Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Gewerkscha­fter auf dem Eis

Augsburgs Verteidige­r Tölzer über die Gründung einer Spielerver­einigung. Reimer aus Mindelheim zählt zu den treibenden Kräften

- VON MILAN SAKO

Augsburg Den Begriff Gewerkscha­ft will Steffen Tölzer nicht verwenden: „Wir wollen mit einer Stimme sprechen. Das wäre ideal. Ich würde eher von einer Spielerver­einigung reden“, sagt der Verteidige­r der Augsburger Panther, der seit 17 Jahren in der Deutschen Eishockeyl­iga (DEL) spielt, immer für die Augsburger Panther. Der Weg dorthin sei noch weit: „Da muss man auch Geld in die Hand nehmen. Früher gab es doch schon mal die VDE, die Vereinigun­g der Eishockeys­pieler. Aber die ist wieder verschwund­en“, erinnert sich Tölzer.

Die VDE war das Projekt des gebürtigen Füsseners Uli Hiemer. Der heute 57-Jährige, der mehrere Mcdonalds-filialen im Allgäu betreibt, hatte 1992 die VDE nach nordamerik­anischem Vorbild mitgegründ­et. In der Profiliga NHL vertritt die Players Associatio­n (NHLPA) die Interessen der Spieler. Hiemer schrieb nicht nur in dieser Hinsicht Eishockey-geschichte. Der Verteidige­r war der erste deutsche Profi in der NHL und spielte von 1984 bis 1987 für die New Jersey Devils.

Die VDE existiert nicht mehr. Nun denken die deutschen Spieler an eine Neubelebun­g dieser Idee.

Hintergrun­d ist auch, dass die DEL von ihren Angestellt­en verlangt, künftig auf bis 25 Prozent ihres Gehalts zu verzichten. Aufgrund der Einschränk­ungen durch die Corona-krise erwarten die Klubs einen Umsatzrück­gang bis zu

25 Prozent. Die

Folge: Alle neuen Spielerver­träge enthalten Corona-klauseln. Profis mit alten Arbeitspap­ieren müssen eine Zusatzvere­inbarung unterzeich­en. Erwirtscha­ften die Klubs mehr Geld als veranschla­gt, dann fällt der Abschlag geringer aus. Bei Zweifeln an den Umsatzerlö­sen des jeweiligen Klubs sollen die Spieler über einen eigenen Wirtschaft­sprüfer Einblick in Zahlen der jeweiligen Eishockey-gmbh erhalten.

Bereits länger verfolgen Patrick Reimer aus Nürnberg und Moritz Müller von den Kölner Haien die Gründung einer Spielerver­tretung. Die Corona-krise sei der ideale Zeitpunkt, um die Idee umzusetzen. „Im Moment gibt es so eine Aufbruchst­immung, dass wir gesagt haben: Jetzt ziehen wir’s durch. Wir können nicht immer nur reden. Wir müssen jetzt anpacken“, sagt Reimer

in einem Interview der Süddeutsch­en Zeitung. „Und da wir jetzt eine gewisse Aufmerksam­keit bekommen, werden wir es auch durchziehe­n müssen“, betont der Olympia-zweite von 2018.

Reimer fordert ein Mitsprache­recht der Profis, die in der DEL ihr Geld verdienen und künftig auf Teile ihres Gehalts verzichten sollen. „Das gehört dazu, dass wir uns in solchen Situatione­n Gehör verschaffe­n. Für die Liga ist es ja auch schwierig, die Situation von 300 oder 400 Spielern individuel­l zu besprechen. Es gibt da sehr unterschie­dliche Verträge“, erklärt der 37 Jahre alte Kapitän der Nürnberg

Ice Tigers und Rekordtors­chütze der Liga. Nach dem Gewinn der Silbermeda­ille 2018 in Pyeongchan­g beendete der gebürtige Mindelheim­er seine internatio­nale Karriere. Reimer und Müller wollen keine Konfrontat­ion mit der Liga: „Wir wollen definitiv nicht in einen Krieg gegen die DEL ziehen. Es geht uns darum, eine Kommunikat­ionsebene zu finden, um gemeinsame Lösungen zu erarbeiten, auch, wie wir diese Krise überstehen“, sagt Reimer. Den Spielern sei bewusst, „dass es Einschnitt­e geben wird und dass wir vor einer ungewissen Zukunft stehen. Umso wichtiger wäre es, mit einer Stimme sprechen zu können.“

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Patrick Reimer

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