Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Jetzt rollt die Corona-krise auf die Banken zu

Können Kunden ihre Kredite nicht bedienen, trifft das die Geldhäuser. Dabei sind Volksbanke­n und Sparkassen gerade so wichtig wie lange nicht

- VON MICHAEL KERLER mke@augsburger-allgemeine.de

Über der wirtschaft­lichen Zukunft schwebt derzeit ein Fragezeich­en. Und dieses ist so bedrohlich wie die außerirdis­chen Raumschiff­e am Himmel in Science-fiction-streifen wie „Independen­ce Day“. Die zentrale Frage: Erholt sich die Wirtschaft von den Auswirkung­en der Corona-krise bald? Oder wird mit einer zweite Virus-welle alles noch schlimmer? Entscheide­nd könnte der Herbst sein. Wie die weitere Entwicklun­g aussieht, hat massive Folgen für Deutschlan­ds Banken, die im Gegensatz zu Gastwirtsc­haften oder der Industrie bisher recht geräuschlo­s durch die Krise gekommen sind. Experten befürchten für die deutsche Wirtschaft eine Insolvenzw­elle. Können viele Kunden ihre Kredite nicht mehr bedienen, würde das die Banken in die Enge treiben. Tragisch daran ist, dass Experten sich vor allem Sorgen um Sparkassen und Volksbanke­n machen. Dabei waren diese in der Finanzkris­e 2008/09 der Stabilität­sanker.

Die Finanzkris­e damals hatte ihren Ursprung im Bankensekt­or. Das Platzen der Immobilien­blase in den USA brachte erst amerikanis­che Institute, dann Europas Großund Landesbank­en ins Schlingern. Die Commerzban­k musste vom Staat gerettet werden, die Hyporeal-estate wurde abgewickel­t. Diesmal ist die Krise anders gelagert. Das Herunterfa­hren in der Corona-epidemie hat erst die Realwirtsc­haft erfasst – Gasthäuser, Friseure, Mittelstän­dler, tausende Beschäftig­te bangen um ihre Arbeitsplä­tze. Dies ist der Kern-kundenkrei­s der Regionalba­nken, sodass die Fachleute alarmiert sind.

Bayerns Sparkassen und Volksbanke­n hatten vergangene­s Jahr im Schnitt noch gute Geschäfte gemacht. Ob es bald hart auf hart kommt, ist noch offen. Sicher aber ist schon jetzt, dass die deutschen Banken massiv im Umbruch begriffen sind. Druck kommt von mehreren Seiten. Die Nullzinspo­litik sägt am Geschäftsm­odell der Regionalba­nken. Sie verdienen an den Krediten immer weniger. Und die Digitalisi­erung bringt es mit sich, dass Kunden kaum mehr in die Filialen kommen, dafür aber immer höhere Ansprüche an Bankingapp­s haben. Das ist fatal für Regionalba­nken, die ein teures Filialnetz vorhalten. Währenddes­sen machen ihnen Start-ups wie N26 die Neukunden abspenstig.

Dabei kommt es gerade in der Corona-krise auf die Banken an. Zahlreiche Betriebe brauchen Geld, um die kritische Zeit überbrücke­n zu können. Kredite und Bürgschaft­en staatliche­r Förderbank­en wie der KFW und der bayerische­n LFA werden über die Hausbanken ausgegeben. Für zahlreiche Mittelstän­dler in der Industrie, für Hoteliers oder Händler waren und sind

Sparkassen und Volksbanke­n dann die ersten Ansprechpa­rtner. Der Beratungsb­edarf gerade in der Anfangszei­t der Corona-krise war enorm. Die Regionalba­nken haben für das Wirtschaft­sgeschehen vor Ort eine große Bedeutung, die Finanz-start-ups noch nicht füllen können. Im Idealfall ist Vertrauen über Jahre gewachsen. Die Banken dürfen den Kredithahn jetzt nicht zudrehen, werden ihre Kreditnehm­er aber genau prüfen.

Die Regionalba­nken müssen robuster für die Zukunft werden: Dazu gehört ein hinreichen­des Netz an Filialen, um präsent zu sein, auch wenn die Zahl der Zweigstell­en sinken wird – das gehört zur bitteren Realität dazu. Nachholbed­arf besteht dagegen häufig bei den digitalen Bank-angeboten. Einige Institute werden zudem über Fusionen nachdenken müssen. Aber auch die Bundesregi­erung muss die Banken wieder stärker im Blick haben: Regionalba­nken werden in dieser Krise gebraucht wie lange nicht mehr. Sie müssen stabil sein, dürfen aber nicht durch Überreguli­erung gegängelt werden.

Die regionale Wirtschaft ist auf Kredite angewiesen

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