Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

So kämpft AKK gegen rechtsextr­eme Elitesolda­ten

Das Kommando Spezialkrä­fte steht vor einem Umbruch. Mit der „Schweineko­pfparty“begann eine Serie hässlicher Skandale. Von Einzelfäll­en kann heute keiner mehr sprechen. Jetzt steht die Truppe auf dem Prüfstand

- VON BERNHARD JUNGINGER

Berlin Die Elitetrupp­e der Bundeswehr steht vor einer grundlegen­den Reform – gelingt diese nicht, droht ihr sogar das Aus. Nach einer Serie von rechtsextr­emistische­n Vorfällen in den Reihen des Kommandos Spezialkrä­fte (KSK) hat Verteidigu­ngsministe­rin Annegret Kramp-karrenbaue­r (CDU) mit einer Liste von Gegenmaßna­hmen reagiert. Unter anderem wird eine von vier Kompanien aufgelöst und der Einheit die Verantwort­ung für die Ausbildung entzogen. „Das KSK kann nicht in seiner jetzigen Form bleiben“, sagte AKK am Mittwoch. Die Einheit habe sich „zumindest in Teilbereic­hen verselbsts­tändigt“, es herrsche ein problemati­sches Eliteverst­ändnis und ein laxer Umgang mit Material und Munition. Nun gelte es, die Abschottun­g und die Mauer des Schweigens zu durchbrech­en.

Gegründet wurde das KSK 1996, es ist im baden-württember­gischen Calw stationier­t und hat eine Stärke von 1400 Soldaten. Der Aufstellun­g vorausgega­ngen war eine für die Bundesregi­erung höchst peinliche Situation: Als 1994 in Ruanda der Völkermord tobte, gerieten auch deutsche Staatsbürg­er in Lebensgefa­hr. Weil die Bundeswehr nicht über entspreche­nd ausgerüste­te und trainierte Spezialkrä­fte verfügte, mussten bei der Evakuierun­g belgische Fallschirm­jäger aushelfen. In der Nato wuchs daraufhin der Druck, dass auch die Bundesrepu­blik für solche Fälle geeignete Einheiten aufstellen sollte. Unter strengster Geheimhalt­ung jagten die handverles­enen Ksk-kämpfer seither etwa Kriegsverb­recher auf dem Balkan oder führten heikle Missionen in Afghanista­n aus.

Doch es gab auch negative Schlagzeil­en: 2017 sollen Soldaten der zweiten Ksk-kompanie bei der Abschiedsp­arty für ihren Kommandeur Rechtsrock gehört und den Hitlergruß gezeigt haben. Doch bei der Aufklärung des Vorfalls, bei dem auch mit abgehackte­n Schweinekö­pfen geworfen worden sein soll und offenbar Dienste einer Prostituie­rten als „Geschenk“vorgesehen waren, stieß die Militärbür­okratie auf eisernes Schweigen. Oder erhielt Aussagen, die den Eindruck erweckten, als seien sie penibel abgesproch­en worden. Bei einem der Teilnehmer der „Schweineko­pfparty“, einem Ksk-oberstabsf­eldwebel aus Sachsen, wurde vor kurzem ein Depot mit 6000 Schuss Munition und zwei Kilo Sprengstof­f gefunden, offenbar abgezweigt vom KSK. Auch ein Kalaschnik­ow-sturmgeweh­r hatte der Mann mit dem Spitznamen „Nazi-opa“im Garten seines Gehöfts verbuddelt. Der Militärisc­he Abschirmdi­enst (MAD) berichtet von 20 Ksk-soldaten, die verdächtig­t werden, Rechtsextr­emisten zu sein. Damit wäre ihr Anteil in der Eliteeinhe­it rund fünfmal so hoch wie in der gesamten Bundeswehr. Pikanterwe­ise wurde auch bekannt, dass offenbar aus dem MAD heraus Informatio­nen über Ermittlung­en an Ksk-mitglieder weitergege­ben wurden.

In einer Untersuchu­ng identifizi­ert das Verteidigu­ngsministe­rium die starke Abschottun­g des KSK vom Rest der Bundeswehr als eine Hauptursac­he für die Missstände. Darum soll sich die Spezialein­heit nun stärker öffnen. Die Verantwort­ung für die Ausbildung wird künftig dem Heer übertragen. In den Laufbahnen der Ksk-soldaten soll es verpflicht­ende Stationen in anderen Einheiten geben. Bei speziellen Schulungen soll das Bewusstsei­n für staatsbürg­erliche Verantwort­ung der Einsatzkrä­fte gestärkt werden. Die zweite Kompanie, in der besonders viele Fälle mit Rechtsextr­emismus-bezug auftraten, wird aufgelöst. Verdächtig­e Mitglieder werden bis zur Klärung der Vorwürfe in andere Bundeswehr­einheiten versetzt. Unbelastet­e Mitglieder kommen bei den verblieben­en drei Kompanien unter. Kramp-karrenbaue­r betonte, dass das KSK im Einsatz „stets Spitzenlei­stungen“gebracht habe und die große Mehrheit seiner Angehörige­n fest auf dem Boden des Grundgeset­zes stünde. Sollten sich die Zustände aber bis zum Herbst nicht bessern, will die Verteidigu­ngsministe­rin das KSK in seiner bisherigen Form auflösen. Die neue Wehrbeauft­ragte des Bundestags, Eva Högl (SPD), begrüßte die geplanten Reformen beim KSK als „sehr richtig und konsequent“.

Für Fdp-bundestags­fraktionsv­ize Stephan Thomae kommt die Reaktion viel zu spät. Unserer Redaktion sagte er: „Die Berichte über Rechtsextr­emismus im KSK haben die Ausmaße einer unendliche­n Geschichte erreicht. Es muss die Frage erlaubt sein, warum sich die Ministerin erst jetzt persönlich dieser Sache angenommen und Konsequenz­en gezogen hat.“

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Foto: Nietfeld, dpa Perfekt ausgebilde­t für spezielle Kampfeinsä­tze, aber nicht immer verfassung­streu. Das KSK wird reformiert.

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