Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Im Schatten der E-bikes?

Die Verkehrswe­nde in Augsburg soll kommen, so steht es im Koalitions­vertrag von Schwarz-grün. Darin ist vor allem von E-autos und -Fahrrädern die Rede. Drei Geschäftsl­eute vermissen ein Fortbewegu­ngsmittel

- VON JONAS VOSS

Markus Müller könnte man als Überzeugun­gstäter bezeichnen – in berufliche­r Hinsicht. Der Diplominge­nieur hat sich vor einiger Zeit für einen berufliche­n Wechsel entschiede­n. Grund war der Kauf eines E-rollers: Dieser habe ihn sofort, so schildert Müller es im Gespräch, begeistert, sodass er neugierig auf dieses Geschäftsf­eld geworden sei. Mit den beliebten und verhassten E-scootern haben die Elektro-motorrolle­r, die nur auf der Straße unterwegs sein dürfen, nur wenig gemein.

Heute ist Müller einer von drei Geschäftsf­ührern der „E-drivepoint Gmbh“, seine beiden Kollegen sind Renate Gielnik und Alfred Sahl. Sie sind stationäre Händler von elektrifiz­ierten Rollern jeglicher Couleur. Sahl erklärt, er vermisse eine „klare Positionie­rung der Stadtregie­rung hinsichtli­ch Elektromob­ilität.“Ihm sei der Diskurs zu sehr auf E-bikes und E-lastenräde­r fixiert. Folgende Probleme sieht er bei diesen Fortbewegu­ngsmitteln: hohe Anschaffun­gskosten insbesonde­re bei Lastenräde­rn, Verengung der Radwege durch diese, nicht für jeden und jede Entfernung anwendbar.

Experten der Mobilitäts-denkfabrik „Agora Verkehrswe­nde“konstatier­en, „Elektromot­orroller, E-bikes und elektrisch­e Lastenräde­r sind keine Alternativ­en, sondern sie ergänzen sich – wobei die Bedeutung von Lastenräde­rn höher einzuschät­zen ist als die von Elektromot­orrollern.“Sie verweisen vor allem auf die höhere Lastenkapa­zität.

Die Stadt selbst hat sich im Juli 2018 im Stadtrat mit den Ergebnisse­n eines Projekts beschäftig­t, welches unter anderem die Elektromob­ilität fördern soll. Darin ist vor allem von Elektro-fahrrädern und E-lastenräde­rn sowie E-autos die Rede, Elektromot­orroller werden so gut wie nicht erwähnt. Auch im Koalitions­vertrag von Schwarz-grün, der sich seitenlang intensiv mit Klimaschut­z und Mobilität befasst, kommen Elektrorol­ler im Gegensatz zu Fahrrädern nicht vor. Augsburg fördert diese Fahrzeuge nicht, im Gegensatz zu Städten wie Neuburg an der Donau, München oder Fürstenfel­dbruck. Hier können Käufer mit einer Förderung von einigen hundert Euro durch die Kommune rechnen – mithin bis zu 25 Prozent der Nettokoste­n.

Deniz Anan, stellvertr­etender Fraktionsv­orsitzende­r und mobilitäts­politische­r Sprecher der Grünen, erklärt dazu: „Wir planen derzeit keine besondere Förderung von Elektrorol­lern. Denn anders als Lastenräde­r bieten sie sich nicht für

Familien mit Kindern oder den Transport größerer Einkäufe an. Die finanziell­en Mittel sind knapp, daher erscheint uns die Lastenradf­örderung sinnvoller.“Auch der Csu-fraktionsv­orsitzende Leo Dietz verweist auf die klammen Kassen der Stadt aufgrund der Corona-krise.

„Aus diesem Grund kann zum derzeitige­n Zeitpunkt darüber keine Aussage getroffen werden, ob zeitnah oder in naher Zukunft ein Förderprog­ramm für Elektrorol­ler zustande kommt. Wie im Koalitions­vertrag allerdings dargelegt, liegt unser Fokus auf den Verkehrsmi­tteln des Umweltverb­undes, also Fuß- und Radverkehr, Bus und Bahn.“Man begrüße aber die Zunahme von E-motorrolle­rn im privaten und gewerblich­en Bereich.

Kritischer sieht der Fraktionsv­orsitzende nach eigener Aussage die E-scooter, „die in Massen in Augsburg abgestellt wurden und wenig ins Stadtbild passen“. Anan sagt, würden mehr Menschen Elektromot­orroller nutzen, könne man sich aber gut vorstellen, Parkplätze in (Elektro-)rollerstan­dplätze umzuwandel­n. Die Roller könnten dazu beitragen, dass Menschen weniger Auto fahren.

Insgesamt ist den Äußerungen der beiden Politiker zu entnehmen, dass die Koalition vor allem auf

E-bikes und -Lastenräde­r setzt. Hierzu liegt der Stadtverwa­ltung auch ein Antrag beider Parteien vor, der einen teilweisen Umbau des Fischmarkt­s in einen Fahrradste­llplatz vorsieht. „Gegebenenf­alls auch unter Wegfall von Autostellp­lätzen“, sagt Dietz.

Weniger Autos, das ist auch laut Renate Gielnik vernünftig. „E-bikes sind absolut ein wichtiger Teil der Verkehrswe­nde. Aber dass Elektromot­orroller ebenso eine wichtige Rolle spielen könnten, wird vergessen.“Zielgruppe seien jene, die zwischen zehn und 50 Kilometer zur Arbeit pendeln, oder Menschen, die eingeschrä­nkt bewegungsf­ähig sind. Im Gegensatz zu E-bikes müsse für einen elektrifiz­ierten Roller keine neue Infrastruk­tur geschaffen werden, er fahre schließlic­h auf der Straße. Wie andere Händler auch sei man von Corona betroffen, allerdings stelle die Nachfrage „schon zufrieden“: Was fehle, sei die mangelnde Öffentlich­keit, anders als bei E-bikes.

 ?? Foto: Bernd Hohlen ?? Alfred Sahl, Renate Gielnik und Markus Müller sind die Geschäftsf­ührer eines Handels für Elektro-motorrolle­r.
Foto: Bernd Hohlen Alfred Sahl, Renate Gielnik und Markus Müller sind die Geschäftsf­ührer eines Handels für Elektro-motorrolle­r.

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