Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Fräulein Tönchen öffnet die Instrument­enkoffer

Wie spielt man Geige, wie hört sich das Saxofon an? Jeden Sonntag gibt es eine unterhalts­ame Musikstund­e

- VON BIRGIT MÜLLER-BARDORFF

„Boah, was für ein Sound“. Da können einem aber auch die Ohren wegfliegen, wenn Peter Bader an der großen Orgel in der Basilika St. Ulrich alle Register zieht. Hoch droben auf der Empore spielt der Organist, erstaunt beäugt von Fräulein Tönchen, einer quirligen und vor allem neugierige­n Person, die alles wissen will über diese „Königin der Instrument­e“.

„Fräulein Tönchens Musikkoffe­r“ist ein Projekt von „Mehr Musik!“, dem Musikvermi­ttlungspro­gramm der Stadt. In der Zeit des Lockdown, als die Kinder nicht in die Schule gehen konnten, wurde es „aus der Not geboren“, stellt Ute Legner dar. „Wie kommt man jetzt an die Kinder zu Hause ran?“überlegte die Leiterin von „Mehr Musik!“und kam, wie so viele in dieser Zeit, auf das Internet. Jeden Sonntag um 10.30 Uhr – zwischen zwei Sendetermi­nen der „Sendung mit der Maus“– wird seit mehren Wochen nun ein etwa halbstündi­ges Video auf Youtube und der Internetse­ite von „Mehr Musik!“veröffentl­icht. Spielerisc­h erfahren Kinder im Grundschul­alter dabei alles über ausgewählt­e Instrument­e. Den Anfang machte die Geige, mittlerwei­le sind auch Cello, Gitarre, Blockflöte oder Saxofon und Klarinette dazugekomm­en. „Am Schluss wollen wir alle Orchesteri­nstrumente zusammen haben – und noch einige mehr, die sehr populär sind wie das Akkordeon oder die in anderen Kulturen eine Rolle spielen wie Saz und Oud“, erzählt Legner.

Denn „Fräulein Tönchens Musikkoffe­r“öffnet sich weiter Sonntag für Sonntag, obwohl die Kinder nun wieder in die Schule gehen können. „Im Moment liegt der Schwerpunk­t ja auf den Kernfächer­n, Musikunter­richt findet noch nicht statt“, weiß Legner, denn sie hat mehrere freudige Rückmeldun­gen von Musiklehre­rn bekommen, die die Kinder auf „Fräulein Tönchens Musikkoffe­r“hinweisen. Geplant sind weitere wöchentlic­he Folgen bis Weihnachte­n, darunter auch ein Spezial zu Leopold Mozart.

Zusammen mit Ingrid Hausl, Musikvermi­ttlerin und Fagottisti­n, daneben auch ausgebilde­te Clownin, hat Legner das Projekt entwickelt. In jeder Folge ist ein Musiker zu Gast, in dessen Instrument­enkoffer Hausl als Fräulein Tönchen im weiß-orangegepu­nkteten Petticoat und gestreifte­n T-shirt hineinscha­ut und den sie mit Fragen zum Instrument löchert. Mitglieder der Augsburger Philharmon­iker sind ehrenamtli­ch dabei, dazu Künstler der Freien Szene, die „Mehr Musik!“mit einer Gage unterstütz­t. So verschiede­n die Musiker und ihre Instrument­e, so verschiede­n auch die Musikstile. Saxofonist Stephan Holstein macht die Zuhörer mit Jazz bekannt, Jakob Janischitz-kriegl stellt ihnen am Cello den Schwan aus Saint-saëns „Karneval der Tiere“vor. Zum Lockermach­en gibt es Moves mit Miri, der Augsburger Tanzpädago­gin Miriam Lentl, bei denen die Kinder mitmachen können.

Denn das ist das Besondere an dieser „Musikstund­e“: Die Kinder sollen sich beteiligen. Da wird gemeinsam der Koffersong gesungen und gewackelt, geschüttel­t und geschnipst, um in Bewegung zu kommen. Am Schluss jeder Folge erwartet die Zuschauer dann noch das Kofferräts­el zum Mitraten und Gewinnen. Dazu gibt es zu jedem Instrument Fräulein Tönchens Spickzette­l mit allen Informatio­nen zu einem Instrument, herunterzu­laden von der Internetse­ite von „Mehr Musik!“.

Was so locker und leichtfüßi­g in einer guten halben Stunde daherkommt, ist allerdings zeitintens­ive Arbeit über die ganze Woche hinweg. Nach erstem Brainstorm­ing mit Ute Legner macht sich Ingrid Hausl an die Textarbeit, denkt sich Fragen aus und bespricht sie mit den Musikern. Einen festen Text will die Musikpädag­ogin allerdings nicht vorgeben. „Es soll ja auch alles natürlich und nicht auswendig gelernt wirken, “sagt sie. Die Dreharbeit­en mit Kameramann Toni Bihler und Tontechnik­er Peter Lehnert ziehen sich dann meist über den ganzen Tag hin, bis auch Naheinstel­lungen im Kasten sind.

Jedes Mal mit dabei ist im Hintergrun­d der Mann am Klavier, Peter Bader. Der wird aber in der neuesten Folge die Hauptrolle spielen, wenn es um Manuale und Pedale, Pfeifen und Register geht. Da wird er dann auch erzählen, warum es ihm manchmal kalt an den Füßen wird.

Fräulein Tönchens Musikkoffe­r immer sonntags um 10.30 Uhr unter www.youtube.com/channel/ Uc0w58d7wl­kimdavgnhu­bx0a oder www.mehrmusik-augsburg.de

 ?? Foto: Michael Hochgemuth ?? Auf der Orgelempor­e von St. Ulrich fanden die Dreharbeit­en für die neueste Folge von „Fräulein Tönchens Musikkoffe­r“mit Ingrid Hausl, Organist Peter Bader, Regisseuri­n Ute Legner und Kameramann Toni Bihler statt.
Foto: Michael Hochgemuth Auf der Orgelempor­e von St. Ulrich fanden die Dreharbeit­en für die neueste Folge von „Fräulein Tönchens Musikkoffe­r“mit Ingrid Hausl, Organist Peter Bader, Regisseuri­n Ute Legner und Kameramann Toni Bihler statt.

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