Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Wem der Fußball wirklich gehört
Rummenigge kritisiert Ultras – die kontern. Das schwierige Verhältnis zwischen Klubs und der aktiven Fanszene
München In der Debatte um einen Wertewandel im Fußball hat Karlheinz Rummenigge Forderungen von Ultra-gruppierungen kritisiert und stößt damit auf Unverständnis bei organisierten Fans. Der Vorstandschef des FC Bayern München bemängelte am Mittwoch dabei auch die Namensgebung eines neuen Bündnisses, das die Einschätzungen des 64-Jährigen am Mittwoch konterte. Nachdem das schwierige Miteinander zwischen Klubs, Verbänden und Ultras in der Geisterspiel-zeit in den Hintergrund gerückt ist, nimmt die Diskussion nach Gründung von „Unser Fußball“und mit der offenen Frage nach der Rückkehr von Fans in die Bundesliga-stadien wieder Fahrt auf. „Wir sind jetzt leider angekommen an einem Punkt, an dem ich von den Ultras immer nur lese: Wir fordern dies, wir fordern das. Jetzt wollten sie Mitsprache bei der Debatte um die Verteilung der Tvgelder“, sagte Rummenigge der Sport Bild. „Aber wenn ich immer nur fordere, aber nie bereit bin, Pflichten und auch Verantwortung zu übernehmen, endet das in einer Einbahnstraße.“
Zahlreiche Fanszenen hatten sich zum Bündnis „Unser Fußball“zusammengeschlossen, das nach eigenen Angaben von rund 400000 Anhängern unterstützt wird. Sie fordern von der Deutschen Fußball Liga und dem Deutschen Fußballbund die Einleitung konkreter Reformen und ein Handeln von Vereinen und Verbänden noch vor dem Saison-start. Die Kritik von Rummenigge wies die Organisation zurück. „Fußballfans geben sehr viel – vor allem Zeit und Leidenschaft, alles das, was den Fußball zu mehr macht als nur zu einem Sport“, sagte Sprecher Jan-henrik Gruszecki. „Wer das macht, der darf auch durchaus mal auf Dinge aufmerksam machen.“Rummenigge bemängelte die Namensgebung des neuen Bündnisses, das nach eigenen Angaben mehr als 2300 Fanklubs und Gruppierungen sowie über 12000 Einzelpersonen unterstützt. „Ich finde, der Name ist etwas anmaßend“, sagte Rummenigge über „Unser Fußball“.
„Wem gehört der Fußball? Am ehesten noch denen, die ihn spielen – egal, auf welchem Niveau. Die Fans sind Teil des Fußballs, aber er gehört ihnen nicht.“Die Aussage zeige, „dass Karl-heinz Rummenigge nichts verstanden hat“, konterte Gruszecki. „Die Fanklubs, die unterschrieben haben, sagen, so würden wir unseren Fußball definieren“, erklärte er. „Wir sagen nicht, „uns gehört der Fußball“. Wenn jemand sagt, „wir müssen unseren Planeten retten“, impliziert das ja auch nicht, dass demjenigen selbst der Planet gehört.“Die verschiedenen Blickwinkel auf das Milliarden-business und unterschiedlichen Wertvorstellungen sorgen seit jeher für ein schwieriges Verhältnis zwischen Klubs und einigen Fangruppierungen.
Ein unrühmlicher Höhepunkt waren Anfeindungen gegen Hoffenheim-mäzen Dietmar Hopp, der in dem Interview zusammen mit Rummenigge zu Wort kommt. Diese hätten im Februar fast für einen Spielabbruch in der Liga-partie der TSG Hoffenheim gegen den FC Bayern (0:6) gesorgt. In herausfordernden Zeiten der Coronaviruspandemie und von Spielen ohne Zuschauer geriet die Thematik dann in den Hintergrund.