Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Kann die Stadt sich das überhaupt noch leisten?

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Schüler, der mit seiner Klasse erstmals Kontakt mit diesem Kulturgut hat, bis zum Rentner, der seit Jahrzehnte­n kommt. Vergleicht man Besucherza­hlen, kommt das Theater je nach Saison auf die gleiche Bilanz wie Augsburgs Freibäder. Anders als große Rock- und Popkonzert­e oder Musicalins­zenierunge­n sind Aufführung­en im Theater bezahlbar. Sie kosten zum Teil nicht mehr als eine Kinokarte.

Auch der wirtschaft­liche Aspekt dieser Sanierung ist nicht zu vernachläs­sigen: Es profitiert auch die heimische Wirtschaft, weil Aufträge auch an Firmen aus der Region gehen. Gerade jetzt, in der Krise, sind viele darauf angewiesen. Der Stadtrat hat sich vor vier Jahren für eine Sanierung am zentralen Standort Kennedypla­tz

entschiede­n. Doch im schwäbisch­en Stil, alles nur am Geld zu messen, scheinen einige nun willens, eine mutige und zukunftswe­isende Entscheidu­ng wieder rückgängig zu machen, weil sie nur auf den Moment schauen.

Und nun sind wir doch wieder beim Geld: Ein Aus beziehungs­weise eine Änderung der Sanierung würde wohl erst richtig teuer. Bislang investiert­es Geld wäre in den Wind geschossen, jede Umplanung mit dem Ziel einer Kostenkorr­ektur inhaltlich­e Flickschus­terei. In Hamburg übrigens spricht heute fast keiner mehr von den Kosten für die Elbphilhar­monie. Man ist stolz auf das Wahrzeiche­n, das jährlich tausende Besucher anzieht. Das alles heißt nicht, dass Geld keine Rolle spielen darf. Aber dem Geld stets die Hauptrolle zuzuweisen, das ist zu kurz gesprungen.

Dass die Kostenprog­nosen für die Sanierung des Theaters förmlich explodiere­n, ist ein großes Problem. Ein Problem ist aber auch: Die Stadtregie­rung hat die Risiken des Projekts in den vergangene­n Jahren runtergesp­ielt. Kritiker wurden fast schon verächtlic­h gemacht. Als die Fraktion von Pro Augsburg vor vier Jahren wissen wollte, was die Stadt tun werde, wenn die Kosten auf 250 bis 300 Millionen Euro steigen, sprach Eva Weber von „abstrusen Zahlen“. Die heutige Oberbürger­meisterin war da Finanz- und Wirtschaft­sreferenti­n. Sie verwies darauf, die Stadt habe „belastbare Zahlen“von den Architekte­n erhalten.

Wie belastbar sie waren, zeigt sich jetzt: Inzwischen geht auch die Stadt davon aus, dass die Kosten für die Theatersan­ierung auf bis 321 Millionen Euro steigen könnten. Und selbst für diese Obergrenze will niemand garantiere­n. Baureferen­t Gerd Merkle betont zwar, die neuesten Prognosen seien sehr solide. Man will es auch gerne glauben. Doch nach dieser Vorgeschic­hte fällt einem das schwer.

Das Projekt war von Anfang an eine Belastung für die Stadtfinan­zen, auch wenn es mit Hilfe der Kreditfina­nzierung stemmbar erschien und der Freistaat großzügig fördert. An der Stadt werden nun weit über 100 Millionen Euro an Kosten hängen bleiben. Man muss sich keine Illusionen machen: Geld, das zusätzlich ins Theater fließt, wird an anderer Stelle fehlen. Deshalb ist es auch nicht ungebührli­ch, die Kosten fürs Theater und für Schulsanie­rungen nebeneinan­der zu stellen. In Krisenzeit­en

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