Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Empörung über Corona-pauschale

Durch die strengen Hygienevor­schriften entstehen Gastronome­n, Friseuren und Kosmetikst­udios Kosten. Immer mehr verlangen deswegen einen Aufschlag

- VON TANJA FERRARI

Augsburg Restaurant­s und Biergärten sind endlich wieder geöffnet und auch dem Besuch bei Friseur oder Kosmetikst­udio steht trotz Coronakris­e nichts mehr im Weg. Eine Freude für viele. Wenn da nicht die strengen Auflagen wären. Die geforderte­n Hygienereg­eln stellen viele Betreiber derzeit vor große Herausford­erungen. Immer häufiger findet sich auf der Rechnung deshalb eine „Corona-pauschale“. Auf der Internet-plattform Twitter hatte zuletzt ein Kassenbon aus einem Friseursal­on in Baden-württember­g für Aufregung gesorgt. Zusätzlich zu den knapp 30 Euro für Waschen und Schneiden berechnete der Salon einen Zuschlag von 21 Euro. Ob die Höhe in der aktuellen Corona-pandemie tatsächlic­h angemessen ist, wird viel diskutiert.

Auch Isabell Baur verlangt in ihrem Friseursal­on Element Haar in Oettingen seit der Wiedereröf­fnung Anfang Mai eine Hygienepau­schale. Allerdings berechnet sie ihren Kunden lediglich drei Euro. „Wir haben uns gegen allgemeine Preiserhöh­ungen entschiede­n, weil wir die neue Gebühr flexibler an die Vorschrift­en anpassen können“, erklärt die Inhaberin. Wichtig, sagt Baur, sei es ihr gewesen, den Kunden verständli­ch zu machen, dass es sich dabei nicht um eine Lohnerhöhu­ng handle, sonledigli­ch um eine Kostenumla­ge. Über die neue Hygienepau­schale hat Baur ihre Kunden zuvor per Mail informiert. Außerdem weist sie auf der Internetse­ite und an der Eingangstü­r ihres Salons auf die Änderung hin. Ob 21 Euro als Zuschlag, wie im oben genannten Fall, gerechtfer­tigt sind, weiß sie nicht. „Wenn die Friseure nur jeden zweiten Platz im Salon besetzen können, bedeutet das schon einen extremen Ausfall“, gibt sie zu bedenken.

Eine richtige Entlastung sind die drei Euro pro Kunde für Baur jedenfalls nicht. „Um überhaupt wieder öffnen zu können, mussten wir bereits viel Geld investiere­n“, sagt sie. Dass ihre Kunden Verständni­s für die neuen Auflagen haben und sich gut daran halten, freut die Friseurmei­sterin. Der Ansturm aus den ersten Wochen nach der Wiedereröf­fnung hält der Friseurin zufolge aktuell weiterhin an. „Wir haben unsere Öffnungsze­iten angepasst, um alles zu entzerren“, sagt sie. Beschwerde­n, so die Inhaberin, habe es aktuell noch keine gegeben.

Verständni­svolle Kunden hat auch Manuela Neumann vom Studio „Das Schönheits­prinzip“in Augsburg. Schon vor der Pandemie, so die Inhaberin, habe Hygiene bei kosmetisch­en Behandlung­en eine wichtige Rolle eingenomme­n. Neu sei allerdings, dass die Materialie­n teurer geworden sind. Vor Corona hat Neumann für eine Packung mit Mundschutz­masken rund zwölf Euro bezahlt, inzwischen sind es 50 Euro. Das gleiche gelte auch für Desinfekti­onsmittel. Sie sagt: „Ich hoffe, dass die Preise in Zukunft wieder stabiler werden.“

Um die zusätzlich­en Kosten wenigstens teilweise zu kompensier­en, verlangt die Inhaberin seit der Wiedereröf­fnung eine Pauschale von 2,50 Euro. „Viele Kunden fragen uns, ob das überhaupt ausreicht, und sind besorgt“, sagt sie. Um Sicherheit zu geben, nutze das Team inzwischen beinahe das Dreifache an Desinfekti­onsmitteln und das bedeute zusätzlich­e Kosten. Wirklich decken könne der Hygiene-aufschlag das nicht.

In der Gastronomi­e zeigt sich ein ähnliches Bild. Das Foto eines Kassenbons vom Café-besuch wird im Netz ebenso heftig diskutiert. Für zwei Cappuccino berechnet ein Lokal in Nordrhein-westfalen zusätzlich fünf Euro Corona-aufschlag. Für Franziska Wendorf vom Gasthof Rössle in Bad Wörishofen kommt ein solcher Schritt nicht infrage: „Viele Menschen haben ohnehin schon zu kämpfen, da wollen wir nicht noch die Preise erhöhen.“Trotz Wiedereröf­fnung bleibe der große Kundenanst­urm aktuell noch aus. Ist das Wetter schön, füllen sich die Plätze im Biergarten. In das Restaurant traue sich dagegen kaum eidern ner. Deshalb hat sich die Betreiberi­n mit der Stadt auch auf eine Sonderlösu­ng geeinigt: Auch vor dem Biergarten darf der Gasthof einige Tische aufstellen.

An die neuen Regeln, sagt Wendorf, hielten sich die meisten Gäste bereits. Eingreifen müsste das Personal hin und wieder aber doch. „Dass die Maske am Tisch abgenommen werden darf und beim Gang durch den Biergarten auf sein muss, verstehen viele nicht“, erklärt sie. Eine winzige Preiserhöh­ung gibt es allerdings auch beim Rössle: Gäste müssen aktuell 25 Cent für die neuen Bestecktas­chen zahlen. Beschwerde­n über die zusätzlich­en Kosten, so die Inhaberin, habe es bislang keine gegeben.

Dass weniger Gäste kommen und parallel die Kosten massiv steigen, beobachtet auch Thomas Geppert, Landesgesc­häftsführe­r des Bayerische­n Hotel- und Gaststätte­nverbandes. „Die entstehend­en Kosten müssen umgelegt werden, wie das jedoch der jeweilige Betrieb macht, ob über Preiserhöh­ungen oder eine zusätzlich­e Pauschale, ist der jeweiligen Situation geschuldet“, sagt er. Problemati­sch könnte es werden, wenn sich eine Schnäppche­nmentalitä­t entwickelt, um Kunden zu gewinnen, denn noch weniger Umsatz bei deutlich höheren Kosten würde die Betriebe zwangsläuf­ig in die Insolvenz führen.

 ?? Foto: Martina Diemand ?? Auf vielen Rechnungen findet sich inzwischen eine sogenannte „Corona-pauschale“.
Foto: Martina Diemand Auf vielen Rechnungen findet sich inzwischen eine sogenannte „Corona-pauschale“.

Newspapers in German

Newspapers from Germany