Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Löwens Schuss ins Glück
Der 23-jährige Bundesligaprofi zeigt, warum ihn der FC Augsburg in der Winterpause aus Berlin geholt hat. Seit vier Spieltagen steht er in der Anfangsformation. Warum sein Freistoßtor gegen Schalke kein Zufall war
Anlass, in einer Jubeltraube übereinander herzufallen, den gab es. In der Zeit vor Corona, mancher wird sich daran erinnern, hätte Eduard Löwens Treffer für emotionale Ausbrüche gesorgt. So aber kamen die Mitspieler des FC Augsburg an, drückten Fäuste aneinander und überbrachten zurückhaltend ihre Glückwünsche. Innere Freude ist das Gebot der Stunde.
Der Schönheit des Freistoßtores nahm der nüchterne Jubel nichts. Löwen hatte den Ball angeschnitten, dieser drehte sich Richtung Toreck und perlte ins Netz. Keine sechs Minuten waren zwischen Schalke und dem FCA gespielt. Entschieden war längst noch nichts, doch dieser Treffer war von immenser Bedeutung. Er gab den Augsburgern Sicherheit, nachdem sie in den Spielen zuvor reihenweise Negativerlebnisse verbuchten. Letztlich war Löwens Tor die Basis für den souveränen 3:0 (1:0)-Erfolg in Gelsenkirchen.
Das Tor des 23-Jährigen entsprang keinem Zufall, Mitspieler hatten prophezeit, dass Löwen ein Freistoßtor gelingen würde. Im Nachgang der Partie erzählte der Winterneuzugang vom hohen Aufwand, den er in Standardsituationen investiert. „An Freistößen arbeite ich sehr viel, da stecke ich viel Zeit rein. Ich freue mich, dass ich ein Tor machen konnte.“
Bereits im Sommer wollte Fcasportgeschäftsführer Stefan Reuter den zentralen Mittelfeldspieler vom 1. FC Nürnberg nach Augsburg lotsen, der ehemalige U21-nationalspieler entschied sich aber für Hertha BSC. Als Löwen im Wintertrainingslager auf Malta zum FCA stieß, sah der damalige Trainer Martin Schmidt in ihm ein Puzzlestück, das im Kader gefehlt habe. Ein „Boxto-box“-spieler, einer, der zwischen den Strafräumen agiert, defensiv wie offensiv.
Löwen ist bis Sommer 2021 ausgeliehen und will sich als Stammkraft etablieren. Seit vier Spieltagen steht er in der Startelf, nachdem er zuvor kürzere Einsatzzeiten bekam. Als Erscheinung ist er imposant: knapp 1,90 Meter groß, mit Muskeln bepackt. Gegen Schalke brachte Löwen seine physische Stärke ein. Neben Florian Niederlechner, ebenfalls ein bulliger Kerl, attackierte der Offensivspieler die Schalker Abwehrspieler an vorderster Verteidigungslinie; hinter den beiden liefen Rani Khedira und Carlos Gruezo, der den geschonten Daniel Baier ersetzte, die Gegenspieler an.
Löwen wirkte zufrieden, weil die Taktik aufgegangen war. „Es ging über Kampf und über Pressing, das musst du in so einer Situation an den Tag legen. Wir haben das wirklich ziemlich gut gemacht, durch die Bank, von Anfang bis Ende“, sagt er. Nicht nur er zeigte sich erleichtert, dass nach vier Niederlagen am Stück der Abwärtstrend gestoppt wurde. „Wir hatten es satt, so viele
Spiele verloren zu haben“, sagt Löwen trotzig.
Die Augsburger verließen als verdienter Sieger den Platz. Wobei Löwen einräumte, dass der Erfolg durch weitere Treffer von Noah Sarenren Bazee und Sergio Córdova etwas hoch ausfiel. „Denn so viele Chancen hatten wir nicht“, gestand Löwen.
Nach dem ersten Bundesligasieg des FCA auf Schalke überhaupt machte sich der Augsburger Tross sogleich auf den Heimweg. Erholung ist angesagt. Bereits am Mittwoch empfängt der FCA den SC Paderborn (20.30 Uhr), drei Tage später tritt er bei Löwens Stammverein
„Wir hatten es satt, so viele Spiele verloren zu haben.“
Fca-torschütze Eduard Löwen
Hertha BSC an (15.30 Uhr). Fcatrainer Heiko Herrlich, der erfolgreich an der Seitenlinie debütierte, blickte unmittelbar nach dem Auswärtssieg bereits auf Mittwoch. „Wir müssen still feiern, wir haben nur drei Tage Regeneration.“
Selbst der austrainierte Löwen war froh, als ihn Herrlich gegen Schalke nach 70 Minuten vom Feld nahm. Eigentlich wolle er immer durchspielen, merkte er an. „Heute muss ich zugeben, dass ich kaputt und am Ende war. Natürlich ist es ein sehr aufwendiger Spielstil, wenn du vorne ständig presst. Aber es hat sich ausgezahlt, das ist es wert.“
Für den FCA zahlte sich das 3:0 doppelt aus, die Ausgangslage für einen Verbleib in der Liga hat sich am vergangenen Spieltag nicht nur wegen des eigenen Erfolgs verbessert. Weil Fortuna Düsseldorf am Sonntagabend im Derby gegen Köln noch einen 2:0-Vorsprung aus der Hand gab, ist der Vorsprung auf den Relegationsplatz gegen den Abstieg auf sechs Punkte angewachsen. Mit einem Erfolg gegen Paderborn käme der FCA dem Klassenerhalt einen gewaltigen Schritt näher.