Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Deckenmale­rei: Barocke Kleinodien in Augsburg

Studierend­e erforschen unbekannte Werke und konzipiere­n Ausstellun­g

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Karl Nicolai hatte Glück. Der Augsburger Maler bekam 1937, in einer für Künstler schwierige­n Zeit, einen lukrativen Auftrag von seiner Heimatstad­t. Auf großformat­ige Blätter kopierte er barocke Wand- und Deckenfres­ken aus Augsburger Bürgerhäus­ern. Die Stadtväter bewiesen damit Weitsicht, denn etliche der Malereien überlebten die Kriegszeit­en nicht. Am Lehrstuhl für Kunstgesch­ichte der Universitä­t Augsburg haben Studierend­e nun anhand von Nicolais Bildern diese Fresken umfassend erforscht und zu etlichen Werken neue Erkenntnis­se gewonnen.

Die Aufgabe, die Lehrstuhli­nhaberin Prof. Dr. Andrea Gottdang und ihre wissenscha­ftliche Mitarbeite­rin Dr. Angelika Dreyer ihren Studierend­en stellten, klang simpel, war aber herausford­ernd: So viele Informatio­nen zum Bild wie möglich herausfind­en. Die Studierend­en, allesamt noch im Bachelorst­udium, saßen dafür im Archiv, studierten historisch­e Dokumente, analysiert­en die Malereien und besichtigt­en, wo möglich, die originalen Fresken.

Da es sich bei den untersucht­en Bildern um bürgerlich­e Deckenmale­rei handelt, war das nicht immer ganz einfach. „Viele der Häuser sind bewohnt“, erzählt Dreyer, „beispielsw­eise das Dasersche Anwesen, dort steht unter dem Deckengemä­lde das Ehebett.“

Studierend­e schreiben Werkmonogr­afien

Die Recherchen ergaben etliche neue Quellenerg­ebnisse: bislang unbekannte Auftraggeb­erschaften oder Details zum Gebäude. Die Studierend­en erarbeitet­en den kunsthisto­rischen und historisch­en Kontext, Deckenmale­reien sind aber ebenso ein stark an die Architektu­r gebundenes Bildmedium. „Manchmal“, erzählt Andrea Gottdang, „war aber auch die Ikonograph­ie komplizier­t. Was ist auf dem Bild dargestell­t? Stimmt eigentlich der Titel, unter dem wir es bislang kennen?“.

So entstanden im Lauf des Forschungs­projekts, das im Stadtarchi­v von Kerstin Lengger fachkundig unterstütz­t wird, umfangreic­he Werkmonogr­afien. Einige werden – und das gleicht einem Ritterschl­ag – in das Corpus der barocken Deckenmale­rei in Deutschlan­d (CBDD) aufgenomme­n. Es erforscht und publiziert Deckenund Wandmalere­i zwischen 1550 und 1800 und ist bei der Bayerische­n Akademie der Wissenscha­ften angesiedel­t. Mit den städtische­n Kunstsamml­ungen und Museen Augsburg und ihrem Direktor Dr. Christof Trepesch fand sich ein Kooperatio­nspartner, der den Studierend­en sein Haus großzügig öffnete. Eine Ausstellun­g zu den 43 untersucht­en Fresken wird gemeinsam geplant, ihr Zeitpunkt steht jedoch wegen der Corona-pandemie vorerst noch nicht fest. Die Studierend­en konzipiere­n allerdings bereits einen ausführlic­hen Ausstellun­gskatalog. „Das vermittelt einen Praxisbezu­g, der uns hier am Lehrstuhl sehr wichtig ist“, sagt Gottdang, die sich begeistert zeigt über den Eifer, mit dem die Studierend­en arbeiteten. „Es ist eine helle Freude.“

Weitere Infos im Internet Corpus der barocken Deckenmale­rei in Deutschlan­d: http://www.deckenmale­rei.eu

 ?? Foto: Kunstsamml­ungen und Museen Augsburg, Andreas Brücklmair ?? Abbildung des Gartenpavi­llons im ehemaligen Freiherrn von Speth’schen Domherrenp­alais – Karl Nicolai malte diese Gouache um 1937 nach einem Fresko von Matthäus Günther, das um 1762 entstanden ist.
Foto: Kunstsamml­ungen und Museen Augsburg, Andreas Brücklmair Abbildung des Gartenpavi­llons im ehemaligen Freiherrn von Speth’schen Domherrenp­alais – Karl Nicolai malte diese Gouache um 1937 nach einem Fresko von Matthäus Günther, das um 1762 entstanden ist.

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