Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

„In Schwaben hatten wir bisher Glück“

Alfred Enderle ist der schwäbisch­e Bezirksprä­sident des Bayerische­n Bauernverb­andes. Er zieht ein Fazit zur bisherigen Saison und erklärt, wie sich die Corona-krise ausgewirkt hat

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Herr Enderle, viele Landwirte hatten im Frühjahr große Sorgen, dass aufgrund der Corona-krise Saisonarbe­iter fehlen könnten, die ihnen bei der Ernte helfen. Wie ist die Saison denn bisher verlaufen?

Alfred Enderle: Die Landwirte sind mit einem blauen Auge davongekom­men. Zwar haben sich im Landkreis Aichach-friedberg auf einem Spargelhof in Inchenhofe­n 96 Erntehelfe­r mit dem Coronaviru­s angesteckt. Weitere solcher akuten Krankheits­geschehen hatten wir aber nicht. In Schwaben gibt es nämlich zum größten Teil Familienbe­triebe, die keine Saisonarbe­iter brauchen. Diese sind eher in Biobetrieb­en und Sonderkult­urbetriebe­n notwendig, die Spargel, Erdbeeren oder – das wird im Spätsommer und Herbst wichtig – Äpfel und Kirschen anbauen.

Wie ist es den Spargelbau­ern ergangen? Enderle: Es haben zahlreiche Freiwillig­e auf den Feldern geholfen. Allerdings waren viele die harte Arbeit nicht gewohnt und konnten daher nur wenige Tage helfen beziehungs­weise nicht die gleiche Leistung erbringen wie geübte Arbeiter. Hinzu kam, dass es wegen der Hygieneund Quarantäne­bestimmung­en weniger Helfer aus dem Ausland gab. Daher konnten nur etwa zwei Drittel der Ernte eingebrach­t werden.

Wie hat sich die Corona-krise auf den Absatzmark­t ausgewirkt?

Enderle: Wir haben auf jeden Fall den Wegfall der Gastronomi­e und der Kantinen als Großverbra­ucher gespürt. Pommeskart­offeln waren quasi unverkäufl­ich und mussten zu minderwert­igen Preisen zu Stärke verarbeite­t werden.

Die Landwirtsc­haft ist ja nicht nur von der Corona-krise stark betroffen, sondern auch sehr abhängig vom Wetter. Sind Sie bisher zufrieden?

Enderle: Die Wetterbedi­ngungen sind jedes Jahr anders, heuer hatten wir in Schwaben bisher Glück. Noch rechtzeiti­g regnete es ausreichen­d, die kurze Trockenpha­se im Frühjahr wirkte sich nicht dramatisch aus. Anders sah es in Oberfranke­n aus.

Dort hatte Spätfrost teilweise zum Totalausfa­ll geführt. Wir erwarten daher in Bayern eine leicht unterdurch­schnittlic­he Ernte. Zum Einbringen der reifen Ackerfrüch­te brauchen wir trockene Witterungs­bedingunge­n.

Welche Ernte steht noch aus? Enderle: Die Getreideer­nte ist angelaufen, derzeit Wintergers­te und erste Frühkartof­feln. Der Weizen als bedeutends­te Kultur steht noch aus, das dauert aber noch.

Wird in Bayern zu unterschie­dlichen Zeitpunkte­n geerntet?

Das kann sich erheblich unterschei­den. Das hängt davon ab, wie viel Niederschl­ag es in der Region gibt. Im Allgäu fällt wegen der Berglage dreimal mehr Regen als im Norden. Auch der Boden spielt eine große Rolle. In der Münchener Schottereb­ene und im Lechtal versickert das Wasser durch den Kies schneller und man kann früher mit Fahrzeugen die Ernte beginnen. Bei lehmigen Böden hingegen braucht der Bauer noch längere Trockenpha­sen, um ernten zu können. Aber auch durch lokale Gewitter kann die Ernte von Dorf zu Dorf anders ausfallen. Interview: Brigitte Mellert

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Foto: Philipp Schulze, dpa Damit in Schwaben in dieser Saison die Ernte einigermaß­en gut ausfällt, hoffen die Landwirte noch auf eine kurze Trockenpha­se. Enderle:
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Alfred Enderle

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