Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Apple kommt vorerst davon

Es war die höchste Strafe, die die Eu-kommission bisher verhängt hat: 13 Milliarden Euro sollte der Konzern zahlen. Doch ein Eu-gericht sieht im Steuersatz von 0,005 Prozent kein Steuerspar­modell. Nun geht der Fall zur höchsten Instanz. Ausgang offen

- VON DETLEF DREWES

Brüssel Es war die höchste Strafe, die die Europäisch­e Kommission je verhängte. Aber ausgerechn­et in diesem Verfahren erlitt die Brüsseler Wettbewerb­skommissar­in Margrethe Vestager am Mittwoch eine krachende Niederlage. Der Gerichtsho­f der Europäisch­en Gemeinscha­ft (EUG) als erste Instanz erkannte keinen Grund, warum der Us-konzern Apple 13 Milliarden Euro plus Zinsen nicht gezahlter Steuern an Irland erstatten sollte.

2016 kam die Wettbewerb­skommissar­in der EU zu der Überzeugun­g, dass die irische Regierung dem iphone-riesen seit den 1990er Jahren steuerlich­e Sonderkond­itionen dafür eingeräumt hatte, dass dieser seine Europazent­rale auf der Grünen Insel errichtete. Der Vorgang führte dazu, dass Apple beispielsw­eise 2014 auf eine Million Euro Gewinn lediglich 50 Euro an staatliche­n Abgaben entrichten musste – ein Satz von 0,005 Prozent.

Aus Sicht der Eu-kommission handelte es sich dabei um verbotene staatliche Beihilfen, die andere Unternehme­n benachteil­igen. Dagegen argumentie­rte der Konzern mit dem angebissen­en Apfel im Logo, dass in Irland lediglich zwei Dienstleis­angesiedel­t worden waren, das geistige Eigentum für die Mobiltelef­one, ipads und Computer aber in den USA liege, wo die Entwicklun­gsarbeit stattfinde. Deshalb zahle der Konzern auch dort seine Steuern und Abgaben. Die Wertschöpf­ung in Irland entstehe nur durch Logistik und Die Richter schlossen sich dieser Sichtweise nun an.

Der aufgeheizt­e politische Streit ist damit nicht zu Ende. Denn die Eu-kommission kündigte am Mittwoch bereits an, nunmehr den Europäisch­en Gerichtsho­f (EUGH) als oberste Instanz anzurufen. Für die Wettbewerb­shüter unter Kommistung­sgesellsch­aften Vestager geht es um ein grundsätzl­iches Problem: Auf dem Prüfstand steht eine besondere Form von Steuerspar­modellen, die sogenannte­n „Tax Rulings“. Dies sind Steuerdeal­s, die die Behörden eines Landes nutzen, um mit einzelnen Unternehme­n günstige Bedingunge­n für deren Steuerpfli­cht auszuvertr­ieb. handeln. Derartige verbotene Beihilfen dürften aber nicht zum Regelfall werden, hieß es aus der Kommission. Der wirtschaft­spolitisch­e Sprecher der Sozialdemo­kraten im Eu-parlament, Joachim Schuster, kommentier­te die Entscheidu­ng denn auch mit den Worten: „Steuerhint­erziehung und Sonderbesa­rin handlungen bei den Zahlungsko­nditionen dürfen in Europa kein Wettbewerb­smodell mehr sein.“Deshalb sei eine Digitalste­uer für die Unternehme­n dieser Branche der beste Weg, um derartige Praktiken zu verhindern. Der Finanzexpe­rte der Christdemo­kraten, Markus Ferber (CSU), hingegen erklärte, das Urteil sei eine „herbe Niederlage für Margrethe Vestager“. Die Kommissari­n habe sich „politisch profiliere­n wollen“und „mit ihrem Übereifer dem Kampf gegen Steuerverm­eidung am Ende einen Bärendiens­t erwiesen“. Die Kommission sollte „solche Fälle sorgfältig und gerichtsfe­st vorbereite­n“.

Die irische Regierung und nicht zuletzt deren Finanzmini­ster Paschal Donohoe, der gerade erst zum Chef der Eurogruppe gewählt wurde, hatten die Ansiedlung großer Digitalunt­ernehmen wie Apple, Facebook und Microsoft über Jahre hinweg intensiv betrieben und dabei mit Steuerspar­modellen geworben. Ob diese auf Dauer wirksam gestoppt werden können oder unter bestimmten Auflagen fortgeführ­t werden dürfen, ist offen. Das höchste europäisch­e Gericht urteilte in früheren Fällen gegen Fiat und den Starbucks-konzern völlig unterschie­dlich.

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