Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Was den FCB und den SCP verbindet
Wenn man davon ausgeht, dass Kinder ab dem dritten Lebensjahr ein Bewusstsein für den Fußball entwickeln, haben Elfjährige noch keinen anderen deutschen Fußballmeister erlebt als den FC Bayern. Das ist nicht schlimm und für die Entwicklung der Sprösslinge kein Schaden. Anders sieht es aus, wenn dieser Zustand noch über Jahre hinaus anhält. Der FC Bayern hat gerade seinen achte deutsche Meisterschaft in Folge gewonnen. Nicht einmal das welterschütternde Coronavirus hat daran etwas zu ändern vermocht.
Es gibt keine Hinweise, dass sich an der Bayern-dominanz mit weiteren Titeln über die nächsten Jahrzehnte hinaus etwas ändern könnte. Irgendwann aber werden die Kinder die Bundesliga für eine Organisation halten, die dafür geschaffen wurde, den Roten, und zwar ausschließlich den
Roten, die Meisterschale zu kredenzen. So wie viele junge Menschen, die in ihrem Leben noch nie eine andere Regierungschefin als Angela Merkel erlebt haben, glauben, der Bundestag sei so etwas wie die Bundesliga, der alle vier Jahre aufs Neue Merkel zur Kanzlerin wählt.
Einen kleinen Unterschied, liebe Kinder, gibt es doch. Angela Merkel tritt nächste Saison nicht mehr an. Der FC Bayern käme nie auf diese Idee. Sein Hunger nach Erfolg ist grenzenlos. Er ist die Grundlage seiner Existenz. Und er weiß, wie man hochkommt. Er weiß auch, wie man oben bleibt. Ersteres haben schon viele geschafft. Werder Bremen zum Beispiel. 0:1-Verlierer und damit Münchner Titelbeschaffer vom Dienstag. Viermal Meister, siebenmal Vize – aber nie beständig oben. Hamburg, Dortmund, selbst Kaiserslautern – alle schon einmal in der Endabrechnung vor den Bayern, aber nie lange dort geblieben. Nur Borussia Mönchengladbach hat den Roten in den 70er Jahren Paroli geboten. Ihre letzte Meisterschaft liegt 43 Jahre zurück.
In Wahrheit also ist die Bundesliga eine Versammlung von 18 Klubs, die ohne ihr spannendstes Element, den Titelkampf, auskommen muss. Stattdessen gibt es ein mäßig aufregendes Ringen um die Teilnahme an Champions League und Europa League. Der eigentliche Krimi findet am Ende des Feldes statt, wenn zwei der Abgeordneten unter Tränen die Bundesliga verlassen müssen. Wie im richtigen Leben trifft es hier nicht immer die Schlechtesten und schon gar nicht die Unsympathischsten.
So verabschieden wir uns im vorliegenden Fall vom SC Paderborn, einem kleinen Außenseiter, dem kein langes Dasein unter den Reichen und Mächtigen im Oberhaus vorherbestimmt war. Die Paderborner haben sich im Rahmen ihrer bescheidenen Möglichkeiten abgestrampelt. Sie haben unser Herz. Der FC Bayern hat unseren Respekt. So hat jeder bekommen, was er verdient hat.