Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Corona ist auch am Vatertag präsent
Traditionell begehen viele Männer ihren Ehrentag in Gruppen umherziehend mit Bollerwagen und allerlei berauschenden Getränken. Doch das Coronavirus ist auch jetzt zu spüren. Und nicht überall kann gefeiert werden
Der Vatertag: Bei mancher Frau berüchtigt, manchem Mann beinahe heilig. Schließlich nutzen gerade Männer diesen Tag, um tatsächlichen oder vermeintlichen Traditionen nachzugehen – die in der Regel mit Bier zu tun haben. Bei dem einen oder anderen auch mit viel Bier, wie Jahr für Jahr in Presse- und Polizeiberichten zu lesen ist. In der Männerclique mit Bollerwagen zum Biergarten oder Badesee ziehen – ein lieb gewonnenes Kulturgut. Oder zumindest ein Gut. Jetzt aber herrscht Corona und das Virus macht auch an diesem Tag keine Ausnahme für die Herren der Schöpfung.
Es ist beinahe Mittag am Wittelsbacher Park, der hier gelegene Biergarten ist an die Corona-vorgaben angepasst. Die Bedienungen tragen Masken, es gibt einen Empfangstisch an dem auch der entschlossenste Vatertags-vertreter seine Anschrift hinterlassen muss und um des Abstands willen erstrecken sich Sitz- und Stehgelegenheiten über 18 000 Quadratmeter. Dirk Tschenscher, Service-chef von Feinkost Kahn, Betreiber des Parkgartens, erklärt: „Wir haben Platz für 450 Gäste und rechnen heute mit einem vollen Tag.“Trotz der Maßnahmen, die in seinen Augen die Gastronomie stark einschränken, wie etwa dem Biergartenschluss um 20 Uhr, setzt Tschenscher laut eigener Aussage darauf, dass die Menschen nach Wochen ohne Ausgehmöglichkeiten das sonnige Wetter an diesem Donnerstag genießen wollen. Und natürlich auf den Vatertag, immer ein umsatzstarker Tag für die Gastronomie.
Auch viele Tische sind bereits besetzt, es leuchten die Maßkrüge und Weißbiergläser golden in der Sonne. Aus Boxen schallt Blasmusik und von der Kongresshalle zieht der würzig-fette Geruch von Brathähnchen herüber. An einem Tisch werden bereits die ersten Fläschchen Jägermeister geklopft. Wären da nicht die unnatürlich wirkenden Abstände bei vielen Tischgemeinschaften und die fast omnipräsenten Mundschutzmasken – es wäre ein vertrauter Anblick am Vatertag.
Unterhält man sich mit Gästen, hört man immer wieder die gleichen Aussagen: Endlich könne man sich wieder treffen, die Masken zum Toilettengang seien unsinnig und mancher würde gerne länger sitzen, schließlich seien die Kneipen zu. Antonio Gramegna, Werner Flöss und Stefan Echtler sind Teil einer Clique, sie treffen sich am Vatertag. Die Männer sind gut gelaunt und genießen die Sonne: „Endlich wieder gemeinsam in den Biergarten ist top, noch schöner wäre es ohne die Auflagen“. Wie lange die Männer bleiben, wissen sie noch nicht, sagen sie.
Doch nicht überall in Augsburg sieht es zu dieser Uhrzeit so aus wie an der Kongresshalle. Fährt man durch die Innenstadt, fällt eines auf: kaum Menschen auf der Straße, schon gar keine Männergruppen. Vereinzelt sitzen Grüppchen im Außenbereich der Restaurants und Cafés, die geöffnet haben. Vielleicht sind auf sich selbst anstoßende Männer in den Biergärten der Innenstadt zu finden? Zumindest nicht im Drei Königinnen: Vor dem Lokal in der südlichen Jakobervorstadt steht man am frühen Nachmittag vor verschlossenem Türchen. Der Biergarnen ten öffnet laut Facebook erst um 17 Uhr, um Reservierung wird gebeten. Im Thing in der Altstadt lässt sich der Durst gar erst ab dem kommenden Montag stillen. Vielleicht lohnt es sich, in diesen Corona-tagen erst ab einer gewissen Größe zu öffnen. Selbst am Vatertag.
Über einen großen Biergarten verfügt die Brauerei Riegele am Hauptbahnhof. Aufgrund der Corona-regelungen bietet er aber aktuell nur Platz für etwa 150 Gäste, wie eine Mitarbeiterin erklärt. Zu den Maßnahmen hat sie die gleiche Meinung wie alle Gastronomen, mit de
man sich dieser Tage unterhält: Vieles ist gut. Manches, wie die kurzen Öffnungszeiten, würden die ohnehin sehr angespannte Lage der Gastronomie weiter zuspitzen. Wie die Mitarbeiterin verrät, akzeptieren die Gäste nahezu klaglos die Vorschriften. Seit zwei Tagen gibt es einen Reservierungsstopp, weil der Andrang so groß ist. Im Riegelebiergarten sitzen Familien, Ehepaare und Vatertags-feiernde beisammen. Es geht gemütlich zu. Auch Uwe, Uli, Martin und Stefan genießen „ihren“Tag. Uwe sagt: „Wir machen traditionell die Bollerwagen-tour. Oft zum Stadtberger Stadtfest.“Dieses Jahr gibt es statt Bollerwagen eben Biergarten. Aber auch hier lasse es sich aushalten, sagen die vier. Es sei gut, überhaupt so etwas wie den Biergarten besuchen zu können. Den wollen die vier Freunde noch ein Weilchen genießen – wie lange, lassen sie offen. Der Kneipenbesuch am Abend ist jedenfalls keine Option. Aber die sind ja ohnehin geschlossen.