt zwar wieder, aber er hat gut und gerne seit zwei Wochen lang nicht mehr den Trainer gewechselt. Die Panther spielen gar nicht mehr, bei den Kanuten und im Seniorengolf ist es offensichtlich auch eher ruhig. Also insgesamt wenig los. Da ist es dann doch eine Meldung wert, wenn Göttingen (vom Sex-appeal her eine Art Paderborn des Basketballs) einen amerikanischen Spieler auswechselt. Dazu muss man wissen, dass Basketballvereine ihre amerikanischen Spieler öfter wechseln als der FCA seine Trainer.
Die Basketball-bundesliga hat demnach sehr viel richtig gemacht mit ihrer Entscheidung, diese Saison nicht abzubrechen, sondern einen Corona-meister auszuspielen. So albern, widersprüchlich, trostlos und sportlich belanglos dieses Saison-abschlussturnier in München auch sein mag – die Sportart ergreift die Gelegenheit am Schopf, sich in Zeiten mangelnder Alternativen aus ihrer Aufmerksamkeitsnische zu kämpfen. Der Berichterstatter aus der Provinz freut sich schon auf die Verhandlungen mit den Augsburger Kollegen. Endlich wird die Leserschaft am Lech und in Landsberg alles über Basketball erfahren. Einen Strich durch die Rechnung machen könnte ihm höchstens ein überraschend angesetztes Turnier im Seniorengolf. Oder ein Trainerwechsel beim FCA. Kann man ja bekanntlich nie ganz ausschließen.