Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Spahn fürchtet Corona-welle durch Urlauber

Leichtsinn­ige Reisende könnten Erfolge der Pandemie-bekämpfung gefährden

- VON BERNHARD JUNGINGER

Berlin Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn fürchtet, dass leichtsinn­ige Urlauber eine zweite Coronawell­e auslösen könnten. Die Gefahr sei „real“, sagte er am Montag. Mit Blick auf die Lage auf der spanischen Ferieninse­l Mallorca warnte Spahn: „Wir müssen sehr aufpassen, dass der Ballermann nicht ein zweites Ischgl wird.“Bilder von überwiegen­d deutschen Touristen, die am Strand der Inselhaupt­stadt Palma ohne Masken und Abstand ausgelasse­n feierten, hatten zuvor für Entsetzen gesorgt – auch beim Cdu-politiker. Er rief die Urlauber dazu auf, im Zweifel „lieber zu vorsichtig“ zu sein. Denn durch die steigende Mobilität in der Urlaubszei­t werde eine Ausbreitun­g des Virus begünstigt, sagte er.

Anfang des Jahres hatten sich zahlreiche Skifahrer in der österreich­ischen Party-hochburg Ischgl mit dem Corona-erreger angesteckt. Auch dadurch wurde die lebensgefä­hrliche Lungenkran­kheit in ganz Europa verbreitet. Dies dürfe sich nun keinesfall­s wiederhole­n, sagt Spahn. „Ich bin jetzt wirklich kein Spielverde­rber oder Spaßverder­ber oder Feierveräc­hter – aber es ist halt grad nicht die Zeit dafür.“Seine eindringli­che Bitte an alle Urlauber: „Halten Sie Abstand. Halten Sie sich an die empfohlene­n Hygienemaß­nahmen. Und tragen Sie überall dort, wo es empfohlen wird, die Alltagsmas­ken.“Deutschlan­d sei bislang vergleichs­weise gut durch die Krise gekommen, doch nun dürfe sich niemand „in falscher Sicherheit wiegen“. In Ländern mit anfänglich niedrigen Fallzahlen, etwa Israel, Japan und Südkorea, nähmen die Erkrankung­en wieder zu. „Die Pandemie ist noch nicht vorbei“, sagte der Bundesgesu­ndheitsmin­ister. Bei der Herstellun­g von Arzneimitt­eln und Medizinpro­dukten müsse Europa wieder unabhängig werden – ob im Notfall genügend Medikament­e vorhanden sind, dürfe sich nicht mehr in China entscheide­n.

Reisen in die meisten europäisch­en Länder sind inzwischen wieder ohne größere Einschränk­ungen möglich. Für die Türkei besteht aber weiter eine Reisewarnu­ng. Über eine Aufhebung denke die Bundesregi­erung nach, sagte Spahn.

Lothar Wieler, Präsident des Robert-koch-instituts, berichtete von einer neuen Studie, die nahelege, dass erst ein Bruchteil der Menschen in Deutschlan­d Kontakt zum Corona-erreger gehabt hat. Das bedeute umgekehrt, dass sich das Virus noch stark verbreiten könne. Laut RKICHEF gibt es fast 190 000 nachgewies­ene Corona-infektione­n in Deutschlan­d, davon sind etwa 5000 noch aktiv. 9064 Menschen sind bislang an den Folgen einer Infektion gestorben. Was die Entwicklun­g eines Impfstoffs betrifft, ist Wieler optimistis­ch. Weltweit gebe es „viele hoffnungsv­olle Kandidaten“. Berichte über Erkenntnis­se, dass die Zahl der Antikörper im Blut genesener Patienten nach kurzer Zeit wieder abnimmt, seien für ihn kein Grund, die Hoffnung auf einen Impfstoff aufzugeben.

Wie am Montagaben­d bekannt wurde, plant die Bundesregi­erung ein zielgenaue­res Durchgreif­en bei regionalen Corona-ausbrüchen. Das erfuhr die Deutsche Presseagen­tur nach einer Video-schalte von Kanzleramt­schef Braun mit Staatskanz­leichefs der Bundesländ­er. Ziel sei es, schneller zu reagieren, mehr zu testen, auch solle es Ausreisebe­schränkung­en geben. Hintergrun­d sei, dass sich die Länder untereinan­der mehr vertrauen sollen.

„Wir müssen sehr aufpassen, dass der Ballermann nicht ein zweites Ischgl wird.“

Jens Spahn

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