Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Omas Urne will nach Südtirol
Der Philosophie-professor Georg Gasser hat das Drehbuch für ein Roadmovie geschrieben. Selbst letzte Fragen kommen locker rüber
Lassen sich tiefste Fragen nach dem Lebenssinn in einen Animationsfilm packen? Georg Gasser, an die Universität Augsburg neu berufen auf die Professur für Philosophie der Katholisch-theologischen Fakultät, hat es unternommen. Der 41-jährige Tiroler, der eine interdisziplinäre Forschergruppe von Philosophen und Theologen koordiniert, schrieb den Plot für das Roadmovie „Sternenstaub und Seelenvogel“um Linda, die Yogalehrerin, und Andy, den Investmentbanker. Beide sind jung und dynamisch, sie freuen sich auf den gemeinsamen Urlaub auf Mallorca, als überraschend Lindas geliebte Oma stirbt. Ihren Letzten Willen will sie erfüllen, doch dabei kommt ihr selbst die Diagnose Gehirntumor in die Quere.
Einigen Redebedarf ergeben solche Situationen, die als Fremdkörper mitten ins gewohnte Leben platzen. Andy gibt den coolen Pragmatiker. Soll doch ein Lkw-fahrer die Urne der Oma nach Südtirol mitnehmen! Und dass Linda glaubt, bedeutungsvolle Zeichen zu empfangen, bloß weil eine Pflanze wackelt, tut er als unvernünftig ab. Doch die Hartnäckigkeit von Linda erschüttert er damit nicht. Sie fragt nach dem Wesen der Liebe, die sogar über den Tod hinausreicht, und ob ein Gott existiert. Auch über ihr eigenes Verhältnis zum Sterben und dem, was danach kommt, redet sie.
Linda und Andy sind gezeichnete Figuren in der Art einer Graphic Novel, oft eingebettet in eine fotorealistische Umgebung. Ihre Dialoge lassen Persönlichkeiten mit Leib und Seele erstehen. Emotionen fließen ein. „Mir war eine spezielle Vermittlung in eine moderne Lebenswelt wichtig“, erklärt Professor Georg Gasser im Gespräch mit unserer Redaktion. Er möchte junge Menschen heranführen an Fragen und Inhalte, die sich in jedem Leben stellen. In dem Film sollten sie Anknüpfungspunkte an ihre eigenen persönlichen Erfahrungen entdecken. Warum trifft Menschen eine schwere Krankheit? Warum müssen sie sterben? Und was kommt danach? Die Frage nach dem verborgenen Gott, dem tragenden Sinn unseres Daseins, den lohnenden Zielen im Leben.
Dahinter stecken Debatten, welche die Menschheit seit Jahrtausenden führt. In Philosophie und Theologie werden sie noch immer abgehandelt und darauf befragt, wie sie in einer wissenschaftlichtechnischen Welt intellektuell befriedigend beantwortet werden können. In das Drehbuch von „Sternenstaub und Seelenvogel“sind sechs Jahre interdisziplinäre Forschung im Feld „Analytic Theology“eingeflossen. Eingebunden in das Projekt sind Gelehrte aus den Universitäten Innsbruck, Augsburg und Regensburg, der Hochschule für Philosophie München und der Philosophisch-theologischen Hochschule Sankt Georgen bei Frankfurt. Kräftig finanziell gefördert hat das geisteswissenschaftliche Projekt seit 2012 die amerikanische John-templeton-stiftung.
„Wir wollten die Fragen und Antworten, um die wir gerungen haben, für viele Menschen fruchtbar machen“, sagt Gasser, der in Innsbruck, in London und in Chicago an der University of Notre Dame studiert hat. Er zitiert auf der Website den 18-jährigen Schüler Julian mit den Worten: „Ich begreife, dass das Christentum keine Religion für Idioten ist.“Eine weitere Plattform dafür ist die Tablet-app „God Seeker – Was die Welt im Innersten zusammenhält“. Sie erschließt in Videos und Texten ein breites Feld an grundlegenden Fragen. Mit einem Quiz können die Nutzer herausfinden, welche klassischen Denker ihren eigenen Überzeugungen am meisten entsprechen.
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Zu finden ist der Film auf der Website www.sternenstaub-seelenvogel.de