Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Verdacht auf Missbrauch: So sollten sich Eltern verhalten
● Es können ganz kleine Zeichen sein, die auf einen Kindesmissbrauch hindeuten – Verhaltensänderungen, die schwer zu erkennen sind, sagt die Leiterin der bayerischen Kinderschutzambulanz in München, Elisabeth Mützel. Deshalb rät sie Eltern, empathisch und hellhörig zu sein, auf spontane Äußerungen zu achten und Signale ernst zu nehmen. Abklären sollten Eltern Angstzustände, Schlafund Essstörungen sowie aggressives Verhalten, empfiehlt die Polizeiliche Kriminalprävention (PROPK). Auf der Internetseite „Missbrauch verhindern“ bündelt die Polizei gemeinsam mit der Opferschutzorganisation Weißer Ring Hinweise und Hilfsangebote.
● Auf keinen Fall sollten Kinder in Gesprächen unter Druck gesetzt werden, betont Mützel. Die Expertin rät auch von Suggestivfragen ab, die die Jungen und Mädchen in eine gewisse Richtung führen könnten. Ruhige und tiefe Gespräche seien wichtig, bei denen sich das Kind auch wohlfühle. Der Münchner Familientherapeut Klaus Neumann warnt aber ausdrücklich davor, zu viel von Jungen und Mädchen zu verlangen. „Man kann den Kindern nicht alles auflasten“, sagt der Beauftragte für Kindeswohl und Kinderrechte beim Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen. Es sei viel wert, ihnen das Gefühl zu geben, sie dürften erzählen. Oft sei aber die Hemmschwelle sehr hoch. „Eltern sehen auch gerne mal über Dinge hinweg, die sie nicht sehen möchten, weil es sonst unangenehme Folgen hätte“, gibt der Experte zu bedenken. „Hinterher sagen sie oft: Ich hatte immer schon ein komisches Gefühl.“
● Wichtig sei es, sich bei Auffälligkeiten direkt guten Rat zu holen. Die Polizei empfiehlt ausdrücklich, einen Verdacht zu äußern und Missbrauchsfälle anzuzeigen. „Bei einer Vermutung, die eher einem schlechten Gefühl nahekommt, muss ich mir zunächst klar darüber werden, welche Verhaltensweisen des Kindes mich stutzig machen“, sagt Propk-chef Harald Schmidt. Um das einzuordnen, können Eltern sich Unterstützung bei einer Beratungsstelle holen. Der Weiße Ring etwa bietet ein Opfer-telefon unter der Nummer 116 006 an. „Auf keinen Fall sollte man einen Verdacht ignorieren oder damit allein bleiben“, mahnt Schmidt. (dpa)