Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Einblicke in eine Ehe-hölle

Johnny Depp zog vor Gericht, um seinen Ruf zu retten. Doch es folgte ein unappetitl­iches Hollywood-drama

- VON KATRIN PRIBYL

London Ja, man hat eine Schlammsch­lacht befürchtet. Die bunten Blätter mögen sich auch auf einen hollywoodr­eifen Rosenkrieg gefreut haben. Doch was bislang aus dem Innern des Londoner High Court an die Öffentlich­keit gedrungen ist, dürfte die Vorstellun­gskraft der meisten Beobachter weit übertreffe­n. Der Prozess zwischen Johnny Depp und dem Verlag der Boulevardz­eitung Sun gibt einen Einblick in die Abgründe der 15-monatigen Ehe-hölle zwischen dem Usschauspi­eler und seiner Ex-frau Amber Heard.

Depp, 57, nannte die Beziehung am vierten Tag im Zeugenstan­d „komplizier­t“. Dies dürfte die Untertreib­ung des Jahres sein. Das Drama ihrer Ehe klingt vielmehr völlig irre. Wie die beiden nach all den jetzt schon bekannt gewordenen Absurdität­en und Abscheulic­hkeiten jemals wieder erfolgreic­h im

Film-business arbeiten können, bleibt die große Frage.

Dabei wollte Depp mit dem Prozess sein Image aufpoliere­n. Der Schauspiel­er hatte Verleumdun­gsklage gegen die Sun eingereich­t, nachdem die ihn in einem 2018 veröffentl­ichten Artikel als drogenkran­ken „Frauenschl­äger“bezeichnet und sich dabei auf Aussagen von Heard berufen hatte. Nun aber werden so viele widerwärti­ge Details bekannt, dass man die Sinnhaftig­keit des Vorgehens von Depp zumindest in Zweifel ziehen kann.

Am Montag legte der einstige „Sexiest Man Alive“und Goldenglob­e-preisträge­r, dem die Drogenund Alkoholexz­esse deutlich anzusehen sind, zum fünften und letzten Mal seine Sicht der Dinge dar. „Ich weiß nicht, wer Johnny Depp ist“, sagte er vergangene Woche. Immerhin scheint er zu wissen, dass er niemals gegenüber einer Frau gewalttäti­g geworden sei, wie er mehrfach betonte. Depp hat all die Vorwürfe seiner Ex-frau zurückgewi­esen, etwa dass er sie geschlagen habe. Depp stellte Heard in den vergangene­n Tagen vielmehr als verrückt, kontrollsü­chtig und aggressiv dar. Sie habe ihn nur geheiratet­e, um ihre Schauspiel­karriere voranzubri­ngen – eine „narzisstis­che Soziopathi­n“, wie er meinte.

Heard wäre ihm gegenüber gewalttäti­g geworden. So habe sie etwa im Streit eine Wodkaflasc­he nach ihm geworfen und ihm dabei eine Fingerkupp­e abgetrennt, sodass der Knochen zu sehen gewesen sei.

Der Stoff dieses Dramas ist zutiefst unappetitl­ich. Es geht um viel Alkohol und Drogen und vor allem um heftige Streits. Beide stellen sich gegenseiti­g als Monster dar. Als Beobachter verliert man leicht den Überblick. In den nächsten Tagen sollen Depps Ex-partnerinn­en Vanessa Paradis, mit der er zwei Kinder hat, und Winona Ryder per Video aussagen. Beide gaben wiederholt zu Protokoll, nie von Depp misshandel­t worden zu sein.

Im Laufe des auf drei Wochen angesetzte­n Prozesses will auch Amber Heard ihre Seite vor Gericht ausbreiten. Ihre Reputation ist nach den ersten Tagen deutlich angeschlag­en. So zierte die 34-Jährige etwa am Wochenende als „Amber Turd“die britischen Zeitungen – es ist die fäkalisier­te Form ihres Nachnamens, die Depp kreiert hat, wie man erfahren musste. „Turd“lässt sich in etwa mit„scheißhauf­en“ins Deutsche übersetzen. Eben einen solchen habe Amber Heard absichtlic­h auf dem Ehebett hinterlass­en, behauptete der Us-amerikaner vergangene Woche vor Gericht. Es habe sich um ihre Rache dafür gehandelt, dass er zwei Stunden zu spät zur Party zu ihrem 30. Geburtstag erschienen war. Angestellt­e hätten die Sauerei am Tag darauf in den Laken entdeckt. Und Depp habe nach dieser Episode beschlosse­n, sich scheiden zu lassen. Heard dagegen sagt, der Haufen sei das Werk ihres unter Verdauungs­problemen leidenden Hundes Boo gewesen.

Der Fall bestätige „unsere schlimmste­n Befürchtun­gen über Hollywood“, schrieb die Daily Mail und hat ihr Urteil bereits gefällt: „Letztendli­ch kann es hier keinen Gewinner geben.“

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Foto: Matt Dunham, dpa „Ich weiß nicht, wer Johnny Depp ist“: Der Us-schauspiel­er gibt ein seltsames Bild ab.

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