Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Leerstände zu füllen wird immer schwerer
Die Corona-krise trifft den Handel mit voller Wucht. Leer stehende Gewerbeflächen lassen sich immer schwerer vermieten. Dazu kommt die Angst, dass auch in Top-lagen bald Geschäfte aufgeben und Lücken hinterlassen
Die Karolinenstraße und auch der Perlachberg hatten sich zuletzt als Sorgenkinder entpuppt, wenn es um die Ansiedlung von Einzelhandelsgeschäften ging. Durchgangsverkehr, zu wenig Parkplätze, die Hanglage oder die unattraktive Gestaltung der Straßenzüge wurden immer wieder als Gründe genannt, warum Kunden diese Lagen wenig attraktiv finden und sich Einzelhändler folglich schwer tun. Karolinenstraße und Perlachberg sind von einer Top- zur Nebenkernlage geworden. Corona verschärft diese Entwicklung nun weiter.
Mittlerweile stehen in der Karolinenstraße das ehemalige Eiscafé „Cortina“, der frühere „Champion“-laden, das Modegeschäft „Prima Moda“und der Billig-laden „Stop & Shop“leer. Auch am Perlachberg sind drei Ladengeschäfte direkt hintereinander teils schon längere Zeit verwaist. Und die ehemalige Fläche des Schuhgeschäfts Beitelrock direkt am Perlachturm ist nach wie vor nicht neu vermietet (das Schuhgeschäft ist unter dem neuen Namen Hartlmaier in die Steingasse gezogen). Bislang haben die Stadt und Händlergemeinschaften versucht, mit Zwischenlösungen wie Pop-up-stores entgegenzuwirken und währenddessen neue Mieter zu gewinnen. Jetzt, da der Einzelhandel wegen der Krise enorm unter Druck steht, wird dieses Vorhaben allerdings noch schwieriger.
Viele Händler kämpfen ums Überleben. Neueröffnungen von Geschäften scheinen daher in weiter Ferne: „Wir müssen leider davon ausgehen, dass es künftig schwerer werden wird, Gewerbeflächen an den klassischen Einzelhandel zu vermieten. Vor allem auch in Randlagen“, ist sich Ulrich Mayer, erster Vorsitzender des Innenstadtgewerbebeirats, sicher. Während er einen kompletten Neustart als besonders schwierig einstuft, hätten es auch eingesessene Unternehmen derzeit schwer. Noch könnten einige Geschäfte durch Rücklagen und Eigenkapital den Betrieb am Leben halten. Was aber kommt, wenn demnächst beispielsweise im Textilhandel die Winterware bezahlt werden muss, kann Mayer nur erahnen. „Schon jetzt stehen Unternehmen wie Karstadt Galeria unter einem Schutzschirm“, gibt er zu bedenken. Ob sich dann im Herbst die
weiter erhöht, weil Geschäfte aufgeben müssen, will er nicht hoffen, kann es aber auch nicht ausschließen.
Von einem solchen Szenario könnten dann aber nicht nur Randlagen wie eben die Karolinenstraße oder der Perlachberg betroffen sein, sondern auch Top-lagen wie die Annastraße. Das zeigt schon jetzt ein Aushang im Schaufenster von Gusti-leder: „Wir wissen nicht, ob wir unseren Laden zukünftig wieder öffnen können oder Insolvenz anmelden müssen“, steht dort geschrieben. Dabei hat das Geschäft erst vor Kurzem als Nachfolger von Obag einen neuen Leerstand am oberen Teil der Annastraße Richtung Karlstraße hin verhindert.
Wie sich die Lage generell weiter entwickeln wird, weiß keiner so genau. Aber neben all den schwierigen Meldungen gibt es auch Hoffnungsschimmer. Das Vorhaben, das ehemalige Attinger-haus in der Annaleerstandsquote straße in mehrere kleine Einheiten aufzuteilen und schon bald mit neuen Konzepten zu bespielen, geht weiter auf. 150 Quadratmeter sind bereits fest an einen Sporttextilhersteller vermietet. Für die beiden anderen Einheiten habe man feste Interessenten, heißt es seitens Lührmann Immobilien. Auch das Augsburger Modehaus Benesch hält an seinem Umzug ins ehemalige Esprit-gebäude an der Hummelpassage fest. Dieser musste jedoch wegen Corona auf Herbst verschoben werden.
Aufgeschoben ist hier zumindest nicht aufgehoben. An anderen Stellen muss dagegen neu überlegt werden, wie den Leerständen begegnet werden kann. Peter Wagner von Wagner Immobilien sagt: „Gerade Nebenkernlagen wie die Karolinenstraße müssen künftig noch flexibler sein und nicht mehr nur auf den klassischen Handel setzen“. So sei in einem dortigen Ladengeschäft auch mal eine Arztpraxis denkbar oder die Flächen könnten von Autohäusern zur Präsentation neuer Modelle genutzt werden. „Wir hatten schon Anfragen dieser Art“, erzählt Wagner. Die Chancen für neue Ideen bringe die Corona-krise also mit, allerdings seien diese auch mit Kosten verbunden. „Sie müssen dann die Immobilie auf die Bedürfnisse dieser Mieter anpassen.“
Immerhin: Ulrich Mayer, der als Vorsitzender des Innenstadtgewerbebeirats auch den Tabakwarenund Spirituosen-laden No.7 in der Steingasse führt, hat den Eindruck, die Krise hat den stationären Handel wieder stärker ins Bewusstsein vieler Kunden gerückt. „Sie haben nun erlebt, was es für eine Innenstadt bedeutet, wenn kaum noch Läden geöffnet haben. Vielleicht animiert das ja einige, wieder verstärkt vor Ort zu kaufen“, hofft er. Dann könnte auch der Neustart im Handel gelingen – und weitere Leerstände verhindert werden.