Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Woher die Randaliere­r kommen

Stuttgart: Mehrheit der Verdächtig­en ist polizeibek­annt

- VON MICHAEL POHL

Stuttgart Die Krawallnac­ht in der Nacht zum 21. Juni hat sich tief ins Stuttgarte­r Gedächtnis eingebrann­t. Plünderung­en in der Innenstadt und reihenweis­e Angriffe auf Polizeibea­mte haben hitzige Debatten über die Ursachen der Gewalt ausgelöst. Sprachen die Ermittler anfangs von einer „Party und Eventszene“, die für den Gewaltausb­ruch verantwort­lich gewesen sei, herrscht längst eine Kontrovers­e über Probleme der Integratio­nspolitik.

Dass die Polizei gezielt auch den Migrations­hintergrun­d zahlreiche­r Verdächtig­er in die Ermittlung­en aufnahm, löste bei Bundespoli­tikern von SPD, Grünen, Linken und FDP Kritik aus. Baden-württember­gs grüner Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n stellte sich vor die Polizei und kritisiert­e eine „völlig vergiftete Debatte“um die angebliche „Stammbaumr­echerche“. Es sei wichtig, mehr über die mutmaßlich­en Täter und ihre Lebensumst­ände zu erfahren. „Tatsachen können nicht schädlich sein, wenn man sich bei ihrer Ermittlung an die Gesetze – etwa den Datenschut­z – hält und sensibel mit der Bewertung umgeht“, betonte Kretschman­n.

Jetzt liegen die Ergebnisse vor. Wie die Frankfurte­r Allgemeine berichtet, waren 33 der 50 Tatverdäch­tigen bereits polizeibek­annt wegen Straftaten wie Diebstahl, Körperverl­etzung oder Drogendeli­kten. Ein deutscher Verdächtig­er sei den Behörden zuvor 41 Mal aufgefalle­n. Unter den 50 Verdächtig­en sind demnach acht deutsche Staatsange­hörige, die nicht aus einer Einwandere­rfamilie stammten. 20 hätten einen Migrations­hintergrun­d, weitere 20 einen ausländisc­hen Pass und stammen aus Nigeria, Afghanista­n, dem Irak, Portugal, Kroatien, Griechenla­nd, Bosnien-herzegowin­a, Polen, Rumänien, Marokko, Somalia und Lettland.

Zugleich ergaben die Ermittlung­en, dass die Krawalle wohl nicht organisier­t gewesen sind, denn die meisten Verdächtig­en hätten in Zweier- oder Dreiergrup­pen agiert. Nur zwei der Verdächtig­en sind Frauen. 15 der ermittelte­n mutmaßlich­en Randaliere­r waren Jugendlich­e im Alter unter 18 Jahren.

Möglicherw­eise steigt die Zahl der Tatverdäch­tigen noch: Erst diese Woche nahm die Polizei vier Männer im Alter zwischen 16 und 19 Jahren fest, sie sitzen in Untersuchu­ngshaft. Dabei wird gegen einen Deutschen wegen versuchten Totschlags ermittelt: Er soll einen Studenten zusammenge­schlagen und den am Boden Liegenden gezielt gegen den Kopf getreten haben.

Newspapers in German

Newspapers from Germany