Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Welche Rolle nimmt Baier künftig ein?
Die Einsatzzeiten des Fca-kapitäns nehmen ab. Vor dem Spiel in Berlin äußert sich Trainer Herrlich zu dem 36-Jährigen
Als ihm die Tv-reporterin nach dem 0:0 gegen den SC Paderborn zu seinem 300. Bundesligaspiel gratulierte, da machte Daniel Baier kein Geheimnis daraus, dass er sich sein Jubiläum anders vorgestellt hatte. Das „Dankeschön“kam gequält über die Lippen, in seinem Gesicht spiegelte sich keine überbordende Freude wider. Das torlose Unentschieden gegen das Schlusslicht war nicht das Ergebnis, das sich der Fca-kapitän vom zweiten Heimspiel nach der Corona-zwangspause erhofft hatte.
Mit einem Sieg hätte Augsburg den Abstand auf den Relegationsplatz gewahrt, nach dem Erfolg von Düsseldorf hat sich dieser auf vier Punkte verringert. „Jeder Punkt hilft uns in dieser Situation“, sagte Baier, kritisierte dann aber auch umgehend: „Natürlich wollten wir nachlegen. Wir wollten wie auf Schalke heute gewinnen, aber dafür muss man besser spielen und dann auch die Torchancen nutzen.“
Nicht sauber und nicht zwingend genug habe man nach vorne gespielt. Damit nahm er auch sich selbst in die Pflicht. Was Baier anpackte, hatte Hand und Fuß – wie bei fast allen 299 Bundesliga-partien zuvor, die er für den FCA absolvierte. Doch die zündende Idee fiel auch ihm nicht ein. Und somit war sein Jubiläumsspiel nach 67 Minuten beendet. Normalerweise wäre ihm tosender Applaus der FCA-FANS sicher gewesen, denn Baier ist Publikumsliebling. Seit nunmehr zwölf Jahren trägt er das Fca-trikot, ist der letzte Spieler, der den Erstliga-aufstieg 2011 aktiv auf dem Platz erlebte. So aber gab es nur spärlichen Beifall von den eigenen Auswechselspielern in der sonst menschenleeren Arena.
Trainer Heiko Herrlich hatte Baier auf Schalke geschont, „damit er die nötige Frische hat“. Carlos
Gruezo hatte gespielt, Baier saß 90 Minuten auf der Bank. Dass Herrlich dann Baier am Mittwoch nach einer guten Stunde positionsgetreu durch den Nationalspieler aus Ecuardor ersetzte, kam überraschend. Baier hatte eine Passquote von 86 Prozent, 37 seiner 43 gespielten Pässe waren angekommen und es stand 0:0. Bisher galt Baier, 36, gegenüber Gruezo, 25, als der kreativere Spieler.
Ob Baier gegen Hertha BSC (Samstag, 15.30 Uhr/sky) von Beginn an spielt, scheint offen. Auf den Augsburger Kapitän angesprochen tätigte Herrlich eher allgemeine Aussagen. Er erinnerte an Baiers prägenden Einfluss und seine Verdienste im vergangenen Jahrzehnt. „Ich war als neutraler Fußballfan immer ein Fan von seiner Art und Weise zu spielen“, schwärmte Herrlich. „Er ist ein ganz wichtiger Leistungsfaktor für unsere Mannschaft.“
Fakt ist, Baier hat seinen Vertrag im Januar um ein Jahr bis Juni 2021 verlängert. Fakt ist auch, Baier ist 36 Jahre alt und wird keine 34 Spiele mehr über 90 Minuten absolvieren können. Neben Gruezo könnten im aktuellen Kader noch Felix Götze,
Jan Moravek oder Reece Oxford die Position bekleiden. Baier wird sich wohl nur dauerhaft auf die Bank setzen, sollte sich ein Konkurrent aufdrängen. Körperlich zollt er seinem Alter Tribut, technisch und spielerisch zählt er weiterhin zu den Besten im Kader. In Berlin könnte Gruezos aggressivere Zweikampfführung für dessen Einsatz sprechen.
Herrlich will jedenfalls rotieren lassen und vom Wechselkontingent Gebrauch machen. Angesichts der stärkeren Belastung nach der Corona-zwangspause dürfen die Trainer fünf- statt dreimal auswechseln. Herrlich plädiert sogar für noch mehr Wechsel. „Ich hatte vor Wochen schon einmal mit Stefan Reuter so ein Gespräch, wo ich ihm das vorgeschlagen habe, was jetzt passiert. Ich hatte sogar sechs Spieler mit drei Wechselzeiten vorgeschlagen“, erzählte er vor dem Paderbornspiel.
Die Belastungen würden immer mehr und man habe taktisch noch viel mehr Möglichkeiten. Herrlich weiter: „Dann könnte man komplett zwei neue Außenbahnspieler und zwei neue Stürmer bringen. Das würde das Spiel total verändern.“