Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Wieder Corona-ausbruch in Fleischfabrik
Bei Tönnies gibt es schon 400 Infizierte. Der Landkreis reagiert mit drastischer Maßnahme
Rheda-wiedenbrück/berlin Mit mindestens 400 Infizierten gibt es erneut einen folgenreichen Coronaausbruch in einer deutschen Fleischfabrik. Die Produktion in dem Schlachtbetrieb in Westfalen wurde eingestellt, der Kreis Gütersloh schließt Schulen und Kitas und stellt gut 7000 Menschen unter Quarantäne. Durch die Schließung fehlen laut Gütersloher Landrat 20 Prozent der Fleischprodukte auf dem deutschen Markt. In Berlin-neukölln stieg währenddessen die Zahl der Infizierten in den Wohnblöcken, die unter Quarantäne gestellt sind: Inzwischen sind 70 Fälle bekannt. Sowohl in NRW als auch in Berlin treffe es ärmere Familien, die beengt und abgeschottet wohnten, stellte ein Berliner Gesundheitsamtsleiter eine Parallele her.
Der neue Ausbruch im Schlachtbetrieb trifft mit Tönnies einen Branchenriesen. Deutschlands Marktführer bei der Schlachtung von Schweinen muss seinen Hauptproduktionsbetrieb in Rheda-wiedenbrück herunterfahren. Landrat Sven-georg Adenauer geht davon aus, dass der Produktionsstopp zwischen 10 bis 14 Tagen dauern wird. Für den Landkreis will Adenauer einen allgemeinen Lockdown verhindern, obwohl die wichtige Marke von 50 Neuinfektionen pro 100000 Einwohner in sieben Tagen deutlich überschritten sei. Gereon Schulze
Althoff, Leiter des Pandemiestabs bei Tönnies, nannte die Kälte in der Produktion und die Heimreisen der Beschäftigten an den langen Wochenenden an Pfingsten und Fronleichnam nach Osteuropa als mögliche Faktoren für die Ausbreitung des Virus. Nrw-ministerpräsident Armin Laschet sagte auf die Frage, was der Corona-ausbruch bei Tönnies über die bisherigen Lockerungen aussage: „Das sagt darüber überhaupt nichts aus, weil Rumänen und Bulgaren da eingereist sind und da der Virus herkommt. Das hat nichts mit Lockerungen zu tun, sondern mit der Unterbringung von Menschen in Unterkünften und Arbeitsbedingungen in Betrieben.“
Auch der Corona-ausbruch in Berliner Wohnblöcken stellt aus Sicht eines Berliner Amtsarztes eher kein Risiko für die Bevölkerung der Hauptstadt dar. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein berlinweites Problem entstehe, sei „nicht besonders groß“, sagte der Leiter des Gesundheitsamts Reinickendorf, Patrick Larscheid.
Er stellte einen Zusammenhang zu den Ausbrüchen in NRW her: Die Betroffenen hier wie dort lebten so abgeschottet, dass das Virus wohl nicht überschwappe. Die Gruppen seien arme und zum großen Teil auch bildungsferne Menschen, sagte der Amtsarzt. Sie seien schwer zu schützen.