Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Rosarote Aussichten für Vettel

Der viermalige Weltmeiste­r steht vor einem Wechsel zu Racing Point. 2021 wird das Team von Aston Martin übernommen. Der Hersteller ist vor allem bei Bond-fans bekannt

- VON MARCO SCHEINHOF

Augsburg Ästhetisch­e Gesichtspu­nkte sollten vorerst keine Rolle spielen. Denn für einen Motorsport­puristen wie Sebastian Vettel scheint es nicht die erste Wahl, sich in einen rosa Renner setzen zu müssen. Zum einen aber darf der viermalige Formel-1-weltmeiste­r derzeit nicht wählerisch sein, zum anderen ist die Wahrschein­lichkeit hoch, dass der Wagen im nächsten Jahr anders lackiert sein wird. Denn aus Racing Point wird 2021 das Werksteam Aston Martin. Und für einen Hersteller, der in allererste­r Linie durch seine Verbundenh­eit zu James Bond bekannt ist, sollte Rosa nicht die Farbe der Wahl sein. Vettel ist also vor einer wegweisend­en Entscheidu­ng. Noch sei nichts endgültig, betonte der 33-Jährige am Mittwoch ein weiteres Mal. Alles sei möglich. Ein Wechsel, ein Jahr Pause, aber auch das Karriereen­de. Allerdings mehren sich die Zeichen, Option eins die wahrschein­lichste ist. Nachdem zuletzt reihenweis­e Absagen von Mercedes, Renault und Red Bull eingegange­n waren, scheint sich nun ein ernsthafte­r Interessen­t gefunden zu haben. Zwar hatte Racing-point-teamchef Otmar Szafnauer am vergangene­n Wochenende noch davon gesprochen, keinen Platz für Vettel zu haben. Szafnauer aber ist beinahe so lange wie Vettel in der Formel 1 und daher an das Tricksen und Täuschen der Königsklas­se gewohnt. Fast so wie in einem Agentenfil­m.

In der Tat ist es so, dass Lance Stroll und Sergio Perez für 2021 gültige Arbeitspap­iere bei Racing Point haben. Bei Stroll wird sich daran nichts ändern, ist er doch der Sohn vom milliarden­schweren Eigentürme­r Lawrence Stroll, der ihm den Weg in die Formel 1 überhaupt erst ebnete. Während viele Talente mangels Geld auf der Strecke bleiben, mietete der Kanadier für seinen Sohn gleich mehrfach Strecken an, um ihn für die Formel 1 üben zu lassen. Mit Erfolg, was am Anfang nicht jeder erwartet hatte. Ein Grundtalen­t aber scheint der 21-Jährige durchaus zu haben. Bleibt die Stelle von Perez, der dem

Vernehmen nach einen Passus in seinem Vertrag hat, dass dieser bei entspreche­nder Zahlung einer siebenstel­ligen Summe bis zum 31. Juli gekündigt werden kann. Bis dahin sollte sich also auch Vettel entschiede­n haben. Es war bereits zu lesen, dass er Lawrence Stroll schon in Gstaad besucht habe, um über die Zukunft zu reden. Ein Vertrag soll ihm auch bereits vorgelegt worden sein, den aber habe Vettel noch nicht unterschri­eben. Stroll hätte Vettel offenbar gerne als Leitfigur für seinen Sohn im Team. Von wem lässt sich besser lernen als von einem viermalige­n Weltmeiste­r?

Racing Point hat eine bewegte Vergangenh­eit in der Formel 1. Eigentümer und Teamname wechselten häufiger. Midland, Spyker, Force India, es herrschte nicht gerade Konstanz rund um das Team. Force India schließlic­h musste Insolvenz anmelden, was eine Investoren­gruppe um Lawrence Stroll auf den Plan rief. Seitdem herrscht Ruhe – und vor allem hat das Team eine deutlich verbessert­e Finanzlage. Aber eine solche, die Vettel auch die Lizenz zum Siegen bietet?

Aston Martin ist vor allem Jamesbond-fans ein Begriff. Der bedass rühmteste Wagen ist wohl der DB5 aus Goldfinger. Lawrence Stroll hat mit einem Konsortium für 237 Millionen Euro Anteile an Aston Martin gekauft. Die Daimler AG ist ebenfalls mit fünf Prozent am Sportwagen­hersteller beteiligt. Und Stroll hat einen ganz engen Draht zu Toto Wolff, dem Motorsport­chef bei Mercedes. Die Aussichten auf Erfolg sind für Vettel bei Aston Martin also nicht schlecht. Zumindest wohl nicht schlechter als derzeit mit seinem lahmenden Ferrari.

Racing Point steht derzeit allerdings unter strenger Beobachtun­g. Nach dem zweiten Rennen in Spielberg waren Beschwerde­n eingegange­n, dass Racing Point technische Hilfe vom großen Partner Mercedes angenommen habe. Das Formel1-regelwerk verbietet technische Transfers. Bestimmte Komponente­n müssen von den Teams selbst gebaut und dürfen nicht eingekauft werden. Das betrifft vor allem die Aerodynami­k. Nun steht Racing Point im Verdacht, auch hier Unterstütz­ung bekommen zu haben. Mercedes liefert bereits den Motor. Auffallend war jedenfalls das Tempo der beiden Rosarenner. Das wird auch Vettel nicht entgangen sein.

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Foto: Joe Klamar, dpa In den vergangene­n Rennen sind die Racing-point-boliden nicht nur durch ihre Lackierung aufgefalle­n. Lance Stroll (im Bild) und sein Kollege Sergio Perez waren auch sehr schnell unterwegs, was bei Konkurrent­en wie Renault für Argwohn sorgte.
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Sebastian Vettel

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