Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Jetzt auch noch MAN: 1800 Jobs in Gefahr
Der Motorenbauer muss Kosten senken und verkündet das per Videokonferenz. Was OB Eva Weber dazu sagt
Kaum hat man verdaut, dass beim Flugzeugteile-hersteller Premium Aerotec bis zu 1000 Stellen am Standort Augsburg gefährdet sind, kommt schon eine neue Hiobsbotschaft: Beim Motoren- und Turbomaschinenbauer MAN Energy Solutions soll ebenfalls aus wirtschaftlichen Gründen drastisch der Rotstift angesetzt werden. Weil bis 2023 rund 450 Millionen Euro an Kosten eingespart werden sollen, muss auch beim Personal gekürzt werden. Bis zu 1800 der aktuell rund 4000 Arbeitsplätze sind allein am Hauptsitz in Augsburg gefährdet. Ähnlich wie bei Premium Aerotec wird die Zahl von 1800 als Worst-case-szenario beschrieben, also der schlimmste aller anzunehmender Fälle. Dennoch schlug die Nachricht in Augsburg ein wie eine Bombe.
Die Beschäftigten am Standort traf die Nachricht nämlich aus heiterem Himmel. Auch wenn klar war, dass es Probleme gibt. Das bestätigt auch der Gesamtbetriebsratsvorsitzende Werner Wiedemann. „Es gab zuletzt durchaus Vermutungen und Spekulationen, dass es einen Stellenabbau geben könnte, aber bei weitem nicht in dieser Dimension“, so Wiedemann. Eine niedrige bis mittlere dreistellige Zahl kursierte, dazu die Vermutung, dass dieser Abbau ausschließlich sozial verträglich gelöst werden könnte. Das ist zwar nach wie vor das Ziel des Konzerns, betriebsbedingte Kündigungen werden aber dennoch nicht mehr gänzlich ausgeschlossen.
Besonders bitter in dieser Lage: Weil eine gewöhnliche Mitarbeiterversammlung
der Corona-bestimmungen wegen nicht möglich war, erfuhr die Mehrzahl der Beschäftigten per Videokonferenz von dem Plan massiver Stellenstreichungen. Etwa 2500 Mitarbeiter hatten sich online zugeschaltet, weitere 700 wurden gemäß geltender Coronaund Abstandsregeln an verschiedenen Informationsstandorten vor Ort per Videoschalte unterrichtet. Der Rest, so vermutet Wiedemann, war nicht dabei, weil er von keinen allzu schlechten Nachrichten ausgegangen war. „Nachdem alle Redner durch waren, herrschte eine gespenstische Stille“, schildert der Arbeitnehmervertreter seine Eindrücke von der Konferenz.
Schon die Nachricht über den geplanten Abbau von bis zu 1000 Stellen bei Premium Aerotec hat aufhorchen lassen – auch Vertreter der
Stadtregierung. Augsburgs Oberbürgermeisterin Eva Weber (CSU) lässt jetzt wissen: „Die aktuellen Entwicklungen sind natürlich große Herausforderungen für den Wirtschaftsstandort Augsburg. Wir müssen zunächst genau differenzieren, woher die Ursachen für die Probleme der einzelnen Unternehmen kommen.“Nicht alles könnte auf die Corona-krise zurückgeführt werden.
Wie schon im Fall von Premium Aerotec soll auch diesmal unter anderem die Augsburger Allianz für Arbeitsplätze aktiv werden. Darüber hinaus soll die Staatsregierung helfen. „Wir befinden uns in Gesprächen über die nächsten notwendigen Schritte in Sachen MAN und Wirtschaftsstandort Augsburg sowie über mögliche Unterstützungen durch den Freistaat“, so Weber.
Auf dem Arbeitsmarkt wird die Luft nämlich langsam dünner. Waren vor Corona Fach- und Spezialkräfte händeringend gesucht, hat die Krise dafür gesorgt, dass entsprechende Beschäftigte zwar nach wie vor gefragt sind, aber nicht mehr in diesem Maße. Dazu wird die Auswahl an freien Stellen in Wohnortnähe kleiner.
Arbeitnehmervertreter wollen nun schnellstmöglich in Gespräche mit der Unternehmensleitung kommen, um Lösungen zu erarbeiten – möglichst noch vor der Sommerpause. Betriebsrats-chef Werner Wiedemann lässt wissen: „Jedem Mitarbeiter muss klar sein, dass er jetzt einen Beitrag leisten muss. Wir müssen als Team agieren, wenn wir die vorgegebenen Ziele erreichen und einen Arbeitsplatzabbau in diesem Ausmaß verhindern wollen.“