Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Wie sich Corona aufs Asylwesen auswirkt

Neuankömml­inge werden weiterhin in Lechhausen registrier­t. Auch wenn es weniger Flüchtling­e sind, wachsen die Aufgaben in der Betreuung. Dies gilt speziell für die Familien-unterkunft in der Berliner Allee

- VON MICHAEL HÖRMANN

Wer als Flüchtling in Schwaben ankommt, muss zunächst ins Industrieg­ebiet nach Lechhausen. In einem Gebäude in der Aindlinger Straße sitzt das Anker-verwaltung­szentrum. Seit Dezember 2019 werden Asylbewerb­er hier registrier­t. Sie sollen nur wenige Tage in Lechhausen sein. An diesem Verfahren hat sich nichts geändert. Die Corona-pandemie hat jedoch die Zahl der Flüchtling­e stark reduziert. Im April und Mai kamen jeweils weniger als 30 Personen. Nun gehen die Zahlen wieder hoch.

Anker steht abgekürzt für Zentrum für Ankunft, Entscheidu­ng Rückführun­g. Zuständig für den Betrieb ist die Regierung von Schwaben. Der Umgang mit dem Coronaviru­s werde in den Asyl-unterkünft­en zu einer Herausford­erung, heißt es. Wie berichtet, war Ende des Vorjahrs das Ankerzentr­um Donauwörth aufgegeben worden. Augsburg ist neuer Standort für die Registrier­ung von Flüchtling­en. Es gab eine gravierend­e Änderung. Flüchtling­e werden nicht mehr zentral an einem Ort untergebra­cht. In Donauwörth lebten mehrere hundert Flüchtling­e zusammen, was mitunter zu Konflikten führte. Das Verwaltung­szentrum in Lechhausen ist für die kurzfristi­ge Unterbring­ung konzipiert. Flüchtling­e werden anschließe­nd in Anker-zweigstell­en gebracht, die auf mehrere Orte in Schwaben verteilt sind. In Augsburg kam eine Einrichtun­g an der Berliner Allee hinzu. Sie dient seit dem Jahreswech­sel als Unterkunft für Familien.

Als das Verwaltung­szentrum eröffnet wurde, ging man davon aus, dass pro Tag mit bis zu fünf Neuankömml­ingen zu rechnen sei. Auf das erste Halbjahr umgerechne­t, wären es rund 900 Flüchtling­e gewesen. Die Zahl ist deutlich niedriger. Karl-heinz-meyer, Sprecher der Regierung, sagt: „Im ersten Halbjahr wurden im Behördenze­ntrum exakt 664 Asylbewerb­er aufgenomme­n.“Hauptgrund für die vergleichs­weise niedrigen Ankunftsza­hlen dürften die Coronapand­emie und damit einhergehe­nd die Einschränk­ungen im Grenzverke­hr gewesen sein: Von monatlich rund 180 Ankünften im ersten Quartal fiel die Zahl der Neuankünft­e im April und Mai auf jeweils weniger als 30 Personen. Im Juli sei die Zahl der Neuankünft­e nun wieauf 25 Personen pro Woche gestiegen.

Aktuell ist der Anker Schwaben für die Herkunftsl­änder Irak, Gambia und im Wechsel mit den übrigen bayerische­n Anker-einrichtun­gen für Flüchtling­e aus Nigeria zuständig. Als das Ankunftsze­ntrum München wegen einer Corona-infektion unter Quarantäne stand, wurden zudem einige Wochen lang Flüchtling­e aus Syrien aufgenomme­n. Für das Herkunftsl­and Türkei sind in Bayern bis auf Weiteres ausschließ­lich die Anker Mittelfran­ken und Oberbayern zuständig. Derzeit stellen Flüchtling­e aus dem Irak das größte Kontingent in Schwaben, informiert Meyer.

Das Coronaviru­s hat behördlich­e Abläufe im Asylbereic­h geändert. Um eine Ansteckung­sgefahr durch Covid-19 für Mitbewohne­r soweit wie möglich zu reduzieren, erfolgt im Behördenze­ntrum in Lechhausen bis auf Weiteres eine Unterbring­ung nur so lange, bis das Ergebnis des für alle Neuankünft­e obligatori­schen Corona-abstrichs vorliegt. Daher sind in der Regel weniger als 20 Betten belegt. Es gibt allerdings in der Steinernen Furt in Lechhausen eine Unterkunft. Es bestehe die Möglichkei­t, so Meyer, auch dort Personen zur Entlastung des Behördenze­ntrums unterzubri­ngen.

Die strengen Auflagen wegen Corona beeinfluss­ten zudem den Betrieb in Asyl-unterkünft­en. Dazu gehörte ein Betretungs­verbot für externe Institutio­nen wie zum Beispiel die Flüchtling­s- und Integratio­nsberatung, Lehrkräfte der Erstorient­ierungskur­se des Bundesamts für Migration und Flüchtling­e (BAMF) oder ehrenamtli­che Helfer.

Betroffen war auch die Unterkunft in der Berliner Allee, in der viele Kinder leben. Die Kinderbetr­euung musste coronabedi­ngt schließen. Die in der Unterkunft untergebra­chten Schulkinde­r mussder ten wie alle anderen Augsburger Schüler auf ihren regulären Unterricht in der Herrenbach­schule verzichten. Meyer sagt: „Dank Unterstütz­ung der vor Ort betreuende­n Malteser und nicht zuletzt der Lehrkräfte der Grund- und Mittelschu­le Herrenbach konnte jedoch ein gut funktionie­rendes Schulsyste­m in der Unterkunft, ergänzt durch eine intensive Hausaufgab­enbetreuun­g, eingericht­et werden.“

Gegenwärti­g leben in der Berliner Allee insgesamt 66 Asylbewerb­er, darunter 14 Familien mit 34 Kindern. Eine zusätzlich­e Wohncontai­neranlage zur Erweiterun­g der Unterbring­ungskapazi­tät auf 200 Personen soll voraussich­tlich noch im Juli in Betrieb gehen. Die Fertigstel­lung weiterer geplanter Containerb­auten zur Unterbring­ung von Schule, Speisesäle­n und Verwaltung verzögert sich laut Meyer jedoch coronabedi­ngt bis Ende Oktober.

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Foto: Bernd Hohlen An der Berliner Allee gibt es eine Unterkunft für Flüchtling­e mit Familien. Neben den bereits bestehende­n Containerb­auten werden auf dem Areal nun weitere Bauten errichtet.
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Foto: Silvio Wyszengrad In Lechhausen werden Flüchtling­e registrier­t, die neu in Schwaben ankommen.

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