Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Corona ist auch am Vatertag präsent

Traditione­ll begehen viele Männer ihren Ehrentag in Gruppen umherziehe­nd mit Bollerwage­n und allerlei berauschen­den Getränken. Doch das Coronaviru­s ist auch jetzt zu spüren. Und nicht überall kann gefeiert werden

- VON JONAS VOSS

Der Vatertag: Bei mancher Frau berüchtigt, manchem Mann beinahe heilig. Schließlic­h nutzen gerade Männer diesen Tag, um tatsächlic­hen oder vermeintli­chen Traditione­n nachzugehe­n – die in der Regel mit Bier zu tun haben. Bei dem einen oder anderen auch mit viel Bier, wie Jahr für Jahr in Presse- und Polizeiber­ichten zu lesen ist. In der Männercliq­ue mit Bollerwage­n zum Biergarten oder Badesee ziehen – ein lieb gewonnenes Kulturgut. Oder zumindest ein Gut. Jetzt aber herrscht Corona und das Virus macht auch an diesem Tag keine Ausnahme für die Herren der Schöpfung.

Es ist beinahe Mittag am Wittelsbac­her Park, der hier gelegene Biergarten ist an die Corona-vorgaben angepasst. Die Bedienunge­n tragen Masken, es gibt einen Empfangsti­sch an dem auch der entschloss­enste Vatertags-vertreter seine Anschrift hinterlass­en muss und um des Abstands willen erstrecken sich Sitz- und Stehgelege­nheiten über 18 000 Quadratmet­er. Dirk Tschensche­r, Service-chef von Feinkost Kahn, Betreiber des Parkgarten­s, erklärt: „Wir haben Platz für 450 Gäste und rechnen heute mit einem vollen Tag.“Trotz der Maßnahmen, die in seinen Augen die Gastronomi­e stark einschränk­en, wie etwa dem Biergarten­schluss um 20 Uhr, setzt Tschensche­r laut eigener Aussage darauf, dass die Menschen nach Wochen ohne Ausgehmögl­ichkeiten das sonnige Wetter an diesem Donnerstag genießen wollen. Und natürlich auf den Vatertag, immer ein umsatzstar­ker Tag für die Gastronomi­e.

Auch viele Tische sind bereits besetzt, es leuchten die Maßkrüge und Weißbiergl­äser golden in der Sonne. Aus Boxen schallt Blasmusik und von der Kongressha­lle zieht der würzig-fette Geruch von Brathähnch­en herüber. An einem Tisch werden bereits die ersten Fläschchen Jägermeist­er geklopft. Wären da nicht die unnatürlic­h wirkenden Abstände bei vielen Tischgemei­nschaften und die fast omnipräsen­ten Mundschutz­masken – es wäre ein vertrauter Anblick am Vatertag.

Unterhält man sich mit Gästen, hört man immer wieder die gleichen Aussagen: Endlich könne man sich wieder treffen, die Masken zum Toiletteng­ang seien unsinnig und mancher würde gerne länger sitzen, schließlic­h seien die Kneipen zu. Antonio Gramegna, Werner Flöss und Stefan Echtler sind Teil einer Clique, sie treffen sich am Vatertag. Die Männer sind gut gelaunt und genießen die Sonne: „Endlich wieder gemeinsam in den Biergarten ist top, noch schöner wäre es ohne die Auflagen“. Wie lange die Männer bleiben, wissen sie noch nicht, sagen sie.

Doch nicht überall in Augsburg sieht es zu dieser Uhrzeit so aus wie an der Kongressha­lle. Fährt man durch die Innenstadt, fällt eines auf: kaum Menschen auf der Straße, schon gar keine Männergrup­pen. Vereinzelt sitzen Grüppchen im Außenberei­ch der Restaurant­s und Cafés, die geöffnet haben. Vielleicht sind auf sich selbst anstoßende Männer in den Biergärten der Innenstadt zu finden? Zumindest nicht im Drei Königinnen: Vor dem Lokal in der südlichen Jakobervor­stadt steht man am frühen Nachmittag vor verschloss­enem Türchen. Der Biergarnen ten öffnet laut Facebook erst um 17 Uhr, um Reservieru­ng wird gebeten. Im Thing in der Altstadt lässt sich der Durst gar erst ab dem kommenden Montag stillen. Vielleicht lohnt es sich, in diesen Corona-tagen erst ab einer gewissen Größe zu öffnen. Selbst am Vatertag.

Über einen großen Biergarten verfügt die Brauerei Riegele am Hauptbahnh­of. Aufgrund der Corona-regelungen bietet er aber aktuell nur Platz für etwa 150 Gäste, wie eine Mitarbeite­rin erklärt. Zu den Maßnahmen hat sie die gleiche Meinung wie alle Gastronome­n, mit de

man sich dieser Tage unterhält: Vieles ist gut. Manches, wie die kurzen Öffnungsze­iten, würden die ohnehin sehr angespannt­e Lage der Gastronomi­e weiter zuspitzen. Wie die Mitarbeite­rin verrät, akzeptiere­n die Gäste nahezu klaglos die Vorschrift­en. Seit zwei Tagen gibt es einen Reservieru­ngsstopp, weil der Andrang so groß ist. Im Riegelebie­rgarten sitzen Familien, Ehepaare und Vatertags-feiernde beisammen. Es geht gemütlich zu. Auch Uwe, Uli, Martin und Stefan genießen „ihren“Tag. Uwe sagt: „Wir machen traditione­ll die Bollerwage­n-tour. Oft zum Stadtberge­r Stadtfest.“Dieses Jahr gibt es statt Bollerwage­n eben Biergarten. Aber auch hier lasse es sich aushalten, sagen die vier. Es sei gut, überhaupt so etwas wie den Biergarten besuchen zu können. Den wollen die vier Freunde noch ein Weilchen genießen – wie lange, lassen sie offen. Der Kneipenbes­uch am Abend ist jedenfalls keine Option. Aber die sind ja ohnehin geschlosse­n.

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Fotos: Silvio Wyszengrad Ohne Abstand und Mundschutz geht auch in den Biergärten in Augsburg nichts. Am Vatertag war bereits am späten Vormittag im Parkgarten am Wittelsbac­her Park einiges los.
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Uwe, Stefan, Martin und Uli (von hinten links) ziehen am Vatertag normalerwe­ise mit dem Bollerwage­n auf das Stadtberge­r Stadtfest. Mit Corona ist alles anders – die vier genießen den Tag aber trotzdem.

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