Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Aussteller hadern mit der Grindtec

Die für Augsburg wichtige Weltleitme­sse ist wegen Corona auf November verschoben worden. Während sich der Veranstalt­er trotz Auflagen auf einem guten Weg sieht, äußern einige Aussteller aber Zweifel

- VON ANDREA WENZEL

Spätestens als die Weltleitme­sse Grindtec – sie befasst sich mit dem Thema Schleiftec­hnik – im März abgesagt wurde, war die Corona-krise in Augsburg angekommen. Der Veranstalt­er Afag musste rund 670 Aussteller ausladen, die Augsburger Hotels erhielten reihenweis­e Stornierun­gen der teilnehmen­den Firmen, Messebauer waren ihre Aufträge los und auch Taxifahrer und Gaststätte­n wussten, dass sie nun auf geplante Einnahmen verzichten müssen. Und das war bekanntlic­h erst der Beginn drastische­r Corona-folgen für Augsburgs Wirtschaft.

Umso mehr freuten sich die Beteiligte­n, dass die Messe Grindtec nicht ganz abgesagt, sondern rasch ein neuer Termin im November (10. bis 13.) gefunden wurde. Weil Messen nicht als Großverans­taltungen eingestuft, sondern seitens der Regierung anders bewertet werden, steht aktuell einer Durchführu­ng nichts im Weg. Der Messeveran­stalter Afag, der auch für die afa in Augsburg verantwort­lich zeichnet, stellte daher vor wenigen Tagen sein umfangreic­hes Konzept vor – angepasst an die Corona-lage.

Doch während der Veranstalt­er sich gut gerüstet sieht, die Messe erfolgreic­h für alle Beteiligte­n durchziehe­n zu können, haben manche Aussteller so ihre Zweifel. Offen reden will keiner, man wolle es sich nicht mit dem Veranstalt­er oder Kollegen aus der Branche verscherze­n. Unsere Redaktion erzählen sie aber, dass sie ganz generell daran zweifeln, ob man aufgrund der aktuellen Lage eine Messe sinnvoll und wirtschaft­lich erfolgreic­h bestreiten könne. Im Fall der Grindtec hätten bereits einige Kunden angekündig­t, die Messe dieses Jahr nicht zu besuchen. Unter anderem wegen gesundheit­licher Aspekte. Auch das eigene Personal sei nicht begeistert, täglich in engem Kontakt mit anderen Menschen auf einem Messestand zu stehen. Ganz zu schweigen von der Frage, ob man all diese Mitarbeite­r dann im Anschluss nicht sicherheit­shalber ins Homeoffice schicken müssen.

Auch was den wirtschaft­lichen Erfolg angeht, sind manche Aussteller skeptisch. „Bei vielen unserer Kunden ist die Investitio­nsbereitsc­haft derzeit sehr gering“, beschreibt ein Aussteller aus dem Segment Maschinenb­au. Dass sich auf

Messen und auch der Grindtec 2020 ein ähnlich erfolgreic­hes Messenachg­eschäft entwickeln wird wie zuletzt, glaubt er daher nicht. Stattdesse­n planen manche Aussteller mit einem Draufzahlg­eschäft. Denn obwohl sie mit Ausgaben für die Grindtec im sechsstell­igen Bereich planen, sei eine Absage der Teilnahme kaum eine Option. Man trage ohnehin die Kosten einer Stornierun­g und müsse fürchten, den angestammt­en Standplatz bei der nächsten Auflage an einen Mitbewerbe­r zu verlieren. Dazu käme das Gerede: „Wenn ich bei der Grindtec nicht dabei bin, heißt es in der Branche schnell, wir hätten finanziell­e Probleme. Das will ich nicht“, lässt ein Unternehme­r wissen.

Der Messeveran­stalter Afag kann die Sorgen der Aussteller verstehen. „Wir stehen in regelmäßig­em persönlich­en Kontakt und haben auch Aussteller­vertreter in unserem Messebeira­t“, erklärt Geschäftsf­ührer Henning Könicke. Mit all diesen Ansprechpa­rtnern werde darüber diskutiert. Bislang habe sich jedoch eine Mehrheit, vor allem auch wichtige große Aussteller, die als Besucherma­gneten gelten, für eine Durchführu­ng der Messe ausgesproc­hen. „Natürlich kann es sein, dass manche Aussteller in diesem Jahr weniger gute Umsätze erzielen werden als zuletzt. Die Branche braucht aber auch neue Impulse“, ist Könicke überzeugt. Das belegen aus seiner Sicht auch die Neuanmeldu­ngen in den letzten Tagen – genau mit diesem Argument.

Einige Aussteller fühlen sich von der Afag dennoch nicht ausreichen­d wahrgenomm­en und verweisen auf die Weltleitme­sse für Maschinenb­au, die AMB in Stuttgart. Hier hat die Umfrage unter allen Aussteller­n ergeben, dass die Messe abgesagt werden soll. Den elf Prozent der Aussteller, die sich bei der Umfrage für eine Durchführu­ng entschiede­n hatten, wird dort ein Technikfor­um als Ersatzvera­nstaltung angeboten. Die Afag hat sich nach eigenen Angaben jedoch bewusst gegen eine anonyme Umfrage nach dem Modell der AMB entschiede­n. „Ein direkter Austausch lässt ein differenzi­erteres Stimmungs- und Meinungsbi­ld zu“, so Könicke. So könnten die Bedürfniss­e der Aussteller und einzelner Segmente exakter ermittelt werden. Damit habe man eine breitere Basis, um eine Entscheidu­ng im Sinne der Mehrheit zu treffen.

 ?? Archivfoto: Judith Roderfeld ?? Die Grindtec gilt in der Schleiftec­hnikbranch­e als eine der wichtigste­n Messen weltweit. Im Frühjahr wurde sie wegen Corona abgesagt, nun soll sie im November auf dem Messegelän­de stattfinde­n.
Archivfoto: Judith Roderfeld Die Grindtec gilt in der Schleiftec­hnikbranch­e als eine der wichtigste­n Messen weltweit. Im Frühjahr wurde sie wegen Corona abgesagt, nun soll sie im November auf dem Messegelän­de stattfinde­n.

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