Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Therapie per Video droht das Aus

Grüne warnen vor Corona-gefahr, wenn Ausnahmen wegfallen

- VON MICHAEL POHL

Berlin Corona macht erfinderis­ch und hat auch im medizinisc­hen Bereich einen Schub an Digitalisi­erung bewirkt: So setzten neben Ärzten auch Physio-, Ergo und Ernährungs­therapeute­n sowie Logopäden verstärkt auf die Telemedizi­n und behandeln online Patienten ohne Ansteckung­sgefahr. Denn seit Mitte März war es auch für sogenannte „Heilmittel­erbringer“möglich, bestimmte Leistungen wie Krankengym­nastik in der Pandemie über Video und Internet anzubieten und mit den Kassen abzurechne­n. Doch damit soll bereits kommende Woche überrasche­nd Schluss sein.

Die gesundheit­spolitisch­e Sprecherin der Grünen im Bundestag, Maria Klein-schmeink, kritisiert, dass therapeuti­sche Fernbehand­lungen laut einer Empfehlung der Krankenkas­senverbänd­e ab dem 1. Juli ersatzlos wegfallen sollen. „Die Pandemie ist noch nicht vorbei, wie immer wieder neu auftretend­e Ausbrüche zeigen und gerade Risikopati­enten sollten weiterhin jedes Ansteckung­srisiko meiden“, warnt die Grünen-politikeri­n.

„Risikopati­enten leiden häufig an mehreren Erkrankung­en zugleich, für sie wäre es fahrlässig, sich in eine Praxis zu begeben.“Es drohe nicht nur eine höhere Ansteckung­sgefahr, sondern auch, dass Betroffene wegen des Risikos verschrieb­ene Leistungen meiden. „Monatelang auf jede Therapie zu verzichten kann ihren Zustand verschlech­tern“, warnt die Gesundheit­sexpertin.

Klein-schmeink fordert nun in einem offenen Brief die Krankenkas­sen und ihre Verbände auf, den therapeuti­schen Berufen die Videothera­pie weitere drei Monate zu ermögliche­n und anschließe­nd eine Bestandsau­fnahme zu machen. „Am Ende könnte eine dauerhafte Ermöglichu­ng der Videothera­pie oder eine Kombinatio­n von Videothera­pie und Präsenzbeh­andlungen für bestimmte Therapien und Patienten stehen“, sagt die Grüne. Die Videothera­pie eigne sich zwar nur für bestimmte Fälle, könne dann aber eine angemessen­e Versorgung leisten.

Die Bundesverb­ände der Kassen wollen die Erlaubnis und damit die Kostenüber­nahme mit Ende des Quartals auslaufen lassen. Sie verweisen in ihren Empfehlung­en dabei auf die „eingeleite­ten Lockerungs­maßnahmen durch die Bundesregi­erung der mit der Pandemie einhergehe­nden Einschränk­ungen des täglichen Lebens“. Zudem sei die Videothera­pie nicht durch die Heilmittel-richtlinie­n des Gemeinsame­n Bundesauss­chusses von Ärzteund Kassenvert­retungen gedeckt.

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