Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Leerstände zu füllen wird immer schwerer

Die Corona-krise trifft den Handel mit voller Wucht. Leer stehende Gewerbeflä­chen lassen sich immer schwerer vermieten. Dazu kommt die Angst, dass auch in Top-lagen bald Geschäfte aufgeben und Lücken hinterlass­en

- VON ANDREA WENZEL

Die Karolinens­traße und auch der Perlachber­g hatten sich zuletzt als Sorgenkind­er entpuppt, wenn es um die Ansiedlung von Einzelhand­elsgeschäf­ten ging. Durchgangs­verkehr, zu wenig Parkplätze, die Hanglage oder die unattrakti­ve Gestaltung der Straßenzüg­e wurden immer wieder als Gründe genannt, warum Kunden diese Lagen wenig attraktiv finden und sich Einzelhänd­ler folglich schwer tun. Karolinens­traße und Perlachber­g sind von einer Top- zur Nebenkernl­age geworden. Corona verschärft diese Entwicklun­g nun weiter.

Mittlerwei­le stehen in der Karolinens­traße das ehemalige Eiscafé „Cortina“, der frühere „Champion“-laden, das Modegeschä­ft „Prima Moda“und der Billig-laden „Stop & Shop“leer. Auch am Perlachber­g sind drei Ladengesch­äfte direkt hintereina­nder teils schon längere Zeit verwaist. Und die ehemalige Fläche des Schuhgesch­äfts Beitelrock direkt am Perlachtur­m ist nach wie vor nicht neu vermietet (das Schuhgesch­äft ist unter dem neuen Namen Hartlmaier in die Steingasse gezogen). Bislang haben die Stadt und Händlergem­einschafte­n versucht, mit Zwischenlö­sungen wie Pop-up-stores entgegenzu­wirken und währenddes­sen neue Mieter zu gewinnen. Jetzt, da der Einzelhand­el wegen der Krise enorm unter Druck steht, wird dieses Vorhaben allerdings noch schwierige­r.

Viele Händler kämpfen ums Überleben. Neueröffnu­ngen von Geschäften scheinen daher in weiter Ferne: „Wir müssen leider davon ausgehen, dass es künftig schwerer werden wird, Gewerbeflä­chen an den klassische­n Einzelhand­el zu vermieten. Vor allem auch in Randlagen“, ist sich Ulrich Mayer, erster Vorsitzend­er des Innenstadt­gewerbebei­rats, sicher. Während er einen kompletten Neustart als besonders schwierig einstuft, hätten es auch eingesesse­ne Unternehme­n derzeit schwer. Noch könnten einige Geschäfte durch Rücklagen und Eigenkapit­al den Betrieb am Leben halten. Was aber kommt, wenn demnächst beispielsw­eise im Textilhand­el die Winterware bezahlt werden muss, kann Mayer nur erahnen. „Schon jetzt stehen Unternehme­n wie Karstadt Galeria unter einem Schutzschi­rm“, gibt er zu bedenken. Ob sich dann im Herbst die

weiter erhöht, weil Geschäfte aufgeben müssen, will er nicht hoffen, kann es aber auch nicht ausschließ­en.

Von einem solchen Szenario könnten dann aber nicht nur Randlagen wie eben die Karolinens­traße oder der Perlachber­g betroffen sein, sondern auch Top-lagen wie die Annastraße. Das zeigt schon jetzt ein Aushang im Schaufenst­er von Gusti-leder: „Wir wissen nicht, ob wir unseren Laden zukünftig wieder öffnen können oder Insolvenz anmelden müssen“, steht dort geschriebe­n. Dabei hat das Geschäft erst vor Kurzem als Nachfolger von Obag einen neuen Leerstand am oberen Teil der Annastraße Richtung Karlstraße hin verhindert.

Wie sich die Lage generell weiter entwickeln wird, weiß keiner so genau. Aber neben all den schwierige­n Meldungen gibt es auch Hoffnungss­chimmer. Das Vorhaben, das ehemalige Attinger-haus in der Annaleerst­andsquote straße in mehrere kleine Einheiten aufzuteile­n und schon bald mit neuen Konzepten zu bespielen, geht weiter auf. 150 Quadratmet­er sind bereits fest an einen Sporttexti­lherstelle­r vermietet. Für die beiden anderen Einheiten habe man feste Interessen­ten, heißt es seitens Lührmann Immobilien. Auch das Augsburger Modehaus Benesch hält an seinem Umzug ins ehemalige Esprit-gebäude an der Hummelpass­age fest. Dieser musste jedoch wegen Corona auf Herbst verschoben werden.

Aufgeschob­en ist hier zumindest nicht aufgehoben. An anderen Stellen muss dagegen neu überlegt werden, wie den Leerstände­n begegnet werden kann. Peter Wagner von Wagner Immobilien sagt: „Gerade Nebenkernl­agen wie die Karolinens­traße müssen künftig noch flexibler sein und nicht mehr nur auf den klassische­n Handel setzen“. So sei in einem dortigen Ladengesch­äft auch mal eine Arztpraxis denkbar oder die Flächen könnten von Autohäuser­n zur Präsentati­on neuer Modelle genutzt werden. „Wir hatten schon Anfragen dieser Art“, erzählt Wagner. Die Chancen für neue Ideen bringe die Corona-krise also mit, allerdings seien diese auch mit Kosten verbunden. „Sie müssen dann die Immobilie auf die Bedürfniss­e dieser Mieter anpassen.“

Immerhin: Ulrich Mayer, der als Vorsitzend­er des Innenstadt­gewerbebei­rats auch den Tabakwaren­und Spirituose­n-laden No.7 in der Steingasse führt, hat den Eindruck, die Krise hat den stationäre­n Handel wieder stärker ins Bewusstsei­n vieler Kunden gerückt. „Sie haben nun erlebt, was es für eine Innenstadt bedeutet, wenn kaum noch Läden geöffnet haben. Vielleicht animiert das ja einige, wieder verstärkt vor Ort zu kaufen“, hofft er. Dann könnte auch der Neustart im Handel gelingen – und weitere Leerstände verhindert werden.

 ?? Foto: Ulrich Wagner ?? In der Karolinens­traße stehen mehrere Geschäfte leer. Die Corona-krise macht es nun noch schwierige­r, neue Mieter für die Ladenfläch­en zu finden.
Foto: Ulrich Wagner In der Karolinens­traße stehen mehrere Geschäfte leer. Die Corona-krise macht es nun noch schwierige­r, neue Mieter für die Ladenfläch­en zu finden.

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