Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
„Weibliches Können wird gebraucht“
Mit groß- und auch kleinformatigen Werken ist die Malerin Rosa Loy in der Galerie Noah zu sehen. Ein Gespräch über die Rolle der Frau, die Zusammenarbeit mit ihrem Mann Neo Rauch und ihren Künstlernamen
Wiederholt hat sie in der Galerie Noah ausgestellt: Rosa Loy, diese Malerin der sogenannten Neuen Leipziger Schule, 1958 in Zwickau geboren. Knapp 40 Gemälde und Arbeiten sind es im Glaspalast diesmal, die unter dem Titel „Aussicht“bis 19. Juli zu sehen sind. Hier ein Interview mit der Malerin, über deren Werke ihr Ehemann, der berühmte Künstler Neo Rauch, bei der Vernissagen-ansprache erklärte: „Rosas Bilder sind es, die mich wie ein schützender Elfenreigen umgeben, und die den Platz, den sie an der Wand innehaben, mit den Jahren zu Lichthöhlungen im Mauerwerk vertieft haben.“
Eigentlich müssten Sie dieser Tage in Bayreuth sein – für die Wiederaufnahme des auch von Ihnen ausgestatteten „Lohengrin“!
Rosa Loy: Ja, aber es wäre nicht so viel zu machen gewesen bei den Bühnenorchesterproben. Nur überprüfen, ob alles noch ordentlich aussieht.
Sind Frauenfiguren aus dem Bayreuther „Lohengrin“mittlerweile auch in Ihrer freien Kunst aufgetaucht?
Loy: Ja, vor zwei Jahren habe ich blaue Bilder gemalt. Da tauchten speziell Elsa und Ortrud auf. Ich war bei der Neuinszenierung 2018 überrascht, welche Beziehungen man als Opernregisseur zwischen den beiden herauslesen kann: einerseits den Antagonismus Gut/böse, andererseits eine ambivalente Freundschaft.
Schildern Sie in Ihren Werken Träume, Visionen, Ahnungen, Situationen? Loy: Weniger Träume, mehr Visionen und Wünsche. Und scheinbare Banalitäten des Alltags. Oft sind ja – in der Wirklichkeit wie in meinen Bildern – Kleinigkeiten zu sehen, die dann ganz groß werden.
Was schildern diese Visionen und
Wünsche?
Loy: Die Spezifik des gegenwärtig Weiblichen. Was uns Frauen ausmacht, was unsere Stärken, unsere Potenziale sind. Und unsere Schönheit.
Sie zeigen in erster Linie Frauen, die tätig sind und beschäftigt, keine hingegossenen Modelle. Inwieweit hat sich die Rolle der Frau nach der deutschen Wende verändert?
Loy: Wir besaßen in der DDR schon bestimmte Errungenschaften – wofür wir natürlich hart bezahlt haben.
Aber Anerkennung und Wertschätzung der Frauen waren durchaus gegeben. Seit der Wende erleben wir nun, dass weibliches Können, weibliche Lösungsansätze gebraucht und auch akzeptiert werden. Weil sich die globale Situation – Völkerwanderungen, nicht mehr ausreichend Arbeit für alle – so stark verändert hat. Wir können uns nicht leisten, auf den weiblichen Blick zu verzichten.
Gibt es Erfahrungen aus der Zeit vor der Wiedervereinigung, die in Ihren Bildern eine Rolle spielen?
Loy: Ja, das sind die arbeitenden Frauen. Ich bin so erzogen worden, dass Frauen arbeiten. Die Arbeit, die Tätigkeit ist ein inneres Bedürfnis. Auch meine Großmutter in Niederbayern hatte einen Bauernhof zu organisieren.
Haben Sie sich eigentlich mal mit Sabine Moritz über Ihre Erfahrungen ausgetauscht? Auch sie stammt aus der ehemaligen DDR, auch sie ist Künstlerin – und die Frau eines berühmten Malers: Gerhard Richter.
Loy: Nein, ich kenne sie aber vom her. Auch mit Oda Jaune, der Witwe von Jörg Immendorff, habe ich nie gesprochen. Es gibt ja so viele „Mauer-paare“– auch in anderen Berufen: Architekten, Ärzte.
Begreifen Sie Ihre Bilder als heller, hoffnungsvoller als die Ihres Mannes
Neo Rauch?
Loy: Das würde ich nicht vergleichen, unsere Bilder sind jeweils anders. Es wäre ja schrecklich, wenn wir die gleichen Bilder malen würden.
Analysieren, kritisieren Sie sich gegenseitig? Segnen Sie Ihre Bilder gegenseitig ab?
Loy: Na ja, es ist so: Wenn man malt, ist man ja immer auch ein wenig betriebsblind. Wir laden uns gegenseitig ein, wenn wir Rat brauchen. Dann geht es rein um Komposition, Farbe, Überschneidungen, nicht um Inhaltliches. Jedenfalls gibt es kein Reinplatzen, keine ungebetenen Ratschläge. Das käme sonst oft zur falschen Zeit, kann verletzend sein und einen Prozess stören.
Wovon profitieren Sie – künstlerisch betrachtet – gegenseitig voneinander? Was gelingt Ihnen besser, was Ihrem Mann?
Loy: Das kann ich nicht sagen. Es hilft uns sehr, dass wir uns gegenseitig korrigieren.
Zieht sich ein roter Faden durch diese Ausstellung hier in der Galerie Noah? Loy: Der rote Faden ist der hohe große Raum. Da muss ich einfach größere Bilder hängen. Das ist also weniger inhaltlich gedacht als gestaltungstechnisch.
Sie malen mit Kasein, nicht mit Öl oder Acryl. Warum?
Loy: Angefangen habe ich mit Kasein-farben, weil mich die Malerei auf Putz in italienischen Renaissance-kirchen so begeistert hat. Ich mag das Leichte. Ich könnte auch mit Acryl malen, aber die Oberfläche gefällt mir nicht so. Außerdem hat es etwas schönes Alchemistisches, wenn man seine Farben selbst herstellt.
Malen Sie ein Bild nach dem anderen oder an mehreren Bildern gleichzeitig? Loy: Meistens an drei Bildern gleichsehen zeitig – wenn das erste fast fertig ist, beginne ich das zweite, und wenn das fast fertig ist, das dritte. Dann kehre ich wieder zum ersten zurück. So habe ich genug Abstand von den Arbeiten.
Wie kam es eigentlich zum Künstlernamen Rosa Loy?
Loy: Der Frauenvorname „Rosa“hat mir immer gut gefallen und „Loy“ist eine Frauenfigur aus Gottfried Kellers Novelle „Der Landvogt von Greifensee“– auch wenn sie dort „Leu“geschrieben wird. Und der Leu, also der Löwe, ist auch das Wappentier von Leipzig. Eigentlich könnte ich mir für jede meiner Tätigkeiten einen eigenen Namen zulegen – auch als Ehefrau, Hausfrau, Mutter. Aber das wäre dann ein bisschen zu viel.
Möchten Sie den Betrachterinnen und Betrachtern Ihrer Bilder einen Hinweis mit auf den Weg geben?
Loy: Eigentlich wäre es schön, wenn die Menschen vor den Bildern ihre eigenen Geschichten finden. Man kann da gar nicht viel sagen.
Interview: Rüdiger Heinze