Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Therapie per Video droht das Aus
Grüne warnen vor Corona-gefahr, wenn Ausnahmen wegfallen
Berlin Corona macht erfinderisch und hat auch im medizinischen Bereich einen Schub an Digitalisierung bewirkt: So setzten neben Ärzten auch Physio-, Ergo und Ernährungstherapeuten sowie Logopäden verstärkt auf die Telemedizin und behandeln online Patienten ohne Ansteckungsgefahr. Denn seit Mitte März war es auch für sogenannte „Heilmittelerbringer“möglich, bestimmte Leistungen wie Krankengymnastik in der Pandemie über Video und Internet anzubieten und mit den Kassen abzurechnen. Doch damit soll bereits kommende Woche überraschend Schluss sein.
Die gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Maria Klein-schmeink, kritisiert, dass therapeutische Fernbehandlungen laut einer Empfehlung der Krankenkassenverbände ab dem 1. Juli ersatzlos wegfallen sollen. „Die Pandemie ist noch nicht vorbei, wie immer wieder neu auftretende Ausbrüche zeigen und gerade Risikopatienten sollten weiterhin jedes Ansteckungsrisiko meiden“, warnt die Grünen-politikerin.
„Risikopatienten leiden häufig an mehreren Erkrankungen zugleich, für sie wäre es fahrlässig, sich in eine Praxis zu begeben.“Es drohe nicht nur eine höhere Ansteckungsgefahr, sondern auch, dass Betroffene wegen des Risikos verschriebene Leistungen meiden. „Monatelang auf jede Therapie zu verzichten kann ihren Zustand verschlechtern“, warnt die Gesundheitsexpertin.
Klein-schmeink fordert nun in einem offenen Brief die Krankenkassen und ihre Verbände auf, den therapeutischen Berufen die Videotherapie weitere drei Monate zu ermöglichen und anschließend eine Bestandsaufnahme zu machen. „Am Ende könnte eine dauerhafte Ermöglichung der Videotherapie oder eine Kombination von Videotherapie und Präsenzbehandlungen für bestimmte Therapien und Patienten stehen“, sagt die Grüne. Die Videotherapie eigne sich zwar nur für bestimmte Fälle, könne dann aber eine angemessene Versorgung leisten.
Die Bundesverbände der Kassen wollen die Erlaubnis und damit die Kostenübernahme mit Ende des Quartals auslaufen lassen. Sie verweisen in ihren Empfehlungen dabei auf die „eingeleiteten Lockerungsmaßnahmen durch die Bundesregierung der mit der Pandemie einhergehenden Einschränkungen des täglichen Lebens“. Zudem sei die Videotherapie nicht durch die Heilmittel-richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses von Ärzteund Kassenvertretungen gedeckt.