Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Jetzt auch noch MAN: 1800 Jobs in Gefahr

Der Motorenbau­er muss Kosten senken und verkündet das per Videokonfe­renz. Was OB Eva Weber dazu sagt

- VON ANDREA WENZEL UND STEFAN STAHL

Kaum hat man verdaut, dass beim Flugzeugte­ile-hersteller Premium Aerotec bis zu 1000 Stellen am Standort Augsburg gefährdet sind, kommt schon eine neue Hiobsbotsc­haft: Beim Motoren- und Turbomasch­inenbauer MAN Energy Solutions soll ebenfalls aus wirtschaft­lichen Gründen drastisch der Rotstift angesetzt werden. Weil bis 2023 rund 450 Millionen Euro an Kosten eingespart werden sollen, muss auch beim Personal gekürzt werden. Bis zu 1800 der aktuell rund 4000 Arbeitsplä­tze sind allein am Hauptsitz in Augsburg gefährdet. Ähnlich wie bei Premium Aerotec wird die Zahl von 1800 als Worst-case-szenario beschriebe­n, also der schlimmste aller anzunehmen­der Fälle. Dennoch schlug die Nachricht in Augsburg ein wie eine Bombe.

Die Beschäftig­ten am Standort traf die Nachricht nämlich aus heiterem Himmel. Auch wenn klar war, dass es Probleme gibt. Das bestätigt auch der Gesamtbetr­iebsratsvo­rsitzende Werner Wiedemann. „Es gab zuletzt durchaus Vermutunge­n und Spekulatio­nen, dass es einen Stellenabb­au geben könnte, aber bei weitem nicht in dieser Dimension“, so Wiedemann. Eine niedrige bis mittlere dreistelli­ge Zahl kursierte, dazu die Vermutung, dass dieser Abbau ausschließ­lich sozial verträglic­h gelöst werden könnte. Das ist zwar nach wie vor das Ziel des Konzerns, betriebsbe­dingte Kündigunge­n werden aber dennoch nicht mehr gänzlich ausgeschlo­ssen.

Besonders bitter in dieser Lage: Weil eine gewöhnlich­e Mitarbeite­rversammlu­ng

der Corona-bestimmung­en wegen nicht möglich war, erfuhr die Mehrzahl der Beschäftig­ten per Videokonfe­renz von dem Plan massiver Stellenstr­eichungen. Etwa 2500 Mitarbeite­r hatten sich online zugeschalt­et, weitere 700 wurden gemäß geltender Coronaund Abstandsre­geln an verschiede­nen Informatio­nsstandort­en vor Ort per Videoschal­te unterricht­et. Der Rest, so vermutet Wiedemann, war nicht dabei, weil er von keinen allzu schlechten Nachrichte­n ausgegange­n war. „Nachdem alle Redner durch waren, herrschte eine gespenstis­che Stille“, schildert der Arbeitnehm­ervertrete­r seine Eindrücke von der Konferenz.

Schon die Nachricht über den geplanten Abbau von bis zu 1000 Stellen bei Premium Aerotec hat aufhorchen lassen – auch Vertreter der

Stadtregie­rung. Augsburgs Oberbürger­meisterin Eva Weber (CSU) lässt jetzt wissen: „Die aktuellen Entwicklun­gen sind natürlich große Herausford­erungen für den Wirtschaft­sstandort Augsburg. Wir müssen zunächst genau differenzi­eren, woher die Ursachen für die Probleme der einzelnen Unternehme­n kommen.“Nicht alles könnte auf die Corona-krise zurückgefü­hrt werden.

Wie schon im Fall von Premium Aerotec soll auch diesmal unter anderem die Augsburger Allianz für Arbeitsplä­tze aktiv werden. Darüber hinaus soll die Staatsregi­erung helfen. „Wir befinden uns in Gesprächen über die nächsten notwendige­n Schritte in Sachen MAN und Wirtschaft­sstandort Augsburg sowie über mögliche Unterstütz­ungen durch den Freistaat“, so Weber.

Auf dem Arbeitsmar­kt wird die Luft nämlich langsam dünner. Waren vor Corona Fach- und Spezialkrä­fte händeringe­nd gesucht, hat die Krise dafür gesorgt, dass entspreche­nde Beschäftig­te zwar nach wie vor gefragt sind, aber nicht mehr in diesem Maße. Dazu wird die Auswahl an freien Stellen in Wohnortnäh­e kleiner.

Arbeitnehm­ervertrete­r wollen nun schnellstm­öglich in Gespräche mit der Unternehme­nsleitung kommen, um Lösungen zu erarbeiten – möglichst noch vor der Sommerpaus­e. Betriebsra­ts-chef Werner Wiedemann lässt wissen: „Jedem Mitarbeite­r muss klar sein, dass er jetzt einen Beitrag leisten muss. Wir müssen als Team agieren, wenn wir die vorgegeben­en Ziele erreichen und einen Arbeitspla­tzabbau in diesem Ausmaß verhindern wollen.“

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Foto: Karl-josef Hildenbran­d, dpa Auch der Augsburger Motorenher­steller MAN Energy Solutions will kräftig am Personalbe­stand schrauben und Stellen abbauen.

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