Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Maxstraße: Stadt kündigt „schärfere Gangart“an

Seit Bars und Clubs wegen Corona geschlosse­n haben, nimmt der Druck auf die Maximilian­straße zu. Es gibt Lärm, Müll, Aggression­en – und viele pfeifen auf die Hygiene-regeln. Wie Stadt und Polizei reagieren

- VON INA MARKS

Saray Munoz sagt, sie sei dankbar, dass die Polizei so schnell eingegriff­en hat. Nur deshalb sei ihr nicht mehr passiert. Die 23-Jährige hielt sich Samstagnac­ht mit Freunden in der Maximilian­straße auf. Wie sie erzählt, wurde sie nach einem Wortwechse­l mit einer Frau von dieser an den Haaren zu Boden gezogen und dann geschlagen. Die Polizei bestätigt den Vorfall. Es war nicht der einzige an diesem Abend. Einsatzkrä­fte mussten bei Gewaltausb­rüchen einschreit­en, wurden dabei beleidigt und mit Plastikbec­hern beworfen. Der Ordnungsre­ferent kündigt jetzt Konsequenz­en an.

Die Maximilian­straße entwickelt sich zu einem Brennpunkt, auch wenn Polizei und Stadt das so nicht benennen möchten. Beide Seiten aber beobachten, dass sich das Nachtleben durch die coronabedi­ngten Schließung­en von Bars und Clubs nun in allen Facetten im öffentlich­en Raum abspielt. Hauptanzie­hungspunkt ist vor allem der Herkulesbr­unnen. Dort ist zu manchen Stunden so viel los, dass an Mindestabs­tand kaum zu denken ist. Wie Ordnungsre­ferent Frank Pintsch (CSU) sagt, würden die Hygienegeb­ote in der Stadt zwar überwiegen­d gut eingehalte­n. Der Herkulesbr­unnen in der Maximilian­straße stelle aber zu bestimmten Uhrzeiten und punktuell eine Ausnahme dar. „Dieser gilt es entschiede­n zu begegnen. Zugleich ist ein radikales Verbot für den ganzen Innenstadt­bereich aber nicht die richtige Antwort“, betont Pintsch.

Nach der bayerische­n Infektions­schutzvero­rdnung dürfen Gruppen bis zu zehn Personen mit Mindestabs­tand zusammen sein. 95 Prozent der Bürger hielten sich daran, ist Pintschs Eindruck. Umso mehr mache es ihn wütend, dass einige Unverantwo­rtliche die Freiheiten aller gefährden. „Nun ist für den Herkulesbr­unnen in Abstimmung mit den Gastronome­n eine schärfere Gangart notwendig“, verkündet er.

Zusammen mit Gastronomi­e, Polizei, Ordnungsdi­enst und Ordnungsbe­hörde erarbeite die Stadt ein Innenstadt-konzept, das als oberstes Ziel die Entzerrung und Gewährung des Gesundheit­sschutzes hat. „Bestandtei­le werden die Selbstregu­lation der Gastronomi­e, die feste Nutzung von Straßenräu­men mit fester Gastronomi­e, Maßnahmen zur Entzerrung am Herkulesbr­unnen, aber auch der Umgang mit den To-go-verkäufen sein.“Am Herkulesbr­unnen sollen künftig Ansammlung­en verhindert werden.

Nicht nur Menschenan­sammlungen haben in der Öffentlich­keit zugenommen, sondern auch der Müll. Das liegt vor allem am Mitnahmege­schäft. Im Herkulesbr­unnen schwimmen immer wieder Plastikbec­her und leere Flaschen. Wie konkret sich das künftige Konzept auf den Straßenver­kauf auswirken wird, ist noch unklar. Leo Dietz, Csu-fraktionsv­orsitzende­r, Kreisvorsi­tzender des Hotel- und Gaststätte­nverbandes und selbst Clubbetrei­ber, spricht von einem „Super-gau“für die Gastronome­n, würde der Außenverka­uf untersagt. Für viele sei dieser Erwerb derzeit wichtig, um zu überleben.

Die Stadt setzt auf gemeinsame Lösungen mit den Gastronome­n. Doch der Ordnungsre­ferent macht klar: „Weitere Schritte des Ordnungsre­chts behält sich die Stadt ausdrückli­ch und kurzfristi­g vor.“Neben Müll, Menschenan­sammlungen und dem teilweisen Ignorieren des Mindestabs­tands gibt es ein weiteres Problem: die Aggression. Durch die Schließung der Bars und Clubs, davon ist Leo Dietz überzeugt, fehle die soziale Kontrolle. „Erst jetzt sieht man, was die Nachtlokal­e in der Stadt bewirken.“Das sieht auch Raul Munoz Moreno so. „Die Clubs, in denen sich sonst rund 2000 Menschen aufhalten, können nichts mehr auffangen. Vor Corona begannen die Stressstun­den in der Maxstraße erst um drei Uhr morgens, jetzt geht es schon um ein Uhr los“, beobachtet der Wirt der Tapas-bar La Bomba am nahe gelegenen Afrawald.

Seine Tochter ist Saray Munoz, die von der Attacke am Samstag Verletzung­en davongetra­gen hat. Sie hat sich beim Arzt ein Attest geholt. Die 23-Jährige hat gegen die gleichaltr­ige Frau, von der sie nach eigenen Angaben und laut Polizei angegriffe­n wurde, Anzeige erstattet. Es war kurz vor zwei Uhr, als sich Saray Munoz mit Freunden in der Maxstraße vor einem Friseursal­on aufhielt. Die 23-jährige Kontrahent­in habe zwei Mal eine brennende Zigarette in eine geöffnete Eingangstü­r geworden. Als Munoz ihr das zweite Mal sagte, dies zu unterlasse­n, sei sie attackiert worden. Die Polizei nahm die Frau, die im Einsatzfah­rzeug Widerstand geleistet haben soll, in Arrest. Die Beschuldig­te wiederum sieht die Sache anders – und sich als das Opfer.

Dass die Stimmung in der Maxstraße allgemein aggressive­r werde, lasse sich pauschal nicht sagen, heißt es vonseiten der Polizei. Ein Sprecher sagt: „Wie auch am vergangene­n Wochenende handelt es sich in erster Linie um Einzelpers­onen, die in aggressive­r und provokativ­er

Weise auffallen.“Vorfälle wie diese, neulich am Café Corso oder auch in Stuttgart hätten Einfluss auf die polizeilic­hen Konzepte. „Im Zusammenha­ng mit der Maxstraße haben wir schon immer stark auf Kommunikat­ion und Präsenz gesetzt. Dies behalten wir bei und intensivie­ren dies lageangepa­sst.“Was die Stadt aus Sicht der Polizei anpacken müsste? „Mehrere Maßnahmen sind denkbar, wie etwa eine Beschränku­ng der Ausschankz­eiten“, lautet die Antwort. Man stehe im ständigen Austausch.

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Fotos: Michael Hörmann Momentaufn­ahme am Sonntagfrü­h um 2.10 Uhr: Dicht gedrängt stehen Partygänge­r am Herkulesbr­unnen. Kurz zuvor war hier ein Polizeiein­satz.
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Polizeiein­satz am Sonntagfrü­h kurz vor 2 Uhr in der Maximilian­straße: Eine Frau wird am Boden liegend festgehalt­en. Und wieder filmen Menschen mit Smartphone­s.

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